Eichstätt
Raum für Interpretationen

Fred Darimonts außergewöhnlicher Film über Ludwig Graf Cobenzl und dessen Garten

30.07.2013 | Stand 02.12.2020, 23:50 Uhr

Eichstätt (baj) Wie sein verschwundener Garten ist auch dessen Schöpfer Ludwig Graf Cobenzl (1743 oder 1744 – 1792) in vielen Bereichen nicht fassbar. Sicher, vieles ist bekannt: Er war Domkapitular und Dompropst in Eichstätt, Mitglied des geheimnisumwitterten Illuminatenordens und baute in der Verlängerung des Hofgartens jenseits der Altmühl einen eigenen terrassenförmigen Park, den er für Bürger öffnete.

Gedenktafeln erinnern an ihn, eine Höhle und sein ehemaliges Barock-Schlösschen tragen seinen Namen.

Dennoch: Das Gefühl der Schemenhaftigkeit blieb über lange Zeit. Jetzt hat der aus dem Niederösterreichischen stammende Adelige mehr Kontur gewonnen. Zu verdanken ist das dem in Eichstätt wohnenden Sozialpädagogen Fred Darimont. Seit September 2012 hat er intensiv über Cobenzl geforscht und die Ergebnisse in einem Film zusammengefasst. Premiere hatte das Werk am vergangenen Samstag im Rahmen des Projekts „Hortus Obscurus“, einer Zusammenarbeit von der Lithografie-Werkstatt Eichstätt und der Medienzentrale der Diözese mit seinem engagierten und solchen Vorhaben gegenüber aufgeschlossenen Leiter Thomas Henke.

Als Schauplatz wurde der Garten der ehemaligen Dompropstei gewählt – ein symbolhafter Ort. Garten zum einen, Wirkungsstätte von Cobenzl (Dompropst) zum anderen. Das nächtliche Ambiente war attraktiv und gewann noch durch die Fackelillumination. Als Projektionsfläche diente die Ostmauer des Anwesens. Darimont hat sich schon einmal als ambitionierter Filmer profiliert: Er arbeitete über „Eine jüdische Familie in Ingolstadt“, so das 20-minütige Video, und zeigt darin das Schicksal der Familie Hubert, die in der „Reichskristallnacht“ in der Donau ertrunken ist. Der Beitrag im Rahmen von „Fließtext 10 2011“ erhielt den dritten Preis.

Darimont näherte sich der historischen spannungsgeladenen Figur Cobenzl mit ungewöhnlichen Mitteln. Sein Film hat etwas collagenhaftes und passt nicht in das Schema einer typischen Dokumentation. Darauf wies er eingangs extra hin. Wer das erwarte, so Darimont, werde enttäuscht.

Was die Raffinesse des Films mit ausmacht: Der Zuschauer kann den Filmer auf seiner Suche nach Cobenzl begleiten, und ihm sozusagen bei seinen Entdeckungen über die Schulter schauen. Ursprünglich hatte die Eichstätter Künstlerin Li Portenlänger Darimont gebeten, das von ihr herausgegebene Buch „Von seinem freinde“ zu visualisieren. Dann aber habe sich eine Eigendynamik entwickelt, berichtet der Filmer.

Der Eichstätter recherchierte nicht nur intensiv in Eichstätt selbst, sondern sein Weg führte ihn ins Mährische Landesarchiv Brünn und nach Gorizia oberhalb der Adria. Er forschte beim Historischen Verein und im Diözesanarchiv, drehte im Bischofspalais und bildete dort Stuckarbeiten aus der Zeit Cobenzls ab. Er fand ein Mikroskop und Traversflöten aus Cobenzls Besitz, die auf verschlungenen Erbschaftswegen in halb Europa verstreut sind. Interessant sind Aufzeichnungen über Pflanzen, die das kalte Eichstätter Klima vertragen. Dazu kommen weitere Dokumente und Korrespondenzen, auch vom Illuminatenorden.

Bei den Recherchen habe er auch festgestellt, dass Cobenzl ein Kind mit der Tochter eines Zinngießers hatte; diese Frau bedachte er auch in seinem Testament.

Wichtiger Bestandteil des Films ist ein Gang mit Li Portenlänger und Dieter Lillich durch den „verborgenen Garten“ Cobenzls, den Darimont eingebaut hat. Sogar der Graf selbst hat einen Auftritt, der viel Raum für Interpretation lässt. Entstanden ist ein Film aus einem Prolog und 24 lose verbundenen Szenen, der nicht einfach, gleichsam wie „Fast Food“ zu konsumieren ist. Wer sich aber darauf einlässt und offen ist für die künstlerische Intention und Interpretation Darimonts, wird reich belohnt.