Ingolstadt
Rabenschwarzes Wirtschaftsjahr für Bauern

28.12.2009 | Stand 03.12.2020, 4:22 Uhr

Ingolstadt (DK) Nach den Erlössteigerungen im Spitzenjahr 2007/08 hat sich die Einkommenssituation der bayerischen Landwirte im Wirtschaftsjahr 2008/09 in weiten Teilen dramatisch verschlechtert. Betroffen davon sind nahezu alle Betriebszweige. Dieses Fazit zieht das Beratungsunternehmen Ecovis, das 2500 Agrarbetriebe im Freistaat als Mandanten betreut, aus der bis Ende Oktober erfolgten Auswertung von Buchführungszahlen zum Bilanzstichtag 30. Juni 2009.

"Das Wirtschaftsjahr 2008/09 ist für die meisten bayerischen Landwirte ausgesprochen schlecht verlaufen", sagte Franz Huber, Leiter des Ecovis-Kompetenzzentrums Landwirtschaft, in Ingolstadt gegenüber dem DONAUKURIER. Am schlimmsten habe es die Milchviehhalter mit Erlöseinbrüchen von 20 bis 25 Prozent getroffen, so Huber, der für das Wirtschaftsjahr 2009/10 einen weiteren Rückgang prognostiziert.

Weizenpreis halbiert

Nicht besser sehe die Lage auch im Marktfruchtbau mit den Leitfrüchten Weizen, Gerste und Raps aus, sagte Huber weiter. Und Ludwig Eisenmann, Leiter der Ingolstädter Ecovis-Kanzlei, deren Mandanten aus einem Umkreis von rund 50 Kilometern stammen und fast zur Hälfte aus der Landwirtschaft kommen, verdeutlicht die Situation: "Weizen ist zur Zeit unverkäuflich". Der Preis für einen Doppelzentner Weizen beispielsweise habe sich binnen Jahresfrist von 20 auf zehn ? halbiert.

Stabilisiert haben sich laut Huber die Preise im Veredlungsbereich – allerdings auf niedrigem Niveau. Die Schweine- und Ferkelzüchter hätten bereits mehrere schlechte Jahre hinter sich.

Auf eine verbesserte Lage 2008/09 könnten lediglich die Landwirte mit Sonderkulturen wie Erdbeeren oder Spargel zurückblicken. Auch in diesem Bereich sei es jedoch – mit Ausnahme von Gurken wegen einer schlechten Ernte in Osteuropa – "beim Feldgemüse nicht so lustig" gewesen, skizziert Huber.

Als generelle Ursache für den Negativtrend bei den Erlösen haben die Ecovis-Experten stark sinkende Preise einerseits bei gleichzeitig dramatisch gestiegenen Kosten für Futter und Düngemittel andererseits ausgemacht.

Vor diesem Hintergrund "erkundigen sich Betriebe nach Alternativen", sagt Eisenmann und führt die Nachfrage von Bauern aus der Region nach Biogasanlagen, Urlaub auf dem Bauernhof und vor allem Photovoltaikanlagen als mögliches zweites Standbein an. "Es wird nicht mehr in die Urproduktion investiert", so Eisenmann. Selbst auf besten Böden wandeln sich ihm zufolge Landwirtschaftsbetriebe in klassische Gewerbebetriebe.

"Wachsen oder weichen" laute für viele die Devise, beschreibt Eisenmann die Gespräche mit Mandanten in seiner Kanzlei. Man versuche, auszuweiten und zuzupachten oder als Nebenerwerbslandwirt noch eine andere Arbeit zu machen. "Die 08/15-Landwirtschaft wird immer weniger", so Eisenmann. Die Zahl der Landwirte in der Region werde geringer, "aber die Fläche liegt nicht brach". Der Pachtmarkt sei stark umkämpft.

Kreative Landwirte

Der Ecovis-Kanzleileiter bescheinigt aber den jungen Landwirten rund um Ingolstadt, sehr kreativ zu sein. Dies seien "Unternehmer, keine Bauern", die etwa Reithallen bauen, Appartements vermieten oder Gaststätten eröffnen würden. Dies lässt Eisenmann aber zu dem Schluss kommen: "In vielen Dörfern wird es bald nur noch ein oder zwei echte Landwirte geben".

Diese dürften aber nach Hubers Einschätzung ebenso wie die Landwirte, die neue Wege beschreiten, die Ecovis-Bereiche Investitionsplanung und Liquiditätskontrolle zunehmend wachsen lassen. Denn für die meisten Landwirte stelle sich derzeit nicht die Frage "Bin ich rentabel", sondern "Bin ich liquide".