Karlshuld
Privat ein Ruhiger, im Ring eine Maschine

Christian Gerber aus Karlshuld kämpft bei der Gladiator-Fight-Night um den Deutschen Meistertitel

15.06.2018 | Stand 23.09.2023, 3:48 Uhr
Für ein Fotoshooting im feinen Zwirn: "Das war ganz schön warm in Hemd und Anzughose", sagt Kickboxer Christian Gerber. −Foto: Foto: S. Bösl

Karlshuld (SZ) Am heutigen Samstag ist es so weit, dann heißt es im Ingolstädter Stadttheater wieder: "Let's get ready to rumble" - die zweite Gladiator-Fight-Night steht an. Für Christian Gerber aus Karlshuld wird es ein sehr wichtiger Abend, er kämpft um den Deutschen Meistertitel im leichten Mittelgewicht.

Wenn Christian Gerber, der am vergangenen Sonntag seinen 26. Geburtstag feierte, in einem Neuburger Café bei strahlendem Sonnenschein vor einem sitzt, glaubt man kaum, dass er Kampfsportler ist. Er ist athletisch, sein Körper durchtrainiert, das sieht man gleich. Aber man würde ihn doch eher in die Ecke Leichtathlet oder Triathlet denn in die eines Boxringes stellen. "Das hör' ich oft, weil ich so kompakt bin", sagt der Karlshulder fröhlich. Bei einer Größe von 1,75 Metern bringt er 67 Kilo auf die Waage. "Manchmal auch weniger", fügt er mit einem Grinsen hinzu. Im Gespräch mit ihm, der viel von der Bedeutung familiärer Bande spricht, kommt sein Wesen als Kämpfer ebenfalls nicht unbedingt zum Vorschein.

Diesen Eindruck bestätigt einer seiner Trainer. Dardan Morina, seines Zeichens mehrfacher Kickbox-Weltmeister, sagt: "Christian ist ein verdammt netter Kerl. Er ist immer ruhig, höflich und gut drauf. Aber im Ring ist er eine Kampfmaschine." Morina, Gründer des Ingolstädter Gladiator-Fight-Clubs und Veranstalter des Gala-Kampfabends am heutigen Samstag, ist nur einer von drei Trainern, die sich um die Ausbildung des 26-Jährigen kümmern. Auch der Neuburger Boxer Egzon Gashi steigt mit Gerber in den Ring. Meist ist es jedoch Dardan Morinas Bruder Gentian, der den Karlshulder bei den schweißtreibenden Einheiten begleitet, ihm mit Rat zur Seite steht und stets auf Verbesserung des Kampfstils abzielt. "Von jedem kann man etwas lernen", sagt Gerber über das Trio. Und dabei wäre es fast gar nicht so weit gekommen, denn eigentlich wollte der Karlshulder nie Kickboxer werden.

Ein Arbeitskollege war es, der ihn zu einem Schnuppertraining des Sportclubs Ingolstadt mitnahm. "Ich war gerade mitten in der Ausbildung und hatte nicht wirklich Lust, das zu machen, habe mich aber überreden lassen", berichtet Gerber. "Das Training war echt hart, ich wurde schon lange nicht mehr so gefordert", sagt der Karosseriebauer, der seinerzeit gerade mit dem Fußballspielen beim SV Karlskron aufgehört hatte. Allein das Aufwärmtraining hätte es in sich gehabt. Und dann, das war 2008, war es schon um ihn geschehen: Er wurde Kickboxer.

Zwei Jahre später schloss er sich Dardan Morina und dessen Gladiator-Fight-Club an. Seitdem dreht sich seine Freizeit nur um diesen Sport. "Kickboxen ist eine Grenzerfahrung, das reizt mich daran", sagt Gerber. Mit einem Vorurteil möchte er auch gleich aufräumen: "Das ist kein Prügelsport. Man braucht Hirn und eine Taktik im Ring, sonst kommt man nicht weit." Nicht zuletzt der Trend, dass immer mehr Frauen mit dem Kickboxtraining beginnen, zeigt, dass es auf mehr ankommt, als auf sein Gegenüber einzudreschen. "Ja, es ist manchmal erschreckend, dass in den gemischten Kursen bei uns im Gym mehr Frauen als Männer sind, obwohl es ja reine Frauenkurse auch gibt", sagt Gerber und lacht dabei.

Er selbst trainiert in der Vorbereitung auf einen Kampf sechsmal pro Woche, manchmal auch zweimal täglich. "In dieser Phase geht es speziell darum, wie ich mich in meinem Körper fühle. Man muss auf die Signale achten, sonst bringt das ganze Training nichts", sagt der Karlshulder. Er habe in seiner Laufbahn schon zuviel trainiert und die negativen Folgen davon gespürt. "Es ist manchmal ein schmaler Grat zwischen effektivem und Übertraining", gibt er zu. Zu den Übungseinheiten zählen selbstverständlich Sparringsrunden mit seinen Trainern oder anderen Mitgliedern des Ingolstädter Fight-Clubs. "Da bin ich immer ganz anders. Bei Sparrings kämpfe ich recht wild. Bei Wettbewerben bin ich gelassener", sagt Gerber über sich selbst.

Neben den Einheiten im Ring stehen vor allem Kraft- und Ausdauertrainings auf der Agenda. Gerbers Philosophie dabei lautet: "Du musst mit deinem Körpergewicht arbeiten. Hanteltraining mache ich ganz selten. Normalerweise brauche ich das nicht." Er wolle nämlich nicht zu massig werden. "Sonst werde ich auch zu langsam." Ein eher unangenehmer Part seiner wöchentlichen Routine sind die Zirkeltrainings. "Da ist mir schon oft schlecht geworden", gibt Gerber mit einem Grinsen im Gesicht zu.

Was seinen Kampfstil betrifft, so hat sich der Karlshulder auf das Boxen spezialisiert. "Da geht einfach mehr. Ich kicke zwar auch ganz gern, aber du schaffst einfach nicht so viele Kicks wie Schläge, bevor der Körper müde wird", findet der Linksausleger. Während eines Kampfes versuche er immer, Ruhe zu bewahren und so die Punkte zu machen. Das hat in seinen bisherigen zehn Partien unter professionellen Bedingungen - was nicht heißt, dass Gerber ein Kickbox-Profi ist - ganz gut geklappt. Beweis dafür ist nicht zuletzt der Amateur-Weltmeistertitel, den er im Jahr 2014 in Kroatien holte. "Und das, obwohl ich mir kurz zuvor, Anfang des Jahres, bei einem Kampf in München den Daumen gebrochen hatte."

Seinen schlechtesten Fight lieferte der Karlshulder nach eigener Ansicht übrigens bei seinem insgesamt zweiten Wettkampf im Jahr 2011 ab. "Ich war zu übermütig, habe zwei Runden lang nur Prügel bezogen. Der Kampf musste abgebrochen werden. Damit muss man umgehen lernen."

Am heutigen Samstag trifft Gerber bei der Gladiator-Fight-Night auf Ali Hajdari im drittletzten Kampf des Abends im Ingolstädter Stadttheater. Der Gewinner des Duells in der Klasse bis 70 Kilogramm darf sich dann Deutscher Meister des Verbands WKU nennen.

Sebastian Hofmann