Querbeet durch die Wirtschaftspolitik

29.03.2009 | Stand 03.12.2020, 5:05 Uhr

Gäste aus Wirtschaft und Politik diskutierten auf der miba unter der Moderation von Ulrich Berber von der Katholischen Arbeitnehmerbewegung (Mitte) über Zeitarbeit und Wirtschaftskrise. - Foto: Rössle

Ingolstadt (DK) Die Situation von Zeitarbeitern in der Wirtschaftskrise wollte die regionale SPD in einer Podiumsdiskussion auf der miba erörtern. Die Debatte bewegte sich aber schnell hin zu generellen Betrachtungen von Konjunkturpaketen, Weltfinanzsystem und beruflicher Bildung.

Nur für eine Stunde hatten die Genossen die Bühne am Ende von Halle 12 am Sonntagmittag für sich reservieren können. In dieser relativ kurzen Zeitspanne galoppierten die Podiumsgäste um Moderator Ulrich Berber (KAB) allerdings durch so ziemlich alle Felder von Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik – sichtbares Zeichen der Komplexität, mit der die gegenwärtige Krise ebenso behaftet ist wie die Weltwirtschaft generell.

Beim Einstieg also ging’s um Zeitarbeit: Rolf Zöllner, Chef der Ingolstädter Arbeitsagentur, und Jörg Schlagbauer, IGM-Funktionär und Vertrauenskörperleiter bei Audi, fanden lobende Worte für den gelungenen Auffangvertrag zwischen dem Automobilhersteller und der Gewerkschaft: Mit der eigens gegründeten Transfergesellschaft werde vielen bisherigen Audi-Werkern aus Zeitarbeitsfirmen eine Plattform für berufliche Qualifizierungen geboten.

Peter Jackwerth, in der Stadt hinlänglich bekannter Unternehmer aus der Leiharbeitsbranche, relativierte allerdings umgehend: Die Situation rund um Audi sei ein Sonderfall, die Lage der hier bisher beschäftigten Zeitarbeiter nicht zu verallgemeinern. Jackwerth rechnet damit, dass die Branche bundesweit in den kommenden Monaten mächtig Federn lässt – möglicherweise bis zu einer Halbierung des Bestandes. Dieser zwangsläufige Umbruch biete für die Politik die einmalige Chance, für die Zukunft genauere Spielregeln aufzustellen, griff der Insider quasi Forderungen von Kritikern seiner Zunft auf.

Jackwerth gab sich – für manchen Beobachter sicher immer noch überraschend – als Freund von Mindestlöhnen und gar gleicher Bezahlung von fest angestellten und "ausgeliehenen" Mitarbeitern zu erkennen; in einigen Nachbarländern sei so etwas schon ganz normal.

In der weiteren Diskussion ging es dann weit hinein in die wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischen Zusammenhänge. Es wurde zum Beispiel nach der Zukunft von Opel gefragt, nach den Auswirkungen des Konjunkturpaketes II, nach der europäischen Dimension bei der Krisenbewältigung. Dies sicher durchweg Stichwörter für die andere Hälfte des Podiums, die mit den SPD-Kandidaten Ursula Engelen-Kefer (Bundestag) und Joachim Lang (Europaparlament) sowie Ingolstadts CSU-Fraktionschef Joachim Genosko rein politisch besetzt war.

Engelen-Kefer propagierte die SPD-Forderung nach einem Recht auf lebenslange Fortbildung, ihr Parteifreund Lang sah die Verantwortung der europäischen Politik für ein übergreifendes Betriebsverfassungsgesetz, das Dumpingentwicklungen bei Lohn und Arbeitsbedingungen entgegen-steuern müsse. Genosko schließlich wünschte sich unter anderem eine Ausweitung des Konjunkturpaketes auf Investitionsbereiche, von denen mehr Wirtschaftszweige als bislang profitieren könnten.