Randnotiz: Ganz soziale Schaaaalker

21.09.2020 | Stand 23.09.2023, 14:15 Uhr
Die Schalker haben sich offenbar dazu entschieden, ihr Geschäftsfeld zu verlagern. Statt im sportlichen Bereich werden sie jetzt zunehmend im sozialen Bereich tätig. Das beweisen die jüngsten, zur Abwechslung mal positiven Meldungen aus Gelsenkirchen. −Foto: Bernd Thissen, dpa

Ultras dieses Landes, es ist Zeit, einen Eurer beliebtesten Schmähgesänge umzudichten. Zur Melodie von "It's a Heartache" wird bitteschön künftig mit einer Reibeisenstimme á la Bonnie Tyler gegrölt: "Ihr seid Schaaaalker, ganz soziale Schaaaalker." Nach einer katastrophalen Saison haben die "Knappen" eingesehen, dass sie ihr Geschäftsfeld verlagern müssen. Der FC Schalke 04 sucht sein "Glück auf" nun im sozialen Bereich. Ein Spieler spendet, der Verein verteilt Geschenke und dahinter steckt ganz viel Psychologie.

Vedad Ibisevic, auf dem Platz eher als Ellbogen-Rowdy bekannt, hat seine sanfte Seite entdeckt und spendet sein Grundgehalt. Bezahlt wird der Angreifer nur in Form von Prämien, wenn Schalke erfolgreich spielt. Also wird er nicht viel bis gar nichts verdienen, würden böse Journalisten-Zungen behaupten. Offen gelassen hat Ibisevic bisher, wohin er das Geld spendet. Er suche im Gelsenkirchener Umfeld, heißt es. Vielleicht fängt er ja gleich bei den klammen "Knappen" an. Oder aber er nimmt sich ein Beispiel an seinem Arbeitgeber und spendet an die Corona-Helfer.

Die sollten eigentlich zu der Ehre kommen, dem ersten halben Geisterspiel der Schalker im Pokal gegen Regionalligist Schweinfurt beizuwohnen. Das Spiel wurde per Gerichtsbeschluss abgesagt. Die 300 Karten wollte Schalke eigentlich an Mitarbeiter der Krankenhäuser, Seniorenheime und an weitere Menschen mit systemrelevanten Berufe verschenken. Um nicht falsch verstanden zu werden: Das sind schöne und wichtige Aktionen. Nur ist man positive Schlachtzeilen, Pardon, Schlagzeilen aus dem blau gefärbten Teil des Ruhrpotts nicht mehr gewohnt. Stichwort: Eröffnungsspiel.

Was also wollen die Nullvierer damit bezwecken? Das angekratzte Image aufpolieren, den Malocher-Mythos heraufbeschwören und ganz vielleicht auch ein wenig ablenken von der eigenen sportlichen Misere, die sich zahlenmäßig in 17 Spielen ohne Sieg ausdrückt. Immerhin ziehen die Schalker es durch und zeigen ihre soziale Ader auch in der Liga, indem sie die zuletzt arg von geldgierigen Piranhas gebeutelten Bayern mit einem Trainingsspiel wieder aufbauen. Dabei hielten die Knappen in etwa so viel Abstand zum Gegner, wie es das Social Distancing erfordert. Psychologisch clever ist der soziale Einsatz obendrein. Wer könnte über einen sozial so engagierten Verein schimpfen, wenn es sportlich nicht läuft? Andererseits, wer Schalke-Fans kennt, weiß: Die können das.

Bleibt noch die Frage, wie die Ultras weitersingen sollen. Schließlich geht es nach "Ihr seid Schaaaalker" eigentlich weiter mit: "Ihr schlaft unter Brüüüücken oder in der Baaahnhofsmissioooon." Neuer Text: "Ihr verschenkt die Koooohle und auch gleich die Steehplatzkaarteen." In diesem Sinne: Glück auf!

Bastian Mühling