Geisenfeld
"Psychisch wie physisch belastend"

Corona-Krise stellt auch Rettungsdienste vor Herausforderungen - Risikomanagement angepasst

06.11.2020 | Stand 02.12.2020, 10:12 Uhr
Der Sanitätsdienst ist in Corona-Zeiten noch belastender als sonst, aber "jeder hängt sich rein", lobt die neue Leiterin der BRK-Rettungswache Geisenfeld, Maria Höckmayr ihr Team. −Foto: Zurek

Geisenfeld - Die Arbeit von Rettungsdiensten ist unbestritten mit einer hohen Verantwortung verbunden und psychisch wie physisch belastend. Die Corona-Pandemie verschärft diese Situation auch im Landkreis. Im Gespräch mit der Heimatzeitung beschreibt die neue Leiterin der BRK-Rettungswache in Geisenfeld, Maria Höckmayr, stellvertretend für ihre Kollegen die Herausforderungen, und wie man sie bisher meistert.

 

Die 27-Jährige hat ihr Amt im Juni angetreten, nachdem ihr Vorgänger Paul Weber zum Bürgermeister gewählt worden war. Kein leichter Start, denn zu den ohnehin umfangreichen Aufgaben einer Dienststellenleitung habe das Virus "noch eine Schippe draufgelegt", erklärt die Notfall-Sanitäterin - froh um den Beistand des BRK-Kreisverbands in einer Krisensituation, für die es bis dato keine Blaupause gab.

Zu Beginn der Pandemie habe auch unter den Fachkräften im Rettungsdienst viel Verunsicherung geherrscht, der Kreisverband habe aber "sehr schnell reagiert und sein Risikomanagement hinsichtlich der extrem dynamischen, neuen Situation angepasst".

Dazu zählt ein stetig angepasster Informationsfluss und konkrete Richtlinien, die von erweiterten Hygienemaßnahmen bis zum Prozedere bei der Klinikanmeldung reichen. Hilfreich sind laut Höckmayr auch standardisierte Prozessbeschreibungen, die es ermöglichen "im Notfall die Gefahr richtig einzuschätzen und die notwendigen Schritte einzuleiten". Das beginnt mit einer genauen Anamnese des Falls: Ist die betroffene Person gesichert positiv? Hatte sie Kontakt zu Infizierten? Sind Symptome wie etwa eine erhöhte Körpertemperatur vorhanden? "Ehrliche Antworten sind hier für alle Beteiligten existenziell," betont die Dienststellenleiterin. Zum einen seien sie Voraussetzung für eine bestmögliche Versorgung des Patienten. Zum anderen "bieten sie uns Rettungskräften die Chance, Maßnahmen zum Eigenschutz zu ergreifen und damit auch das Risiko einzudämmen, dass wir unsererseits andere anstecken", so Höckmayr.

Die Zahl der Infekt-Fahrten steigt, bei denen aus diesem Grund Schutzkleidung - Haube, FFP2-Schutzmaske, Schutzbrille und Kittel - getragen werden muss. "Das erschwert unsere Einsätze schon rein körperlich, müssen die Patienten doch nicht selten auch über zwei oder mehr Stockwerke getragen oder gar reanimiert werden.", verweist die BRK-Mitarbeiterin auf eine der Herausforderungen für ihr Team.

Aber die Vorsichtsmaßnahmen seien unverzichtbar, und dies auch für die Allgemeinheit, denn nur ein gesundes Team sei einsatzfähig. "Wir sind da extrem sensibilisiert", verweist Höckmayr auf weitere Schutzmaßnahmen. Fahrzeuge werden demnach nur noch mit festen Schichtpartnern besetzt, ohne die sonst übliche Rotation der Besatzung. Und die jeweiligen Schichtteams werden auch im BRK-Haus räumlich getrennt.

Um Kontakte auf ein Minimum zu reduzieren, gibt es darüber hinaus keine Präsenzfortbildungen mehr. Stattdessen ist auch hier das E-Learning Trumpf. "Mit dem DRK-Lerncampus haben wir da eine geeignete Plattform", freut sich die Praxisanleiterin, dass auf diese Weise weiterhin die Qualität des Dienstes gewährleistet bleibe. Schließlich gelte es, "ständig neu dazu zu lernen, gerade auch in der Pandemie" - was den Mitarbeitern aus ihrer Sicht ein "hohes Maß an Eigenengagement abverlangt".

Das gilt indes nicht nur für die Bereitschaft, sich fortzubilden. Wer tagtäglich mit schwerkranken Menschen zu tun hat und nicht selten mit dem Tod konfrontiert wird, der habe einer enormen psychischen Belastung standzuhalten. "Jeder von uns ist in der Lage, auch mit Infekteinsätzen höchst professionell umzugehen, aber bisweilen gerät man doch an seine Grenzen - gerade jetzt, angesichts der schieren Höhe der Fallzahlen", weiß die junge Frau, die seit 2014 im BRK Rettungsdienst tätig ist. Hinzu komme die Sorge, sich anzustecken und das Virus in die eigene Familie oder ins Team einzutragen. Umso wichtiger seien Hilfsangebote wie die Psychosoziale Notfallversorgung PSNV, die Einsatzkräften rund um die Uhr telefonisch zur Verfügung steht.

Als Dienststellenleiterin kann Höckmayr der Krise auch positive Aspekte abgewinnen: Die außergewöhnliche Lage zeige "klar die Bedeutung eines guten Risikomanagements und die Wichtigkeit der Zusammenarbeit mit allen Schnittstellen des Rettungsdienstes - von der Berufsfachschule über die Leitstelle und das Gesundheitsamt bis zu den Kliniken".

All das laufe gut, freut sich die Chefin der Geisenfelder BRK-Wache, der zwei Dinge noch besonders am Herzen liegen. Ein Lob: "Ich bin unheimlich stolz auf unser Team, es ist Weltklasse, was den Zusammenhalt angeht, jeder hängt sich rein und stellt nicht selten sein Privatleben hintan, um den Dienstbetrieb aufrecht zu erhalten". Und eine Mahnung an die Bevölkerung: "Bitte machen Sie sich den Ernst der Lage bewusst und halten Sie sich an die Infektionsschutz-Auflagen".

GZ