Thalmässing
Pumuckl in Gefahr

Figurentheater KnuTh bringt beim Büchereinachmittag Geschichte des rothaarigen Kobolds auf die Bühne

22.11.2018 | Stand 23.09.2023, 5:03 Uhr
  −Foto: Luff

Thalmässing (HK) Es gibt den Weihnachtsmann. Der Osterhase existiert. Und der letzte Mittwoch des Kirchenjahrs, der Buß- und Bettag, ist deshalb schulfrei, damit die Kinder in Thalmässing den Büchereinachmittag entspannt besuchen können, ohne sich mit Hausaufgaben beschäftigen zu müssen. Es sind solche Wahrheiten, die das Leben als Kind so lebenswert machen. Und das - zumindest im letzten Fall - seit mittlerweile 33 Jahren.

Es sei ein "kleines Schnapsjubiläum", stellt Bürgermeister Georg Küttinger, selbst gerne Dauergast beim Büchereinachmittag, am Mittwoch fest. Diesmal freue er sich noch mehr auf den "wunderbaren Büchereinachmittag", kenne er doch "den Pumuckl schon sehr lange - und viele seiner Geschichten". Das hat er mit vielen der kleinen Gäste im Saal von St. Marien gemein und auch mit den Müttern die als Begleitung gekommen sind. Einige von ihnen waren noch nicht einmal geboren, als das Team der Bücherei diesen speziellen Nachmittag ins Leben gerufen hat. Wenn der Gemeindechef schon schwärmt, will der Landrat nicht hintanstehen: "Mir gefällt der Pumuckl auch", sagt Herbert Eckstein, der den früheren gesetzlichen Feiertag gerne dazu nutzt, sich in Thalmässing von einem Autor oder - wie an diesem Tag - von einem Figurentheater unterhalten zu lassen.

Wer im nächsten Jahr kommt, steht noch nicht fest, wohl aber, dass es auch den 34. Büchereinachmittag geben wird. Das versichert der evangelische Pfarrer Rudolf Hackner. An der Tradition dürfe nicht gerüttelt werden, sagt er, selbst wenn das Gemeindezentrum St. Marien dann saniert werden sollte. Denkbar sei das Ausweichen, "eventuell gehen wir halt zum Kronenwirt".

Das Figurentheater KnuTh - die Abkürzung steht für "Kilgers nutzloses und unsinniges Theater", das das Duo Franka und Andreas Kilger bildet - ist nach 2017 zum zweiten Mal hintereinander zu Gast. Diesmal mit dem Stück "Pumuckl zieht das große Los". Gut, dass das Duo aus Holzheim und damit aus Bayern stammt, so bekommt der etwas gwamperte Meister Eder - ein herrlich ausgepolsterter Andreas Kilger - durch seinen Dialekt durchaus Ähnlichkeit mit dem bekannten Fernseh-Eder Gustl Bayrhammer, ist die Serie doch in München angesiedelt. "Du Bazi", so betitelt er liebevoll seinen Kobold, den nur er sehen kann - und das Publikum selbstverständlich. Dass der rothaarige Nachfahre der Klabautermänner sich einem Menschen angeschlossen hat, passt den blauhaarigen Klabautern gar nicht: Sie wollen den Pumuckl zurück ins Meer holen.

Das ist der Plot der Geschichte, es geht dem gefährlichen großen Klabauter und seinen zwei Helfern Klaba und Klabi darum, Pumuckl "wegzuholen aus dieser Welt". Er ist ja quasi Eders Schoßhündchen: "Igitt, er schläft in einem Bett." Und erst seine ständigen Reime! Die sind vor allem dem großen Klabauter ein Graus. Es hilft nichts: Pumuckl soll zurück in die Gemeinschaft der Klabauter, dafür gibt es nur einen Weg: "In der Nacht wird dieser Abtrünnige, diese Koboldsschande, ins Meer springen", prophezeit der große Blaue.

Um ins Meer springen zu können, muss Pumuckl aber erst einmal aufs Meer gelangen. Mit allerlei Tricks spinnen die Klabauter eine Intrige, sorgen dafür, dass Eder bei einem Preisausschreiben mitmacht und tatsächlich eine Schiffsreise gewinnt, die die Firma Weicheseif ausgeschrieben hat. Da die Ziehung live im Radio übertragen wird, sind die Kinder im Publikum dafür verantwortlich, für die passende Geräuschkulisse zu sorgen, immer wieder hat es stürmischen Applaus zu geben - auf ein Zeichen der Firmeninhaberin, das reale Leben aus dem Fernseh- oder Radiostudio lässt grüßen.

Wenn das Ehepaar Kilger seine jungen Zuschauer einbezieht, packt es die Kleinen umso mehr; allerdings geschieht dies deutlich weniger als im vergangenen Jahr beim "Magischen Baumhaus". Als Eder seinen Pumuckl auf dem Kreuzfahrtschiff Titania suchen muss, verraten die Kinder mit lautstarkem "Ja", dass Pumuckl zwischenzeitlich schon mal bei der Schiffsglocke war. Eines ruft sogar, "der mit den blauen Haaren" sei auch hier gewesen - doch das glaubt der Schreinermeister nicht: "Jetzt fang du nicht auch noch zum Spinnen an!", erwidert er.

Pumuckl ist aus Sicht der Klabauter zwar aus der Art geschlagen, aber er ist immer noch Kobold genug, um unsichtbar zu werden, wenn Eder nicht alleine ist. Weshalb sich die Figur aus der Feder von Ellis Kaut für ein Zwei-Personen-Theater hervorragend eignet: Immer wenn Andreas und Franka Kilger gemeinsam vor dem ebenso einfachen wie wirkungsvollen Bühnenaufbau - im Prinzip ist es eine mit bemaltem Leinentuch behängte Spanische Wand, die mal Schreinerwerkstatt, mal Kreuzfahrtschiff zeigt - stehen, ist Pumuckl verschwunden.

Zumindest fürs Auge, natürlich neckt der Kobold auch, wenn er nicht zu sehen ist. Mal fliegt ein Brett in der Schreinerwerkstatt laut scheppernd zu Boden - von Eder unbemerkt getreten -, mal lüftet sich seine Kappe, als ein Porträtfoto geschossen werden soll. Ein Faden an der Kopfbedeckung, an dem Andreas Kilger hinterm Rücken unbemerkt zieht, macht's möglich. Für die Kinder ist der kleine Kobold immer präsent, selbst wenn die Kilgers gerade nicht als Puppenspieler agieren. Der Liebling der Kinderzimmer vor allem in früheren Generationen ist im Figurentheater durchaus zwiegespalten. Einerseits zeigt er sich heilfroh, dass er andere Klabauter gefunden hat, umso mehr, weil diese ihm schmeicheln: "Wir sind deine Freunde." Andererseits will er Meister Eder nicht verlassen: "Ich kehre nur zurück, wenn du mitkehrst", versichert er ebenso treuherzig wie semantisch umstritten. Schließlich trifft er eine Wahl, ins "dumme Meer" will Pumuckl nicht. Angesichts dieser Beleidigung seiner Wurzeln reicht es dem großen Klabauter endgültig: "Dein Schicksal ist besiegelt", donnert er, "das dumme Meer wird dich verschlingen."

So weit kommt es natürlich nicht, die Kinder sollen schließlich nicht verschreckt werden. Am Ende löst sich alles in Wohlgefallen auf, die schöne Zeit auf dem Kreuzfahrtschiff kann beginnen. Oder wie Pumuckl ganz unklabauterhaft reimt: "Jetzt fängt für uns der Urlaub an mit Pumuckl und dem Edermann." Ja dann!

Volker Luff