Beilngries
"Region muss Gesicht haben"

Professor Harald Pechlaner über Tourismus, Vielseitigkeit und Kurtaxe

29.05.2012 | Stand 03.12.2020, 1:26 Uhr

Tourismus-Professor Harald Pechlaner bei seinem Vortrag. - Foto: aur

Beilngries (DK) Er ist langjähriger Tourismusexperte, Buchautor und Professor in Eichstätt. Harald Pechlaner ist heute Abend der Gastredner bei der Regionalkonferenz von Altmühl-Jura in Paulushofen. Unsere Redakteurin Katrin Fehr hat sich mit Harald Pechlaner über kontinuierliche Investitionen, Gastronomie und die Akzeptanz bei Gästen für eine Kurtaxe unterhalten.



Ihr Thema lautet: „Mehr oder weniger Tourismus“ Wie sieht ein Zuviel an Tourismus aus?

Harald Pechlaner: Wenn Kapazitätsgrenzen erreicht sind: zu viele Hotels, zu viele Übernachtungen. Das äußert sich auch in der Unzufriedenheit der Bevölkerung, ist aber regional unterschiedlich.

 

Wie sieht es konkret in der Region aus?

Pechlaner: Grundsätzlich finde ich hier eine Situation vor, in der noch Potenzial vorhanden ist. In Beilngries etwa, dem Hotspot (Brennpunkt) der Region, könnte man die Aufenthaltsdauer der Gäste weiter steigern, da ist noch Spielraum.

 

Nun ist der Tourismus ein sensibles Geschäft, abhängig von vielen Komponenten, aber auch von der gesamtwirtschaftlichen Situation. Gibt es ein Geheimrezept?

Pechlaner: Entscheidend ist, dass man die verschiedenen Formen des Tourismus beachtet. Eine Region oder eine Stadt sollte, wenn möglich, mehrere Zweige – Geschäfts-, Messe- oder Ferientourismus – berücksichtigen.

 

Das heißt, dass man auf mehrere Säulen setzt?

Pechlaner: Die Diversifikation ist entscheidend.

Thema Investitionen: Manche Kommunen sind klamm. Ist es sinnvoll, beim Tourismus zu sparen?

Pechlaner: Das ist wie in anderen Wirtschaftsbereichen oder bei Firmen. Die Kontinuität der Investitionen ist wichtig. Denn der Gast merkt schnell, wenn optisch oder inhaltlich etwas nicht (mehr) passt. Man muss auch in den Kommunen und in den Betrieben, die am Tourismus beteiligt sind, sehen, dass man einen Wettbewerb über den Preis nicht gewinnen kann. Denn es gibt weltweit Ziele und Gegenden, die extrem günstig sind. Aber darum geht es hier in der Region auch nicht. Hier geht es um Qualität und um die Regionalität. Die Tourismusorte müssen sich auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren, das Besondere herausstreichen. Denn ein Radweg allein oder schöne Landschaft bringen noch keinen Erfolg.

 

Was dann?

Pechlaner: Es geht immer darum, dass die Region ein Gesicht bekommt, das muss man deutlich machen, kommunizieren. Das muss nicht immer etwas ursächlich Touristisches sein, was entscheidend ist. Hier in der Gegend etwa sind das, um zwei Beispiele von vielen zu nennen, der Juramarmor oder die Jurahäuser. Da macht es dann auch nichts, wenn schwere Lastwagen mit Steinplatten vorbeifahren. Das gehört zu diesem Ort.

 

Was ist noch wichtig für erfolgreichen Tourismus?

Pechlaner: Es muss interessante Veranstaltungen, spezielle Angebote und Unterhaltung geben. Die Gastronomie etwa ist auch sehr wichtig, der Service, die Dienstleistung. Aber entscheidend ist eben immer wieder das Regionale.

 

In Beilngries hat die SPD den Vorschlag gemacht, eine Art Kurtaxe zu erheben. Wie ist die Akzeptanz bei Gästen?

Pechlaner: Für die Gäste ist das kein Problem. Sie sind von vielen anderen Orten gewöhnt, eine Pauschale oder eine Art von Kurtaxe bezahlen.

 

Das heißt, dass die Touristen sich nicht wegen einer Kurtaxe gegen einen Ort entscheiden?

Pechlaner: Mir ist keine Umfrage bekannt, in der die Kurtaxe ein Grund wäre, nicht an einen Ort zu fahren. Wenn man den Gästen zusätzlich erläutert und unmittelbar kommuniziert, wofür das Geld eingesetzt wird, für den Erhalt der Infrastruktur oder historischer Gebäude, dann steigt das Verständnis dafür. Es geht ja auch darum, vorhandene Qualität zu erhalten oder etwas Neues zu schaffen. Und davon profitieren die Gäste. Aber auch die Bevölkerung eines Ortes.