München
Pop-Kunst und Kitsch

Andy Warhol und Nachfolger im Museum Brandhorst in München

18.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:38 Uhr

Bunt: Werk ohne Titel von Keith Haring. Oder doch ein Selbstporträt? - Foto: Keith Haring Foundation

München (DK) Immer wieder kreisen Künstler um die Frage, was Kunst eigentlich sei. Besonders virulent war dies für Andy Warhol, der die Grenzen zwischen Kunst und Kommerz ausloten wollte und damit ab den 1960er-Jahren gehörig provozierte.

Zu seinem Konzept gehörte es auch, sein Atelier "factory" (Fabrik) zu nennen und die Grenzen zwischen Privatem und Beruflichem unsichtbar zu machen. Einen Einblick in diese Geisteshaltung gewährt jetzt das Museum Brandhorst in München, das über hundert Werke von Andy Warhol in seinem Bestand hat. In sechs Kabinetten des Untergeschosses tritt eine Auswahl von Warhol-Werken in einen Dialog mit ausgewählten Exponaten, die das Nachwirken der Pop Art bis in die Gegenwart vor Augen stellen sollen. Titel der Schau: "Pop Pictures People" (Pop setzt Menschen ins Bild).

Michael Auder, Jahrgang 1945, hat mit seiner Kamera das exzentrische Umfeld von Andy Warhol begleitet. Die Aufnahmen könnten ähnlich auch in einer Berliner WG entstanden sein, zeigen aber mehr oder weniger private Szenen aus dem Chelsea Hotel. Die Montage von vier parallel laufenden Streifen auf einem Bildschirm ist eine der Neuerwerbungen im Museum Brandhorst.

Dass auch ein Mitbegründer der "Arte-povera-Bewegung", der im Februar gestorbene griechische Künstler Jannis Kounellis, sich von Pop-Art inspirieren ließ, soll das Objekt "Rimbaud" aufzeigen: Auf einem schwarzen Farbtopf sitzt ein ausgestopfter Papagei, die übergelaufene Farbe tränkte die Gesamtausgabe des französischen Lyrikers Arthur Rimbaud. Aber ist dieses Exponat nicht viel zu poetisch für einen Vergleich mit Andy Warhol?

Und was hat, als drittes Beispiel, das Objekt "Liebe" von Jeff Koons (Jahrgang 1955) mit dem Thema zu tun? Der Porzellan-Bär mit Puppengesicht, auf einer Porzellan-Torte sitzend, erinnert an Souvenir-Kitsch, hat aber nichts mit dem soziologischen Anspruch Andy Warhols gemein.

Die Bilder der afroamerikanischen Bürgerrechtsbewegung, die Warhol in einem senfgelben Diptychon abdruckt, und seine Collagen mit Fotos von Transvestiten spiegeln die Konflikte der 60er- und 70er-Jahre in New York. Der Siebdruck "Runde Marylin" zeigt das Antlitz der verstorbenen Schauspielerin auf Goldgrund wie eine Ikone und reflektiert den amerikanischen Starkult. Hauptwerke von Warhol wie diese bieten immer wieder einen Anlass, über gesellschaftliche Verhältnisse und Entwicklungen nachzudenken. Ein bunter Papagei und ein kitschiger Teddy können keine ähnliche Wirkung entfalten und werden auch dem Titel der Schau nicht gerecht.

Pop Pictures People: bis April 2018, Museum Brandhorst, geöffnet täglich außer montags von 10 bis 18 Uhr, donnerstags bis 20 Uhr.