München
Psychospielchen vor dem Showdown

Löwen-Trainer Michael Köllner setzt Schanzer vor dem packenden Saisonfinale unter Druck

03.07.2020 | Stand 23.09.2023, 12:44 Uhr
Um den Relegationsplatz zu erreichen, brauchen die Löwen um Trainer Michael Köllner einen Sieg gegen Ingolstadt und Schützenhilfe von Unterhaching und Chemnitz. −Foto: Balk, dpa

München/Ingolstadt - In einer der außergewöhnlichsten Spielzeiten der 3. Liga ließ sich auch Michael Köllner einiges einfallen.

 

Während der Corona-Zwangspause in der 3. Liga entdeckte der Trainer des TSV 1860 München etwa WhatsApp für sich. Um seine Spieler bei Laune zu halten, verschickte er beispielsweise Kurzgeschichten oder legte ihnen das Fanlied "Löwenmut" nahe. "Ich bin jeden Tag dabei, Geschichten zu finden, die die Spieler berühren. Ich habe ein gutes Archiv", erklärte Köllner damals.

Vor dem "Endspiel" um den Aufstiegs-Relegationsplatz an diesem Samstag (14 Uhr/BR und Magenta Sport) gegen den FC Ingolstadt hätte der 50-Jährige aber nichts dagegen gehabt, wenn es WhatsApp nicht geben würde. Schließlich habe er in den vergangenen Tagen immer wieder Nachrichten zum 1. FC Nürnberg und damit dem möglichen Relegationsgegner der Löwen bekommen. Und das passte Köllner, der vor seinem Engagement bei den Sechzigern beim Club gearbeitet hatte, überhaupt nicht.

"Wenn ich Ingolstadt übergehe, dann werde ich richtig ein paar ins Gesicht kriegen", meinte Köllner am Freitag. Insgeheim habe er sich zwar schon mit seinem Ex-Klub beschäftigt und leidet auch immer noch mit den Franken mit: "Es ist in erster Linie traurig, dass sie in so einer Situation sind. " Doch erst nach einem erfolgreichen Saisonfinale mit den Löwen will sich Köllner wieder mit den Franken beschäftigen.

"Mit Teamgeist, Leidenschaft und hoher Konzentration" will Köllner mit dem Tabellensiebten gegen den FCI den nötigen Dreier für das "Wunder von Giesing" einfahren - und hofft zudem auf die erforderliche Schützenhilfe: Schließlich dürfen weder der MSV Duisburg (5.) gegen die SpVgg Unterhaching noch Hansa Rostock (6.) gegen den Chemnitzer FC gewinnen, wenn die Sechziger noch auf den Relegationsplatz springen wollen. "Ich bin mir sicher, dass sie alles unternehmen werden, um die drei Punkte zu holen", so Köllner vor dem packenden Saisonfinale.

Dass der Oberpfälzer nicht nur seine eigenen Spieler mit Kurzgeschichten motivieren kann, sondern die komplette Klaviatur der Psychospielchen beherrscht, gab er rund 24 Stunden vor dem Showdown im Grünwalder Stadion ebenfalls zum Besten. "Sie hatten den Matchball auf dem Fuß und sind jetzt in der Bredouille, bei uns gewinnen zu müssen", sagte Köllner über die Ingolstädter Niederlage gegen den 1. FC Magdeburg (0:2). "Sie stehen vor einem Déjà-vu-Erlebnis", ergänzte er und spielte damit auf die Vorsaison der Schanzer an. In dieser hatte der FCI ebenfalls unter Trainer Tomas Oral einen starken Schlussspurt hingelegt und sich in die Relegation gegen den SV Wehen Wiesbaden gerettet - den Absturz in die Drittklassigkeit dann aber doch nicht abwenden können. "Es ist daher eine ganz schwere Aufgabe für Ingolstadt", prophezeite Köllner.

Die Sechziger, die sich über ein Darlehen in Höhe von rund sechs Millionen Euro von Hauptgesellschafter Hasan Ismaik freuen dürfen, machen es sich dagegen in der vermeintlichen Außenseiterrolle bequem. "Wir haben in dieser Saison weitaus mehr erreicht, als uns über weite Strecken im Saisonverlauf zugetraut worden ist. Wir sind schon jetzt Gewinner", kokettierte Sportchef Günther Gorenzel und ergänzte: "Wir haben morgen eine historische Chance, wir sind die Jäger. "

Bei dieser Jagd kann Köllner nahezu aus dem Vollen schöpfen. Einzig der Langzeitverletzte Semi Belkahia fehlt weiter. Innenverteidiger Aaron Berzel kehrt nach seiner Gelbsperre für die Partie gegen die SG Großaspach (4:2) ebenso zurück wie Mittelfeldstratege Timo Gebhart, der seine muskulären Probleme auskuriert hat und am Freitag das Abschlusstraining ohne Probleme absolvierte.

Womöglich war es für den Routinier und seine Teamkollegen nicht die letzte Einheit an der Grünwalder Straße. Köllner wird sich im Falle der Aufstiegsrelegation sicher melden - notfalls auch per WhatsApp. 

Julian Schultz