Positive Zwischenbilanz

Das neue Teilhabechancengesetz brachte im Landkreis heuer schon 21 Langzeitarbeitslose in Lohn und Brot

10.10.2019 | Stand 23.09.2023, 8:55 Uhr
Zu verstärkter Beratung auf verschiedenen Wegen ermuntert das neue Teilhabechancengesetz, wie es im Jobcenter Roth nun Anja Hausch (Leiterin des Teams für Markt und Integration), Stefan Lohmüller (Geschäftsführer) und Kerstin Hesse, die Arbeitsvermittlerin und Betreuerin des neuen Förderprogramms, (von links) demonstrieren. −Foto: Leykamm

Roth (HK)Das neue Teilhabechancengesetz bietet Langzeitarbeitslosen seit heuer gute Möglichkeiten für den Wiedereinstieg in die Erwerbstätigkeit.

Im Gegensatz zur vorherigen Förderung liegt die Umsetzung diesmal aber allein in den Händen der Jobcenter der Arbeitsagentur. Jenes in Roth hat die Gelegenheit beim Schopf gepackt und eine rege Aufklärungs-, Werbe- und Vermittlungstätigkeit an den Tag gelegt. Entsprechend positiv fällt nun das Zwischenfazit aus.

"Aus administrativer Sicht bietet uns die Neuregelung wesentlich mehr Spielraum", erklärt der Geschäftsführer des Rother Jobcenters, Stefan Lohmüller, bei einem Pressegespräch. Die bisherige Erfolgsquote ist respektabel: 21 Einstellungen gehen auf das Konto des neuen Teilhabechancengesetzes. Das Potenzial liegt aber noch deutlich höher - für etwa 160 Erwerbslose im Bereich des Rother Jobcenters käme diese Förderoption infrage.

Befürchtungen, dass das Fördergeld nicht ausreicht, erwiesen sich als unbegründet. Denn in diesen Fördertopf hat der Bund jüngst erst weitere vier Milliarden hineingekippt. Fließen wird das Geld in die die beiden Instrumente des Teilhabechancengesetzes, die sich "Eingliederung von Langzeitarbeitslosen" und "Teilnahme am Arbeitsmarkt" nennen.

Bei letzterem beträgt die Förderdauer fünf Jahre. Für die ersten zwei Jahre erhalten Unternehmen einen Lohnkostenzuschuss von 100 Prozent, danach senkt sich der Zuschuss jährlich um zehn Prozentpunkte ab. Über 25-Jährige, die seit mindestens sechs Jahren Arbeitslosengeld II (Hartz IV) beziehen, sind hier die Zielgruppe.

Bei der Sparte "Eingliederung von Langzeitarbeitslosen" geht es hingegen um jene, die eine mindestens zweijährige Phase der Arbeitslosigkeit durchlaufen haben. Hier beträgt die Dauer der Förderung zwei Jahre, im ersten werden 75 Prozent der Lohnkosten erstattet, im zweiten 50. Unter bestimmten Voraussetzungen ist auch die Förderung von Qualifizierungen möglich. Bei der Sparte "Teilhabe" werden Weiterbildungskosten in Höhe von bis zu 3000 Euro übernommen.

Was bei beiden Förderwegen zum Tragen kommt: Während der gesamten Förderdauer gibt es eine "ganzheitliche, beschäftigungsbegleitende Betreuung", auf neudeutsch "Coach" genannt. Dieser sei etwa im Falle von alleinerziehenden Müttern von unschätzbarem Wert, so Lohmüller. Diese könnten durch die neu gewordene Arbeitsstelle zwar mehr Einkommen erwirtschaften, doch gelte es zugleich den Alltag neu zu organisieren. Und hier dürfte der Betreuer eine große Hilfe sein - ebenso für den Arbeitgeber, der sich in so manchen Belangen des Gesetzes noch unsicher ist. Für die Betriebe gelte es, sich "auf das neue Programm auch einzulassen. "

Wichtig sei es freilich, schon im Vorfeld abzugleichen, welcher Jobcenter-Kunde zu welchem Unternehmen passt. Hierum kümmert sich Arbeitsvermittlerin Kerstin Hesse. 16 Mal war sie heuer im Teilprogramm "Teilhabe" erfolgreich, fünfmal unter dem Stichwort "Eingliederung. Dazu kommt noch eine Person, die die Maßnahme zwar abgebrochen, dafür aber an anderer Stelle ein Arbeitsverhältnis begonnen hat. Damit habe die Förderung "letztlich auch zum Ziel geführt und sich als Sprungbrett erwiesen," so Hesse. Lehnt ein Arbeitsloser eine Vermittlung nach dem neuen Förderprogramm ab, muss er übrigens keine Sanktionen befürchten - "es lebt von der Freiwilligkeit", sagt Jobcenter-Chef Lohmüller.

Auf der Arbeitgeberseite sind bislang das Landratsamt und die Gemeinde Röttenbach im Boot. Ebenso wie diverse Büros, Logistiker, Dienstleister sowie karitative und öffentliche Einrichtungen. Auch des Handwerk wagte inzwischen erste Schritte. Erfreulich sei das Interesse einer Supermarktkette gewesen, bei der zwei Personen über die Förderung eine neue Chance vermittelt bekamen.

Spitzenreiter bei den Arbeitgebern ist derzeit der Werkhof Regenbogen in Roth, wo fünf Vermittlungen zustande kamen. "Etwas mehr Bewegung", erhofft sich Lohmüller seitens der Landkreisgemeinden, von denen bislang nur eine mit im Boot ist. Angeschrieben aber wurden alle Bürgermeister. "Wenn jeder von ihnen einem Langzeitarbeitslosen eine Chance gibt, ist schon viel erreicht", so Lohmüller.

Einen Vorteil gibt es auch fürs Jobcenter. Der sogenannte "Passiv-Aktiv-Transfer" ermöglicht es, die durch erfolgreiche Vermittlungen eingespartes Hartz-IV-Geld wiederum in die Integration von Langzeitarbeitslosen zu investieren.

Doch es gibt auch etwas an dem Teilhabechancengesetz, was dem Geschäftsführer des Jobcenters nicht schmeckt: In den Arbeitsverträgen sind nämlich keine Beiträge für die Arbeitslosenversicherung vorgesehen. Was den Bezug von Arbeitslosengeld verhindert, wenn nach der Förderdauer kein Arbeitsverhältnis zustande kommt. Umso mehr hofft man auf einen "Klebeeffekt", der im besten Fall eine unbefristete Beschäftigung nach sich zieht.

In jedem Fall aber könne der, der eine solche Maßnahme durchläuft, profitieren betont Anja Hausch, Leitern des Jobcenter-Teams für Markt und Integration. Eingeübt in einer Tagesstruktur und mit einem Arbeitszeugnis in der Hand habe man bei einer Bewerbung viel bessere Voraussetzungen als wenn man sich als Langzeitarbeitsloser vorstellen müsste.

Jürgen Leykamm