Rasanter Spaß um Liebe und Eifersucht

18.07.2006 | Stand 03.12.2020, 7:42 Uhr

München (DK) Sommertheater allerorten. Leichte Kost auf den Freiluftbühnen, bis der Regen fällt. Die Fußball-WM ist vorbei, und bis der Papst kommt, lässt sich die Event-Durststrecke wenigstens noch mit heiter-spritziger Schauspielkunst füllen. So wie im schönen Renaissance-Innenhof der Alten Münze, örtlich und mental ideal gelegen zwischen der Hochkultur im Nationaltheater und der Genusskultur im Hofbräuhaus.

So abwechslungsreich und schräg eben wie Carlo Goldonis Komödie "Krach in Chioggia" vom Jahre 1792. Ein rasant hingefetzter Spaß über Liebe und Eifersucht, über kratzbürstige Weiber und gockelhafte Mannsbilder in der actionprallen Regie von Mario Holetzeck, hinreißend gespielt vom 2. und 3. Jahrgang des Studiengangs Schauspiel der Bayerischen Theaterakademie.

Seit drei Monaten sind die Fischer von Chioggia nun schon auf dem Meer unterwegs. Die raue See ist ihr Metier und die Hafenkneipen entlang der Adriaküste sind ihr Leben. Doch ihre Bräute, Verlobten und Freundinnen weinen sich deswegen keineswegs die Augen aus – zumindest nicht in der Öffentlichkeit oder gar vor ihnen Geschlechtsgenossinnen. Ganz im Gegenteil: Der Run auf die in Chioggia verbliebenen Herren der Schöpfung hat schon längst begonnen. Vor allem der Gerichtssekretär und ein Softie mit Gitarre sind die begehrten Objekte der brünstigen Signorine: der eine ein fürchterlicher Aufschneider, der andere von schlimmen Selbstzweifeln geplagt. Macht aber nichts, Mann ist Mann.

Also buhlen und keifen Orsetta (Annigna Seiler), Checca (Nadine Schwitter), Pasqua (Anne Bommer) und Lucietta (Irina Ries) um diese beiden Schießbudenfiguren (Jörn Kolpe und Martin Wißner), dass es die wahre Freude ist: Sie zanken und zicken, intrigieren und giften sich an, bis ihre Traummänner als wilde Burschen und liebeshungrige Seebären von ihren ausgedehnten Fischzügen nach Chioggia zurückkehren. Statt Wiedersehensfreude tobt jedoch wilde Eifersucht, bis der Herr Gerichtssekretär in Stellvertretung des Hohen Gerichtes alle zur Ehe verurteilt. Dacapo nach dem nächsten Fischzug . . .

Oberhalb der Alten Münze erstrahlt der Sternenhimmel über München, und auf der Bühne toben Neid, Missgunst, Klatsch und Tratsch, Leidenschaften und Liebesschwüre ebenso wie in den dreistöckigen Arkaden des ehemaligen Marstalls der bayerischen Herzöge und Kurfürsten die Verfolgungsjagden und heimlichen Amouren ihren Lauf nehmen.

Vor allem das Bühnenbild (von Andrea Fisser) ist zusätzlich zum temperamentvoll abschnurrenden Spiel eine Augenweide: stilisierte Fische im XXL-Format, hinter denen sich die Protagonisten verstecken oder aus ihnen zum – natürlich – unpassendsten Zeitpunkt entsteigen und Brautkleider in der Form von Barsch und Zander. Dazu das Hafenbecken von Chioggia voll weißer Plastikkugeln, aus dessen Untiefen die ins Meer gestürzten, gestoßenen oder aus dem Leben scheidenden heißblütigen Tussen und engstirnigen Machos letztlich doch gerettet werden. Köstlich.

Kurzum: Ein sommerliches Theatervergnügen voll studentischem Enthusiasmus und schier überbordender Spielfreude. Ein goldiger Goldoni als ebenso herzinnige Liebesraserei wie pfiffig servierte Charakterkomödie voll praller Rollenklischees. Das Premierenpublikum jubelte. ?

? Hannes S. Macher

W eitere Aufführungen vom 19. bis 22. sowie vom 25. bis 29. Juli im Innenhof der Münchner Alten Münze, Pfisterstr. 1; Kartentelefon: (0 89) 21 85 19 70.