Ingolstadt
Pop mit klugen Texten

Sängerin Judith Holofernes gastiert in der Ingolstädter Halle neun

30.11.2018 | Stand 23.09.2023, 5:15 Uhr
Routinierte Show: Judith Holofernes in der Halle neun. −Foto: Weinretter

Ingolstadt (DK) "Freude, schöner Götterfunken. Tochter, mach dein Physikum! Wir betreten feuertrunken Eigenheim, oh Eigentum! " Mit dieser Beet-hoven-Umdeutung beginnt das Konzert von Judith Holofernes und ihrer Band in der Halle neun. Später kommt dann noch ein Nonsens-Gedicht über "Meine Meise, deine Meise! " hinzu, mit dem sie sich als echte Berlinerin in der Tradition von Schwitters, Kästner und Ringelnatz outet.

Damit hat es sich aber auch schon mit den Besonderheiten. Für den Rest des Abends verlässt sich Judith Holofernes auf ihre bereits in Zeiten von "Wir sind Helden" erworbene Bühnenerfahrung, bedient sich ihrer nunmehr also auch bei den Songs ihrer beiden Soloalben "Ein leichtes Schwert" und "Ich bin das Chaos", deren Kompositionen den Grundstock bilden für die aktuelle Tour. Damit ist sie schon mal auf der sicheren Seite.

Um die Musik geht es dabei gar nicht in erster Linie, denn die ist eher alltäglich. Tanzbarer und im Refrain mitsingbarer, leicht konsumierbarer Pop und Rock sollen es sein. Das erwarten die Fans, und das bekommen sie auch. Auch wenn die Feinabstimmung innerhalb der Band nicht die beste ist - Holofernes muss immerhin zweimal abbrechen und neu einzählen - geht das durchaus in Ordnung. Erwartung und Angebot stimmen überein, also passt anscheinend alles. Das besondere waren bei Judith Holofernes immer die Texte, in denen sie Konsumkritik, Kritik am Neoliberalismus, Philosophisches und Wortspielerein zu einer ganz speziellen Ausdrucksweise verband. Dafür steht sie immer noch, dies tut sie auch als Solokünstlerin.

Umso ärgerlicher ist es deswegen, dass sie einen Toningenieur mit auf Tour nimmt, der sich mit einem Saalsound zufrieden gibt, bei dem große Teile dieser Texte akustisch untergehen. Für die beinharten Fans vorne an der Bühnenrampe mag das nicht von Belang sein, die kennen vermutlich sowieso jede Zeile auswendig, für das Restpublikum allerdings schon. Schade, genau um die Texte wäre es gegangen.

Nach 70 Minuten bereits verlassen Sängerin und Band die Bühne. Es ist nicht etwa Pause, nein, es ist Schluss. Zwei Zugaben noch, dann geht endgültig das Licht an. "Ist das so? " heißt es im letzten Refrain. Ja, tatsächlich, das ist so. Was bleibt also? Der Eindruck einer routiniert abgespulten Show mit einfachen musikalischen Abläufen, eines stets auf der gleichen Stufe verharrenden Dynamikpegels, einer wegen gesundheitlicher Probleme stimmlich leicht angeschlagenen Sängerin und schließlich - dem Applaus nach zu urteilen - durchaus zufriedener Fans, die "Hasenherz", "Danke, ich hab schon" und all die anderen Favoriten endlich live gehört haben. Und am Ende gehen dann - von angewandter Konsumkritik keine Spur - alle zufrieden nach Hause. Nun ja, fast alle.

 

Karl Leitner