Altmannstein
Ratschen zum Rascheln

Wie sich Stille und Gespräche im Wald finden lassen, erklärt der Altmannsteiner Förster Michael Wittl

31.03.2020 | Stand 23.09.2023, 11:26 Uhr
Unter dem Blätterdach spaziert der Altmannsteiner Förster Michael Wittl zusammen mit Hündin Maggie - ein Ort, der sich zum Fasten eignet. −Foto: Schabenberger

Altmannstein - Das Laub raschelt unter seinen Füßen, Äste knacken.

Matsch spritzt ab und an auf seine Schuhe. Michael Wittl schlendert durch den Wald bei Altmannstein: Auf dem Kochberg genießt der Förster und Jäger - zuständig für die Großgemeinde Altmannstein - in seiner Freizeit gerne entlang des Limes die Natur. Seine Hündin Maggie trabt neben ihm her, ihr Schwanz wedelt: Auch sie freut sich über die viele frische Luft und die Sonnenstrahlen.

Meistens ist Wittl in seiner Rolle als Förster im Wald unterwegs - in der Freizeit habe er für ausgedehnte Spaziergänge wenig Raum: "Wir, die jeden Tag draußen sind, wissen das im Alltag nicht immer so zu schätzen", erzählt Wittl. Das liegt jedoch daran, dass er selten zwischen Bäumen spaziert, um Vogelgezwitscher zu lauschen. "Die Menschen haben bei Förstern oft ,Forsthaus Falkenau' im Kopf - in der Realität wandern wir nicht durch den Wald, sondern fahren von Termin zu Termin", berichtet Wittl. Etwa die Hälfte seiner Arbeitszeit verbringt er mit Privatwaldberatung: Das heißt, er berät Waldbesitzer bei Pflanzmaßnahmen - er analysiert zusammen mit ihnen zum Beispiel Boden- und Lichtverhältnisse. Außerdem koordiniert er die Bewirtschaftung der Gemeindewälder und widmet sich mehrere Stunden täglich der Büroarbeit. Er bearbeitet E-Mails oder setzt sich mit Umfragen des Ministeriums - beispielsweise zum Sturmholz - auseinander. Dabei bleibt kaum Zeit, den Wald bewusst zu genießen.

Dennoch verliert Wittl die Vorzüge des Waldes bei seiner intensiven Arbeit nicht aus den Augen. Vor allem, weil er vor seinem Studium zum Forstwirt als Kfz-Mechatroniker angestellt war. "Bei jedem Wetter habe ich damals in der Halle gearbeitet - dann habe ich gemerkt, lieber stehe ich den ganzen Tag im Regen", blickt Wittl zurück. Als Förster sieht er täglich das Spiel der Jahreszeiten; im Frühling blühen Blumen, im Herbst rieseln Blätter von den Bäumen. Die Natur verändert sich gemächlich im Laufe der Monate. Große Bäume wachsen über Jahrzehnte. Diese Trägheit empfinde Wittl als entschleunigend: "Über WhatsApp sind wir jederzeit erreichbar, das ist unglaublich schnelllebig. "

Deswegen lässt er sein Mobiltelefon bei jedem privaten Weg durch den Wald im Auto. Damit dient die Wanderung in der Stille nicht nur dem Lärmfasten. Sie reduziert zudem sozialen Stress: "Im Wald sieht mich niemand und ich werde von niemandem gesehen", beschreibt der Förster. Damit passen Spaziergänge im Wald zum christlichen Grundgedanken hinter der Fastenzeit - 40 Tage, um zu sich und dem Sinn des eigenen Lebens zu finden. Außerdem erfüllen sie die Aufforderung zur Nächstenliebe: Auf raschelndem Laubboden lässt es sich wunderbar ratschen. Während auf der heimischen Couch oft der Blick auf das Handy dominiert, bietet ein gemeinsamer Spaziergang Zeit für tiefsinnige Gespräche und Themen, die sonst auf der Strecke bleiben. Vor diesem Hintergrund scheint die Fastenzeit als ideale Motivation, öfter die Schuhe zu schnüren, ein Tuch umzubinden und sich unter dem Blätterdach zu verlieren - momentan unter Einhaltung der Corona-Beschränkungen

Nur eines gilt es zu beachten: Auszeiten im Wald sollen nicht als Pflichtübung in den 40 Tagen verstanden werden. "Wir hetzen in der Arbeit oft von einem Termin zum nächsten, deswegen darf die Freizeit im Wald kein Zwang sein", stellt Wittl fest. Er lädt Menschen an seinen holzigen Arbeitsplatz ein, um sich dort einmal ohne Terminplan und To-do-Liste treiben zu lassen.

Von Aschermittwoch bis Ostern ist Fastenzeit - aufgrund alter Lehrmeinungen oft als Selbstkasteiung wahrgenommen. Wie positiv Menschen allerdings durch die Fastenzeit gehen können, zeigt auch dieser sechste Teil der Serie "Fasten mal anders": 40 Tage für ein bewussteres Selbst - für ein entspannteres Miteinander. 40 Tage Gewinn.

DK

Laura Schabenberger