Ingolstadt
Präzision trifft auf Schnelligkeit

17.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:28 Uhr

Ausdauer, Taktik und Schnelligkeit machen Lacrosse zur aufregenden Sportart. Auch die Damen des TSV Ingolstadt-Nord unter Leitung von Tina Barth betreiben den kanadischen Nationalsport seit zwei Jahren.

Etwas furchterregend sehen die Gestalten auf dem Fußballfeld aus der Ferne schon aus. Zu sehen sind Männer mit Helmen und in voller Montur. Das Geschehen sieht auf den ersten Blick nach einer Mischung aus American Football und Hockey aus. Doch wenn es auf dem Feld des TSV Ingolstadt-Nord 19.30 Uhr schlägt, dann ist es nicht Zeit für American Football und auch nicht für Hockey, sondern für Lacrosse - die außergewöhnliche kanadische Nationalsportart.

Dunkel ist es bereits, als Tina Barth und ihre Damenmannschaft ihr Revier betreten. Beleuchtet wird das Feld mit Flutlicht, der Duft des Kunstrasens liegt in der Luft. Die Stimmung ist trotz klirrender Kälte gut. Barth und ihre Schützlinge wärmen sich gemeinsam mit den Herren auf. Zunächst laufen die Sportler ein paar Runden auf dem Feld. Danach stellen sich alle in einer Reihe auf und folgen den Anweisungen von Herrentrainer Lars Swiontek. Barth wirkt ungemein motiviert und hungrig. Ihre Bewegungen während des Kniehebelaufs sind athletisch und präzise. Mit vollem Einsatz absolviert sie die anschließenden Sprintübungen.

Tina Barth ist die Initiatorin der Ingolstädter Damen-Lacrosse-Mannschaft. Im Juli 2015 wurden die "Panthers" gegründet. Eine Mannschaft zu trainieren war für die gebürtige Thüringerin damals aber absolutes Neuland. Doch die Liebe zum Sport und Videos auf der Internetplattform Youtube, mit denen sie Technik und Taktik studierte, halfen ihr, sich auf die Trainerrolle vorzubereiten. "Ich bin froh, dass ich es damals gemacht habe, obwohl ich absoluter Neuling war. Das meiste habe ich auf Lehrgängen und Trainingslagern unserer Spielgemeinschaft mit München gelernt", sagt die 26-Jährige. Im Lacrosse gibt es keine Trainerausbildung, weil der Sport hierzulande zu wenig nachgefragt wird. Das möchte Barth in Ingolstadt ändern. An Schulen und Hochschulen wirbt sie für die außergewöhnliche Sportart, um so Sponsoren für den Sport zu gewinnen.

Nach dem Aufwärmen setzten die Damen- und Herrenmannschaften das Training getrennt voneinander fort. Jetzt übernimmt Barth die alleinige Übungsleitung für "ihre Mädels". Übungen, sogenannte Drills, folgen nach dem Aufwärmen. Barth wirft sich mit einer Mannschaftskollegin ein. Die Wurf- und Fangbewegungen mit dem Schläger, dem sogenannten Stick, sind bei ihr schon gekonnt und routiniert. Beim Werfen legt sie ihren Stick mit der Tasche am Ende, in dem der Ball liegt, über die Schulter. Mit einer Zugbewegung schnellt der Schläger nach vorn, und der Ball verlässt am obersten Punkt das Netz. Beim Fangen wird genau die entgegengesetzte Bewegung ausgeführt. "Der Ball ist noch heiß", hallt es über das Feld. Wer den Ball nicht fängt, muss ihn vom Boden mit dem Netz des Sticks aufschaufeln.

Barth arbeitet als Physiotherapeutin in Ingolstadt, nebenbei macht sie eine Ausbildung zum Osteopathen in München. Im Januar übernahm die gebürtige Thüringerin die Physiotherapiestelle bei der Herren-Nationalmannschaft. Dann spielt sie nicht selbst, sondern ist neben dem Feld gefordert. "Das lasse ich mir natürlich für meinen Lebenslauf nicht entgehen", sagt Barth, deren Arbeit größtenteils ehrenamtlich ist.

Heute hingegen fordert sie ihre Schützlinge auf dem Feld. Es wird nun an speziellen Spielzügen gefeilt. "Katharina, du machst die Verteidigung. Laura und Melli, ihr versucht, durch genaues Werfen den Ball ins Tor zu bekommen", lauten die klaren Anweisungen Barths. Sie beobachtet den Spielzug, geht anschließend zu den Spielerinnen und gibt Tipps zur Verbesserung. Jetzt spielt die 26-Jährige selbst mit. "Help, help!", das bedeutet nicht, dass sie Hilfe braucht, sondern, dass sie den Ball annehmen und damit helfen kann. Von der anderen Seite kommt "Hier bin ich!". Beim Lacrosse ist es eben wichtig, sich bemerkbar zu machen. Kalt ist mittlerweile übrigens niemandem mehr. Auch, weil das unterlegene Team am Ende des Trainings noch zehn Liegestütze machen muss.