Riedenburg
Pumpleitung soll vier Klärteiche ersetzen

Wasserwirtschaftsamt übt Druck auf Riedenburg aus: Investitionskosten liegen bei rund 3,1 Millionen Euro

19.06.2020 | Stand 02.12.2020, 11:08 Uhr
Den undichten Klärteich im Ortsteil Deising begutachteten die Mitglieder des Ausschusses. −Foto: Rast

Riedenburg - Die vier Klärteiche in Deising, Untereggersberg, Oberhofen und Gundlfing werden stillgelegt. Das Abwasser aus diesen Riedenburger Ortsteilen soll über eine gut acht Kilometer lange Druckleitung nach Haidhof gepumpt und von dort aus über das vorhandene Kanalnetz in die städtische Kläranlage eingespeist werden. Diese Empfehlung für den Riedenburger Stadtrat sprach der neu gegründete Ausschuss für Technik und Infrastruktur in seiner Premierensitzung am Mittwochnachmittag aus. Damit kommen Investitionskosten von gut 3,1 Millionen Euro auf die Stadt zu.

Allerdings musste Bürgermeister Thomas Zehetbauer (CWG) den Mitgliedern des Gremiums eine Hiobsbotschaft unterbreiten: Laut einer Mitteilung des Wasserwirtschaftsamtes werden wegen der durch die Pandemie ausgelösten Wirtschaftskrise vorerst alle staatlichen Förderungen in diesem Bereich eingefroren.

Ein unangenehmer Geruch nach Fäkalien stieg den Mitgliedern des Ausschusses für Technik und Infrastruktur bei ihrem Ortstermin an der natürlichen Kläranlage in Deising in die Nase. Das Ensemble aus drei kleinen Teichen liegt kurz hinter dem Ortsausgang in Richtung Altmühlmünster. Die Anlage entstand um das Jahr 1990 im Zuge des Baus des Main-Donau-Kanals. Dort enden alle Abwässer aus Deising, Meihern, Altmühlmünster, Flügelsberg und St. Gregor. Die Fäkalien fließen zunächst in einen Absetzbereich, in dem unter anderem die vielen Hygieneartikel mit abgeschieden werden. Danach passiert das Wasser zwei Schönungsteiche und fließt dann in die Wasserstraße. Die Reinigung erfolgt ausschließlich auf natürlichem Weg, es wird keine Technik eingesetzt.

Nach dem gleichen Prinzip arbeitende Anlagen gibt es außerdem in Untereggersberg, Oberhofen und Gundlfing. An den drei letztgenannten Anlagen fließt nach den Worten von Klärwärter Josef Schels so gut wie kein Wasser in den Main-Donau-Kanal. Das lasse die Schlussfolgerung zu, dass die Klärteiche undicht sind. Diese Überzeugung vertritt auch das Wasserwirtschaftsamt und mahnt eine Sanierung der Anlagen beziehungsweise den Anschluss der Dörfer an das Riedenburger Klärwerk an.

Auf Basis des in Meihern, Deising und Altmühlmünster verbrauchten Frischwassers und einer geschätzten Regenmenge geht Klärwärter Schels davon aus, dass täglich etwa 35 Kubikmeter vorgeklärtes Abwasser in den Kanal fließen, das entspricht 0,4 Liter pro Sekunde. Präzise Zahlen liegen allerdings nicht vor. Schels glaubt, dass jährlich etwa 5000 Kubikmeter Abwasser versickern. "Man kann sagen, die Klärteiche sind undicht", betont er. In der Klärteichanlage in Deising landen die Fäkalien von immerhin rund 460 Riedenburger Bürgern, Firmen mit einem relevanten Aufkommen an Abwasser gibt es dort nicht. Durch den Zuzug während der vergangenen 30 Jahre ist die Anlage dennoch zu klein, man müsste etwa 2100 Quadratmeter zusätzliche Wasserflächen schaffen.

Am Auslauf in den Main-Donau-Kanal nimmt Schels während der Sommermonate alle vier Wochen Wasserproben. Die Grenzwerte für Ammonium würden nicht eingehalten, von sechs Proben würden vier einen überhöhten Wert aufweisen. Eine Mitarbeiterin des Wasserwirtschaftsamtes habe auf dieses Riedenburger Verfahren zur Abwasserreinigung kürzlich bei einem Ortstermin mit Kopfschütteln reagiert.

Der Absetzteich muss etwa alle fünf Jahre mechanisch ausgeräumt werden. Den Schlamm habe man bislang in der Landwirtschaft untergebracht. "Aber die Bauern wollen ihn nicht mehr annehmen", berichtete Schels. Das bedeutet, dass auch dieser Klärschlamm bald teuer verbrannt werden muss. Noch schwieriger gestaltet sich die Situation während der Wintermonate. Die Klärteiche sind dann oft zugefroren. Dann läuft kein Sauerstoffaustausch und damit keine Reinigung des Wassers mehr ab.

Der auf Kanalisationstechnik spezialisierte Ingenieur Herbert Dinauer hat nun elf Varianten durchgerechnet, wie Riedenburg seine Klärteich-Problematik bewältigen könnte. Dabei ging es unter anderem um die verschiedenen Kosten für Hydraulik- und Pneumatikpumpen. Entscheidend ist jedoch der Vergleich zwischen den reinen Baukosten und den Projektkosten, die Dinauer auf jeweils 60 Jahre hochrechnete. Dabei gelangte er zu folgenden Ergebnissen: Die Ertüchtigung der vorhandenen Klärteiche würde rund 900000 Euro kosten. Der Bau der Druckleitung und der zwischengeschalteten Pumpstationen verschlingt dagegen rund 3,1 Millionen Euro an Investitionskosten. Die Bauzeit dürfte nur etwa sechs Monate betragen

Betrachtet man die beiden Alternativen aber über einen Zeitraum von 60 Jahren, so ergeben sich andere Zahlen. Dann belasten die sanierten Klärteiche das Stadtsäckel mit insgesamt etwa 5,6 Millionen Euro, die Druckleitung kostet auf lange Sicht nur 4,8 Millionen Euro. Auch der hohe Stromverbrauch für die Pumpen ist hier einberechnet. Zudem beinhaltet die Sanierung der vorhandenen Klärteiche das Risiko, dass die Vorschriften für die Abwasserreinigung erneut verschärft werden. Das würde dann weitere Investitionen in nicht absehbarer Höhe nach sich ziehen.

Fraglich ist laut Dinauer auch, ob diese Art der Abwasserklärung in Bayern, wo eigentlich nur Klärwerke und Drei-Kammer-Gruben erlaubt sind, auf Dauer statthaft sein wird. Der Experte wies außerdem darauf hin, dass man bei der Stilllegung der Klärteiche wertvolle Ausgleichsflächen erhalte, man müsse die Teiche auch nicht zurückbauen. Die Entscheidung steht allerdings unter Zeitdruck, denn die wasserrechtliche Genehmigung für den Status quo erlischt 2022.

So traf es die Mitglieder des Ausschusses hart, als sie hörten, dass die staatliche Förderung für derlei Projekte vorerst ausgesetzt ist. Bislang hatte man mit einer Summe von 150 Euro pro Meter Druckleitung gerechnet. "Ohne diese Förderung können wir nichts machen", bedauerte Bürgermeister Zehetbauer. Dennoch stehe man unter Zugzwang. Dass die staatlichen Behörden einerseits die Stilllegung der Klärteiche fordern, andererseits die Kommunen aber bei der Finanzierung dieser Maßnahmen alleine lassen, stieß bei den Stadträten auf Unverständnis. Die Hauptamtsleiterin Kristina Heil äußerte die Hoffnung, dass das Ende der Förderung auf diesem Gebiet vielleicht nur nach hinten verschoben werde. Wenigstens habe man den Antrag dafür bereits gestellt, das sei weitsichtig gewesen.

Immerhin wäre die Riedenburger Kläranlage der anschwellenden Abwasserflut gewachsen. Wie Klärwärter Schels erläuterte, dürfte das Abwasser von weiteren rund 1000 Einwohnern grundsätzlich kein Problem darstellen.

rat