Ingolstadt
Protestantisch und kaisertreu

Eine Stadtführung zum Thema "Evangelisch in Ingolstadt" enthüllt interessante Details

01.07.2012 | Stand 03.12.2020, 1:20 Uhr

In der Sebastianskirche erläutert Manfred Schuhmann die Bedeutung dieses Gotteshauses auch für evangelische Christen hin - Foto: Rössle

Ingolstadt (DK) Dass die Asamkirche einmal evangelisch hätte werden sollen und die Sebastianskirche für die Protestanten in Ingolstadt eine große Bedeutung hat, dürfte selbst echten Schanzern weitgehend unbekannt sein. Eine Stadtführung am Samstag schloss auch diese Wissenslücken.

„Evangelisch in Ingolstadt – Eine kleine Stadtführung“ nannte sich der historische Exkurs mit anschließendem Spaziergang zur Sebastianskirche, der wegen der tropischen Schwüle am Samstag im Eck-Saal des Konvikts stattfand. Dieser ist übrigens für die evangelischen Christen Ingolstadts durchaus von Bedeutung, wurde doch dort im Jahr 1823 der erste „genehmigte“ protestantische Gottesdienst gefeiert. Gerade diese Details waren es, die den Vortrag von Manfred Schuhmann so interessant machten. „Auch die Vorbereitung war überaus spannend“, erklärte der Vorsitzende des Evangelischen Bildungswerks und SDP-Stadtrat. Wobei er freimütig einräumte, dass er einen gehörigen Teil seines Wissens dem Historiker Theodor Straub verdankt.

Schuhmann begann seinen Exkurs in der Zeit der Reformation und Gegenreformation, als Johannes Eck Pfarrer und Professor an der Uni ist und die Jesuiten Ingolstadt zum „Bollwerk der Gegenreformation“ machen. Bereits damals gibt es die ersten Anhänger von Martin Luther. So ist es ein Webergeselle aus Kitzbühel, der 1523 auf einem Stein am (heute nicht mehr existierenden) Friedhof der Sebastianskirche die neue Lehre verkündet. Beim weiten Mal wird er eingesperrt und später des Landes verwiesen, nachdem er widerrufen hatte.

250 Jahre später stirbt die bayerische Linie der Wittelsbacher aus, Karl-Theodor aus der Pfalz besteigt widerwillig den Münchner Thron und baut eine bayerisch-pfälzische Armee auf. Das Resultat: 600 Reformierte kommen nach Ingolstadt, laut Schuhmann rund zehn Prozent der Bevölkerung damals. Bereits ein Jahr später schreibt der erste Protestant an der alten Ingolstädter Universität seine Doktorarbeit. 1787 wird ein Oberleutnant Fuchs als erster evangelischer Christ in Ingolstadt vom katholischen Pfarrer von St. Moritz beerdigt.

Mit den Reformen von Montgelas Anfang des 19. Jahrhunderts wird es leichter. 1806 erhält der erste Protestant das Ingolstädter Bürgerrecht, es folgt die Gründung der Kolonien Brunnenreuth, Spitalhof und Friedrichshofen durch Protestenten, deren Zahl stetig wächst. 1823 wird der erste Gottesdienst im Eck-Saal des Konvikts, des ehemaligen Jesuitenkollegs, erlaubt. „Das waren sehr aufgeklärte Leute in Ingolstadt“, lobt Schuhmann die Haltung der damals Verantwortlichen.

Im Zuge des Baus der Landesfestung kommen weitere „Lutheraner“ in die Schanz. „Die Maria de Victoria sollte damals evangelisch werden“, erzählt Schuhmann, was aber am Widerstand des Eichstätter Bischofs scheitert. 1846 wird die evangelische Stadtpfarrkirche geweiht – die älteste in ganz Bayern. 1888 gründen evangelische Arbeiter einen Verein und treffen sich – durchaus selbstbewusst – im seinerzeit besten Hotel der Stadt, dem Wittelsbacher Hof (heute Swept Away) an der Donaustraße. Ausdrücklich wird in der Zeitung vermerkt, dass auch der evangelische Arbeiterverein 1889 eine Feier zu Kaisers Geburtstag abhält. . .

Eine Erläuterung des „Kniebeugungsstreits“, ein Überblick über die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts und eine Besichtigung der Sebastianskirche rundeten den informativen Vortrag ab.