Ingolstadt
Rettende Daten per Internet

Die Telemedizin kann Ärzte bei der Arbeit unterstützten – ein Ersatz für den Menschen ist sie aber nicht

27.02.2013 | Stand 03.12.2020, 0:27 Uhr

High-Tech-Waage: Sebastian Dünnebeil von der bayerischen Telemed-Allianz zeigt eine Waage, die Patienten-Daten zum Arzt schickt. - Foto: Rössle

Ingolstadt (DK) Es sind faszinierende Möglichkeiten, die sich mit der jungen Technologie namens Telemedizin auftun: Zu Diagnosen kann man weit entfernte Experten hinzuziehen oder man kann Patienten über das Internet therapieren. Auch bei uns in der Region ist die Telemedizin längst angekommen.

Wird in Kösching ein Schlaganfallpatient eingeliefert, steht dort ein Computertomograph bereit. Das Gerät macht eine Aufnahme vom Kopf des Patienten. Doch in Kösching gibt es keinen Röntgenarzt, der das Bild analysieren kann. Deshalb wird es nach Ingolstadt ins Klinikum gesendet. Dort wartet ein Radiologe, der die Aufnahme untersucht und seinen Befund zurückschickt. Dem Schlaganfallopfer kann so schnellstmöglich geholfen werden – meist, ohne dass Folgeschäden bleiben.

„Das ist Telemedizin“, sagt Siegfried Jedamzik und strahlt. Der Ingolstädter Arzt ist Geschäftsführer der bayerischen Telemed-Allianz, die telemedizinische Projekte im Freistaat verzahnt. Am Mittwoch, 6. März, veranstaltet diese Informationsplattform in Ingolstadt den ersten bayerischen Kongress zum Thema Telemedizin.

Der Begriff „Telemedizin“ bedeutet, dass neue Technologien wie die Übermittlung von Daten über das Internet zu medizinischen Zwecken genutzt werden. Dabei kann ein Bild versendet werden – wie im Beispiel mit dem Schlaganfallpatienten. Es können aber genauso Informationen sein, die ein Krankenwagen auf dem Weg zur Klinik an die Ärzte schickt. So können sich diese optimal auf ihren Patienten vorbereiten. Es gibt die Telemedizin jedoch auch im Alltag: Chronisch Kranke können etwa mit einer telemedizinischen Waage ihr Gewicht täglich überprüfen. Die Daten werden dann an den Hausarzt geschickt, der auf diese Weise seinen Patienten im Auge behält. Verändern sich die Werte, kann er schnell eingreifen – etwa mit Hilfe einer höheren Dosis Medikamente.

„Geht der Patient erst zum Arzt, wenn er sich schlecht fühlt, ist es oft zu spät. Dann kommt er an einem Krankenhausaufenthalt nicht vorbei“, erklärt Jedamzik. So erspart die Telemedizin einem Menschen nicht nur Leid, sie rechnet sich auch ökonomisch – denn Tabletten kosten weniger als ein belegtes Bett im Klinikum.

Für kleine Krankenhäuser ist die Technik ebenfalls praktisch: „Auf dem Land hat man nicht für alles Spezialisten. Dank der Telemedizin kann man sich die Experten ins Haus holen. Und unerfahrene Ärzte haben die Möglichkeit, bei schwierigen Entscheidungen auf den Rat erfahrener Doktoren zurückzugreifen“, erläutert Jedamzik. Bei schwierigen Fällen kann man die besten Ärzte versammeln. Gemeinsam können sie professionelle Entscheidungen treffen, Fehler ausschließen und die bestmögliche Behandlung gewährleisten.

Doch auch in der Therapie birgt die Telemedizin neue Möglichkeiten: Die Teletherapie verwendet man beispielsweise bei Sprachstörungen von Jugendlichen. Sie werden mit einem Experten zusammengeschaltet und können so vor dem Computer unter seiner Anleitung üben. Praktisch ist das auch bei Patienten, die auf dem Dorf leben und weit zum nächsten Arzt fahren müssten. „Allerdings ist uns wichtig, dass am Anfang und am Ende immer ein Mensch sitzt. Die neue Technik ersetzt weder Arzt noch Pfleger – sondern ergänzt sie nur“, betont Jedamzik. Zwar sei die Telemedizin vor allem bei Flächenlandkreisen sinnvoll. „Sie ist aber nicht da, um gesellschaftspolitische Probleme zu lösen. Telemedizin kann unsere Tätigkeit als Ärzte ergänzen und lindernd eingreifen, wo Not herrscht“, erklärt er. Glaubt man Jedamzik, wird es weiterhin Hausärzte auf dem Land geben. Nur kann es sein, dass sie bei schwierigen Fällen bald einen virtuellen Kollegen neben sich sitzen haben.