stadtgeflüster
Protzbau Bavariae

08.06.2018 | Stand 02.12.2020, 16:16 Uhr

(sic) Im Sommer 2011 ereignete sich in der Ingolstädter Architektur die größte Revolution seit dem Bau des Westparks!

Gut, es geschah alles nur mental, nicht materiell. Aber immerhin. Vor sieben Jahren erwogen namhafte Ingolstädter Stadtentwickler im Ernst, Parkraum aufzugeben. Ein kühner Gedanke! Denn ein echter Ingolstädter, der freiwillig Parkplätze abschafft, hat historisch gesehen den selben Seltenheitswert wie, sagen wir, ein Mönch aus Sachsen, der die katholische Kirche spaltet.

2011 bewarb sich Ingolstadt als Standort für das Museum der Bayerischen Geschichte, das Abschiedsgeschenk von Ministerpräsident Horst Seehofer an seinen Landeskinder. Das eingereichte Architekturkonzept sah einen schlanken, eleganten Bau zwischen Stadttheater und Neuem Schloss vor, der auf der Tiefgarage direkt darunter errichtet werden sollte. Deren obere Etage wäre also zum Untergeschoss des Museums geworden. Auch das revolutionär! Allerdings hätte der Plan zig Stellplätze gekostet. Bevor die Ingolstädter richtig realisierten, welche Not ihnen damit drohte, war ihre Stadt schon wieder aus dem Rennen; den Zuschlag für das Museum erhielt Regensburg.

Inzwischen steht es. Am Donaumarkt bei der Eisernen Brücke. Im Mai 2019 soll der 2500 Quadratmeter große und fast 88 Millionen Euro teure Protzbau Bavariae eingeweiht werden. An diesem Wochenende darf sich die Bevölkerung erstmals im Inneren umschauen. Journalisten haben das Landesmuseum bereits inspiziert. Und die Feuilletons überschlagen sich!

Vor Entsetzen.

Auch ein Streifzug durch die Kritiken und Kommentare im Netz führt zu reichlich Vokabular aus den Wortfamilien "Klotz" und "Bunker": Was für ein Riegel! Monströs! So ein düsterer Kasten! Schaut aus wie ein Einkaufszentrum, ach was, wie die Berliner Mauer. Und das mitten im Unesco-Weltkulturerbe. Diese kolossale Schuhschachtel soll ein bayerisches Museum sein? Und dann diese baumarktmäßige Fassade. Furchtbar! Da ist es ja sogar in Braunschweig noch schöner. Ach, jedes Parkhaus in Braunschweig ist schöner! König Ludwig II. würde sich in seiner Venusgrotte verzweifelt ins Wasser stürzen bei diesem Anblick!

So geht das Lamento weiter. Treue Leser dieser Zeitung finden hier viele Formulierungen wieder, die Leserbriefschreiber im DONAUKURIER und Kommentatoren der Redaktion wählen, wenn sie sich über Neubauten in Ingolstadt äußern. Fast wäre man versucht, den Museumserbauern zuzurufen: Eure Kiste ist so was von greislich, da hättet ihr sie genauso gut gleich in Ingolstadt hinstellen können!

Doch jetzt besser kein Hader. Und auch kein Neid auf die Regensburger wegen der nächsten Touristenattraktion, mit der ihre Stadt beglückt wird (sie haben ja sonst fast nichts). Wir Ingolstädter bekommen dafür ein richtig schickes und schön hohes Kongresshotel in einem historischen Ensemble. Auf so was können die Regensburger lange warten.