Reitersmann und Spinnerin verzweifelt gesucht

19.03.2010 | Stand 03.12.2020, 4:10 Uhr

Reitersmann und Spinnerin – zwei Wachsabgüsse der beiden Motive, die früher als Lebzelten gebacken und zu besonderen Anlässen verschenkt wurden, hat Hans Hipp noch in seinem Wachszieher-Museum. Die Original-Holzform ist bei einer Ausstellung spurlos verschwunden. - Foto: Max Reitmeier

Pfaffenhofen (hai) Er ist der einzige Wachszieher und Lebzelter Bayerns und wohl auch im ganzen Bundesgebiet der Letzte seiner Zunft, der die uralte Handwerkstradition über 400 Jahre ohne Unterbrechung am gleichen Ort nachweisen kann: Hans Hipp (61), Konditormeister aus Pfaffenhofen.

Dabei handelt es sich um einen kunstvoll gestochenen Model aus dem Jahre 1770, der durch eine Besonderheit auffällt: Neben der Vorderseite, die das Motiv eines prächtig gekleideten barocken Reitersmannes zeigt, hat der Modelstecher auf der Rückseite der Holzform das Bildnis einer Spinnerin eingearbeitet. Lebzelten – die traditionellen Vorläufer der heutigen Lebkuchen – wurden früher gerne zu besonderen Anlässen verschenkt; das Reitermotiv zum Beispiel war am Stephanitag (26. Dezember) ein Glücksbringer für junge Männer und die Spinnerin sollte vermutlich ganz allgemein den Wunsch nach Wohlstand symbolisieren oder vielleicht auch Männern zu einer besonders fleißigen Hausfrau verhelfen.  Später wurden aus den eigentlich zum Backen von Lebzelten bestimmten Formen auch Wachsabgüsse hergestellt, die man gerne als Wandschmuck verwendete.  

Auf der Stirnseite des ungewöhnlichen Models aus der Sammlung von Hans Hipp sind die Initialen F X L und L P sowie die Jahreszahl 1770 eingestochen. Mit L P hat sich auf der Form vermutlich einer der Modelstecher verewigt, die zur damaligen Zeit durch die Lande zogen und den Wachsziehern und Lebzeltern ihre Dienste anboten. Die Signatur F X L geht sicher auf den Lebzelter Franz Xaver Lidl zurück, der das Wachszieheranwesen in Pfaffenhofen von 1754 bis 1776 besaß.  

Ausgerechnet diese einzigartige Rarität aus Hipps reicher Sammlung mit rund 80 Modeln ist seit einer historischen Ausstellung zum Thema Lebzelter, Wachszieher, Metbrauer im Dezember 1987 in der Städtischen Gemäldegalerie Dachau spurlos verschwunden. "Ich hatte für meinen Eröffnungsvortrag an diesem Abend auch einige Arbeitsgeräte und Holzformen mitgebracht und als ich am Schluss meine Sachen zusammenpackte, war der Model nicht mehr da," erinnert sich Hans Hipp. Monatelang suchte er auf Flohmärkten, konaktierte Antiquitätenhändler und Auktionshäuser. Aber alle Bemühungen, eine Spur vom verschollenen Reiter und der Spinnerin zu finden, waren umsonst. Ebenso Hipps Recherchen im Internet, wo er immer wieder die einschlägigen Sammlerseiten durchforstet.

Aber jetzt, zum 400. Wachszieher- und Lebzelterjubiläum seines Hauses, hofft der traditionsbewusste Konditormeister, vielleicht doch noch den entscheidenden Hinweis zu bekommen. "Bestimmt ist der Model heute nicht mehr im Besitz der Person, die ihn vor 23 Jahren in Dachau mitgenommen hat. Wahrscheinlich wurde die Form auf einem Flohmarkt oder über einen Antiquitätenhändler verkauft," glaubt Hipp. Er könnte sich gut vorstellen, dass sie von einem Sammler erworben wurde oder als Dekorationsstück in einer Bauernstube steht. "Aber vielleicht liegt der Model auch irgendwo in einem Abstellraum herum, weil die heutigen Besitzer nichts damit anzufangen wissen." Jedenfalls hofft Hans Hipp, dass sich über diesen Zeitungsartikel vielleicht jemand meldet, der die ungewöhnliche Holzform mit dem auf Vorder- und Rückseite eingestochenen Reiter- bzw. Spinnerinnen-Motiv schon einmal gesehen hat und ihm den entscheidenden Hinweis geben kann.  "Für mich hat die Holzform wirklich einen hohen ideellen Wert und ich würde sie von dem jetzigen Besitzer gerne zurückkaufen," sagt Hans Hipp. Er bittet auf diesem Weg um telefonische Kontaktaufnahme unter der Telefonnummer (0 84 41) 97 87 oder E-Mail an kundenservice@cafe-hipp. de.