München
Positive Melancholie

Hymnischer britischer Pop: Placebo zelebrieren 20 Jahre Bandgeschichte in der Münchner Olympiahalle

06.11.2016 | Stand 02.12.2020, 19:05 Uhr

München (DK) Bunte Partyhütchen oder farbenfrohe Feieroutfits tragen weder Band noch die 8500 Geburtstagsgäste in der Olympiahalle, aber die Stimmung anlässlich des 20-jährigen Bestehens der Melancholie-Rocker aus London könnte besser kaum sein. Zwei Stunden lang decken Brian Molko, Stefan Olsdal und ihre Begleitmusiker das ganze Schaffen von Placebo unter stetig wachsender Begeisterung ab.

Als Vorband versuchen erst mal die ebenfalls aus London stammenden Deaf Havana die Feier in Schwung zu bringen, haben mit ihrem melodischen Indie-Sound aber nur bedingt Erfolg. Als dann Placebo nach einer Einspielung ihres Videos "Every You Every Me" die Bühne betreten, kommen trotz der schwarzen Outfits Farbe und dank der Ausstrahlung von Brian Molko auch eine Menge Extrovertiertheit ins Spiel. Auf der mit Equipment vollgepackten Bühne sind zwar mehrere Musiker an diversen Gitarren, Keyboards und Elektro-Geige zu Gange, aber letztlich ist es eine Zwei-Mann-Show.

Die Tourinstrumentalisten stehen durchgehend auf den Podesten im Hintergrund und überlassen Molko und Olsdal, die häufig die Instrumente, aber nicht die Positionen wechseln, das Rampenlicht. Auch auf den zahlreichen Leinwänden hinter und über dem Geschehen sieht man eigentlich nur die Konterfeis des Sängers mit dem Topfhaarschnitt und seines Bass, Gitarre und Keyboard spielenden Sidekicks. Überhaupt werden Effekte, trotz ansprechender Lightshow, heute in erster Linie auf den diversen Projektionsflächen erzielt: Molko mal in pixeligem Schwarzweiß, mal in bunten Farben in bester Andy-Warhol- Manier entfaltet durchaus große optische Wirkung.

Trotz der klaren Rollenverteilung rocken Placebo als geschlossene Einheit und überzeugen mit den schon früh am Abend gespielten großen Hits wie "Loud Like Love" und "Too Many Friends" ebenso wie mit der neuen Nummer "Jesus' Son" und selten präsentierten Raritäten wie "Nancy Boy". Die einzigartige Stimme von Brian Molko und der intensive, melancholische und oft hymnische Pop der Band ziehen alle in ihren Bann. Hoch emotional auch "Without You I'm Nothing" mit dem verstorbenen David Bowie auf der Leinwand. Überhaupt sind Bowie-Einflüsse stets präsent im Sound der Londoner.

Molko macht für seine Verhältnisse einen gut gelaunten Eindruck und bedankt sich regelmäßig auf Deutsch. Auch ein "Entschuldigung" rutscht ihm nach einem kleinen Feedback heraus. Gegen Ende der Show meint er sogar humorig, dass jetzt Schluss mit Melancholie und Zeit zum Tanzen sei. Die "Tanznummern" sorgen dann für weitere Stimmung, fallen aber klanglich doch eher wenig aus dem üblichen Rahmen. Spätestens mit dem bezeichnenden "The Bitter End" vor den Zugaben ist man wieder im Melancholie-Modus.

Zum Finale gibt es dann noch eine kleine Überraschung mit dem Kate Bush-Cover "Running Up That Hill (A Deal With God"). Das ist vielleicht nicht der wirklich perfekte Abschluss, aber doch bestens geeignet, um die Kerzen auf der Geburtstagstorte endgültig auszublasen.