Ingolstadt
Radlpolizei rollt an

Immer mehr Streifenbeamte treten in die Pedale, auch in Ingolstadt

14.06.2019 | Stand 23.09.2023, 7:25 Uhr
Dienstlich treten diese drei Polizisten in Nürnberg in die Pedale, das Innenministerium hat für Fahrradstreifen eigene Uniformen testen lassen und verteilt sie bis zum Frühjahr 2020. Die Ingolstädter Inspektion möchte ebenfalls bald radelnde Beamte losschicken. −Foto: Karmann/dpa

Ingolstadt /Passau (DK) Ein Trend erreicht jetzt auch die bayerische Polizei: Immer mehr Menschen schwingen sich in den Fahrradsattel, einerseits um sich fit zu halten, andererseits für den Umweltschutz.

Im Freistaat gibt es inzwischen rund 400 Polizistinnen und Polizisten, die sich dienstlich auf zwei Rädern fortbewegen, und es werden wohl noch mehr. Die Ingolstädter Inspektion bereitet sich - neben anderen Dienststellen in Bayern - gerade darauf vor, diesen Bereich auszubauen. "Wir loten zurzeit noch den Bedarf und die Einsatzmöglichkeiten von Fahrradstreifen aus", sagt ihr Vizechef Matthias Schäfer.

Ganz neu ist die Radlpolizei in der Schanz nicht. Schon im Mai 1995, als der damalige Dienststellenleiter Thomas Zäpfel die ersten Kontaktbeamten im Ingolstädter Nordwesten etablierte, traten die Polizisten lieber in die Pedale, als sich ins Auto zu setzen. Damals trugen die radelnden Gesetzeshüter noch die gewöhnliche Uniform, was sich nicht immer als praktisch erwies, besonders bei Wind und Regen - unangenehme Erfahrungen, die auch andere Fahrradstreifen im Freistaat machten.

Nicht ohne Grund ließ Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) deshalb im vergangenen Jahr sechs Monate lang "hochfunktionale Fahrradbekleidung" inklusive Helm von Beamten in Erlangen, München und Passau testen. Form und Material haben sich offenbar bewährt, zumindest kündigte der Minister vor wenigen Wochen bei einer Podiumsdiskussion in München an, die Radlpolizei bis nächstes Frühjahr komplett neu damit auszustatten. "Wir wollen den Einsatz von Fahrradstreifen weiter stärken", sagte Herrmann. Sie hätten sich vor allem im städtischen Bereich bewährt, wo sie bei stockendem Verkehr oder in Grünanlagen deutlich schneller und besser vorankommen. Die Dienststellen könnten je nach örtlichen Gegebenheiten selbst entscheiden, ob und in welcher Größenordnung sie auf Fahrradstreifen setzen wollen oder nicht, hieß es auf Anfrage unserer Zeitung im bayerischen Innenministerium.

Fahrradstreifen sind nicht nur ein Feigenblatt. Als Beispiel mag Passau dienen, dort gibt es aktuell vier radelnde Polizisten. "Die Akzeptanz in der Bevölkerung ist eine ganz andere, wenn wir mit dem Radl kommen", berichtet der Inspektionssprecher Franz Weinzierl. "Da kriegen wir viel Zuspruch und befinden uns auf Augenhöhe mit dem Bürger." Es komme viel zurück. Die Dienststelle hatte sich im Mai 2017 einige E-Bikes angeschafft, damit geht es auf ebener Strecke deutlich schneller und zudem leichter bergauf - "sogar zum Oberhaus sind die Kollegen schon raufgeradelt", sagt Weinzierl. Und der Weg zur Veste über der Dreiflüssestadt sei steil.

Radelnde Polizisten profitierten nicht zuletzt vom Überraschungseffekt, denn sie tauchen plötzlich an entlegenen Stellen auf, wo niemand sie vermutet oder motorisierte Kollegen mit dem Auto gar nicht erst hinkämen - schlechte Karten für Drogenhändler und andere Kriminelle in abgelegenen Ecken oder auch für den Umweltsünder, der seinen Müll illegal in den Donauauen entsorgt. Die Inspektion in Passau möchte auf ihre Fahrradstreifen jedenfalls nicht mehr verzichten.

Soweit sind sie in Ingolstadt noch nicht, "aber wir arbeiten daran", sagt der stellvertretende Inspektionsleiter Matthias Schäfer. "Wir sondieren gerade, wer solche Fahrradstreifen wie und wo machen kann, man muss ja auch einen Aufgabenbereich definieren. Mit dem Rad fährt man ja nicht vom Familienstreit zum Unfall und ähnlichen Aufträgen wie mit dem Auto." Statt dessen böten sich etwa Kontrollen des Fahrradverkehrs, Ermittlungen bei Umweltdelikten oder Straftaten wie Fischwilderei und Fahrten zur Kriminalitätsprävention in Vierteln an, wo Einbruchsschwerpunkte sind. "In der Innenstadt bringt uns das Rad auf kurzen Wegen deutliche Vorteile, weil man schmale Wege nutzen kann und nicht erst um den Block herum muss." Allerdings sollten die Kollegen mit modernen E-Bikes ausgestattet sein, wenn das Projekt in Ingolstadt startet, findet Schäfer. "Da muss dann schon Waffengleichheit mit der Kundschaft herrschen."
 

Horst Richter