Ingolstadt
"Positionen gibt es nur beim Bully"

Der Nachwuchskoordinator des ERC-Stammvereins, Billy Trew, über seine Philosophie und Talentförderung

03.09.2021 | Stand 30.10.2021, 3:36 Uhr
Gibt künftig die Richtung vor: Der neue Nachwuchskoordinator des ERC-Stammvereins, Billy Trew, hat klare Vorstellungen, wie die Jugendarbeit in Ingolstadt künftig unter ihm aussehen soll. −Foto: Lüger

Ingolstadt - Wenn am Samstag (13.15 Uhr) die DNL-Mannschaft des ERC Ingolstadt mit dem Heimspiel gegen den EV Landshut in die Saison startet, ist einiges neu.

Das Trainergespann Jeff MacLeod und Jean-Francois Boucher - und auch ihr Chef: Billy Trew ist neuer Nachwuchskoordinator der Eishockey-Abteilung des Stammvereins und damit für die Ausbildung von rund 200 Kindern über alle Altersklassen verantwortlich. "Ingolstadt hat eines der besten Nachwuchsprogramme Deutschlands", sagt der Nachfolger von Petr Bares, der nicht viel Grund für Änderungen sieht. Die Pläne des 47-Jährigen sind groß: "Unser Ziel ist es, Eishockey-Profis zu produzieren. " Wir haen uns mit Trew über seinen Ansatz, Talente und Corona-Effekte unterhalten.

Herr Trew, wie kann man die Talente auf das Niveau bringen, dass sie Profi werden können?
Billy Trew: "Unser Trainerstab ist die wichtigste Mannschaft im Verein. Wir lehren und loben die Kinder. Ich habe eine Philosophie: von unten auf viel Lauftechnik. Das ist das A und O. Laufintensiv, druckorientiert, offensiv - alle fünf Feldspieler spielen überall. Positionen gibt es beim Bully, danach spielen wir fünf gegen fünf. Wir lehren die Kinder im unteren Bereich im Training durch Chaos. Sie sollen selber Probleme auf dem Eis lösen. Sie haben Spaß dabei und lernen modernes Eishockey, ohne es zu wissen. "

Einer Ihrer Trainer erzählt, dass Sie mit all Ihren Teams aufs Eis gehen.
Trew: "Meine Stärke ist auf dem Eis. Meine Position ist nun weg vom Eis, Koordinator. Die ganze erste Saison will ich die Coaches unterstützen. Bis zur U15 sollen wir vier Trainer pro Training auf dem Eis haben, um die Kinder korrigieren zu können. Ich bin ein Arbeitsmensch. Aber ich muss auch ein paar Stunden daheim bei meiner Familie sein. "

Sind Sie nach Ingolstadt gezogen?
Trew: "Wir wohnen in Straubing, ich pendle. Vormittags arbeite ich viel von zu Hause aus, koordiniere Eiszeiten und arbeite am Laptop. Dann fahre ich nach Ingolstadt. Auf der Fahrt kann man nachdenken und telefonieren. "

Wie stehen Sie zur Kooperation mit dem EC Pfaffenhofen?
Trew: "Momentan haben wir eine U13-Kooperation, das heißt: Von beiden Vereinen sind jeweils fünf Spieler beteiligt. Wir wollen die Kooperation verbreitern, von den ganz Kleinen bis vielleicht sogar zur U20. Je nachdem, wie viele Kinder beide Vereine haben. Vielleicht machen wir ein Camp zusammen. "

Wie läuft die Zusammenarbeit mit der Profi-GmbH?
Trew: "Ich rede ständig mit Larry und Tim (Larry Mitchell, ERC-Sportdirektor, und Tim Regan, Co-Trainer der Profis; die Redaktion). Larry will wissen, was los ist. Wir haben ein Internat mit zehn Kindern - er ist informiert, wer da kommt und auch, welche Coaches kommen. Wir tauschen uns ständig aus, weil letztendlich ohne die GmbH der Nachwuchs nicht funktioniert. "

Bis wann soll der nächste DEL-Spieler aus dem Nachwuchs kommen?
Trew: "Schwer zu sagen. Stürmer Marvin Feigl hat schon DEL gespielt, Torwart Lukas Schulte ist im Training mit der ersten Mannschaft. Wir haben zwei Spieler des jungen Jahrgangs 2004 in der DNL, die richtig gut sind (die U18-Nationalspieler Lukas Ullmann und Niklas Hübner; die Redaktion). Ich kann mir vorstellen, dass sie nächste Saison schon ins Training des DEL-Teams eingebunden sind. Das hängt von Corona ab - die schwerste Baustelle. Wir haben auch weitere Kandidaten, die Profi werden können. Wir wollen sie die Feinheiten lehren, was Profieishockey bedeutet. Natürlich müssen sich die Jungs das auch verdienen. Talent, Genetik, Glück, Coaching - auch das braucht es. "

In Finnland und Schweden etwa sind U18-Spieler meist vom Körper her schon wie Erwachsene aufgestellt. Welche Planungen haben Sie in diesem Bereich?
Trew: "Wir haben einen Athletiktrainer ins Boot geholt, auch einen Mannschaftsphysio und -arzt. Wir wollen den Jungs beim Krafttraining die richtige Technik beibringen. Wir machen auch bei der U13 und U15 viel Trockentraining, damit sie die Grundlage für die Kraft aufbauen. "

War die vorige Saison eine verlorene? Die Saison im Nachwuchsbereich war im November pandemiebedingt zu Ende.
Trew: "Jede Altersstufe hat etwas verpasst. Unsere U9-Junioren haben beispielsweise ein Jahr lang nicht an ihrer Lauftechnik feilen können. Das müssen wir nachholen. Wir sind seit 2. August auf dem Eis, seit Anfang Mai stehen wir im Sommertraining. Die Kinder sind fleißig. Am ersten Tag des U13-Trainings regnete es. Wir waren auf einem Fußballplatz, es blitzte. Terry (U13-Trainer Campbell; die Redaktion) und ich überlegten, ob wir eine Pause machen oder das Training abbrechen sollten. Doch die Kinder sagten: Nein, wir wollen trainieren! Sie hatten soviel Spaß, wieder zusammen zu üben. "

Das Gespräch führte
Martin Wimösterer