Eichstätt
Recherche "ohne Scheuklappen"

Investigativjournalist Klaus Ott war beim Journalistischen Kolloquium

06.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:15 Uhr
Klaus Ott war der erste Gast beim 25. Journalistischen Kolloquium und berichtete über seine Arbeit. −Foto: Kockler

Eichstätt (EK) Unter dem Motto "Vielfalt und Glaubwürdigkeit" hat das 25. Journalistische Kolloquium der Katholischen Universität begonnen.

Erster Gast der Veranstaltungsreihe war Klaus Ott, Redakteur des Ressorts "Investigative Recherche" der Süddeutschen Zeitung, der Einblicke in sein Berufsleben gab und im Anschluss für Fragen aus dem Publikum zur Verfügung stand.

"Mit guter Recherche fängt eine Geschichte an und gute Recherche macht sie aus", so eröffnete Organisatorin Professor Dr. Friederike Herrmann am Donnerstagabend die Veranstaltung mit dem preisgekrönten Investigativ-Journalisten Klaus Ott.

"Wer über Verbrecher schreibt, der muss auch mit Verbrechern reden."

Klaus Ott Investigativjournalist

 

Zu Beginn erzählt Ott von seiner persönlichen Motivation, immer wieder neue Skandale und Geschichten aus den Bereichen Wirtschaftskriminalität und Korruption aufzudecken. Seinen Antrieb ziehe er dabei vor allem aus einer Mischung aus dem sportlichen Ehrgeiz, seine "Nase in Dinge reinzustecken, von denen einige meinen, es gehe die Gesellschaft nichts an", und dem beruflichen Anspruch, eine Art "Wächter" gegenüber der Gesellschaft zu sein. Viele seiner Recherchen, an denen Ott oft über mehrere Jahre hinweg arbeitet, beginnen mit einem Tipp einer seiner Quellen zu etwaigen Ermittlungen von Polizei oder Staatsanwaltschaft.

So auch die Geschichte über die Cum-Ex-Geschäfte, mit der sich der Journalist seit nun mehr als fünf Jahren beschäftigt. Ohne Informanten, so Ott, gebe es keine großen Geschichten. Und um sein Kontaktnetz ständig zu erweitern, müsse man vor allem offen sein. "Wer über Verbrecher schreibt, der muss auch mit Verbrechern reden", betont Ott. Doch wie bekommt man potenzielle Informanten dazu, mit einem zu reden? Dafür schade es manchmal nicht, eine Art "Hobbypsychologe" zu sein: "Man muss sich in die Leute hineinversetzen. Wer hat welches Interesse zu reden? Manche hängen selbst schwer mit drin, reden, um von sich abzulenken. Andere wollen einen Konkurrenten verdrängen. Da gibt es die verschiedensten Motive", erklärt der erfahrene Journalist. Um alle Teile des Puzzles richtig zusammenzusetzen, sei es den Journalisten bei der SZ besonders wichtig, "ergebnisoffen und ohne Scheuklappen" zu recherchieren.

Es sei ein wichtiger Grundsatz der Fairness, als erste Zeitung dem Leser nicht nur belastendes, sondern auch entlastendes Material bieten zu wollen. Nur so sei möglich, die betroffenen Menschen fair zu behandeln und ihnen die Chance zur Stellungnahme zu geben, erklärt der Journalist. Aus dem Publikum kommt daraufhin die Frage, wie man denn damit umgehe, wenn einem doch einmal ein Fehler unterlaufe. "Den Fehler versuchen wegzukehren, ist der nächste Fehler", antwortet Ott. Als Journalist sei man in der Pflicht, diesen offenzulegen und sich bei Betroffenen zu entschuldigen. Sein letzter Fehler liege allerdings zum Glück schon drei Jahre zurück. Auf pauschale Vorwürfe gegenüber der journalistischen Arbeit wie dem der "Lügenpresse", wie sie manche Leser erheben, geht Ott gar nicht weiter ein: "Diese Leute kennen unsere Chefredakteure nicht. Die werden bei manchen Fehlern schon auch mal fuchsteufelswild." Besonders heute, in einer Zeit, in der sich der Journalismus grundlegend verändert, sieht er Journalisten dazu aufgerufen, aktiv zu erklären, was Journalisten genau machen und wie sie es machen.

Zum Ende der Veranstaltung rät Ott den anwesenden Journalistik-Studenten noch, vor großen Skandalen und Geschichten nicht in Ehrfurcht zu erstarren: "Macht einfach. Alles, was man braucht, ist Kombinationsfähigkeit, Geduld und etwas Hartnäckigkeit. Das ist alles kein Hexenwerk."