Pfaffenhofen
Politwirbel um 1,5 Liter Glyphosat

Einsatz von Unkrautvernichtungsmitteln auf Landkreisflächen beschäftigt Bürgermeister und Kreisräte

06.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:51 Uhr

Pfaffenhofen (PK) Unkrautvernichter wie Glyphosat sind politisch in aller Munde. Die SPD-Fraktion hat einen Antrag gestellt, ihren Einsatz auf Landkreisflächen zu untersagen. Es geht nur um Kleinmengen, der Vorstoß wirkt eher symbolisch. Aber die Debatte im Kreisausschuss war dennoch amüsant.

Als Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) vergangenen November im zuständigen Ausschuss der EU-Kommission die Verwendung von Glyphosat europaweit für weitere fünf Jahre ermöglichte, löste er eine Debatte zwischen Gegnern des Totalherbizids und so manchem Landwirt aus, die spätestens am Montag in all ihrer Skurrilität den Landkreis erreicht hat.

Glyphosat ist Bauern wie Gartlern als von der Firma Monsanto vertriebenes Round-up bekannt. Wer es mal verwendet hat, der weiß: Wo es versprüht wird, wächst monatelang kein Unkraut mehr - und sonst auch nichts. Naturschützer lehnen den Einsatz konsequent ab, auch weil sie gesundheitsschädigende Wirkungen vermuten, die - wenn nicht für den Menschen, so zumindest für die Tier- und Insektenwelt - negative Folgen haben könnten. Eine Untergruppe sind die Neonikotinoide, die Bienen schaden.

Kommunen ist der Einsatz derartiger Mittel untersagt. Nur dem Kreisbauhof lag bis zum Jahresende eine Sondergenehmigung vor, die Kreiskämmerer Walter Reisinger am Montag erklärte. In geringen Mengen darf ein Mitarbeiter mit Spezialkenntnissen das Mittel verwenden, um auf Kreisstraßen - das Netz ist 216 Kilometer lang - den Bereich zwischen Hochbordstein und Rinne von Unkraut zu befreien. "Damit die Wurzeln die Straße nicht beschädigen", so Reisinger. Der Mitarbeiter muss dazu ein Dochtstreichgerät verwenden, damit das Glyphosat keine umliegenden Flächen erreicht. Die Menge des Unkrautvernichtungsmittels hält sich dabei in Grenzen. "Wir sprechen von etwa 1,5 Litern pro Jahr", führte Landrat Martin Wolf (CSU) aus. Eine Verlängerung der Sondergenehmigung ist mehr als fraglich. Allerdings müsste sich der Landkreis dann einen Wildkrautbesen anschaffen, um die Straßenrinnen von Unkraut zu befreien. Dieses Gerät und die Arbeitsstunden würden den Landkreis pro Jahr geschätzte 7000 Euro kosten.

Der SPD-Antrag (siehe Kasten) zielt zum einen darauf ab, die Sondergenehmigung für den Glyphosateinsatz nicht verlängern zu lassen. Aber nicht nur der Kreisbauhof soll auf Unkrautvernichter verzichten. Auch der Einsatz auf landwirtschaftlichen Flächen, die dem Landkreis gehören und verpachtet sind, soll laut SPD untersagt werden. Wie Anita Engel-Niederhammer, die Leiterin der Unteren Naturschutzbehörde, erklärte, bezieht sich das nicht nur auf die knapp 20 Hektar Landkreisgrund an Straßenrändern, sondern auch auf 600 Hektar, die laut Ökoflächenkataster als Ausgleichsflächen ausgewiesen sind. Und auf 1180 Hektar, die Landwirte vom Kreis angepachtet haben und nach strengen Naturschutzrichtlinien bewirtschaften. "Überall dort darf sowieso kein Glyphosat verwendet werden", versichert Engel-Niederhammer. Und in eine ähnliche Richtung zielt die Stellungnahme der Kreisbauernschaft - allerdings mit einem scharfen Unterton. Die Landwirte fordern eine Ablehnung der ersten drei Punkte des Antrags. "Wenn Pächter von landkreiseigenen Flächen diese nach bestehendem Recht bewirtschaften, ist das in Ordnung! Wer anders denkt, zweifelt an unserem Rechtsstaat", heißt es. Und weiter: "Alle sollten informiert werden, dass man einen Einsatz nicht noch mal verbieten muss, der schon verboten ist."

Vohburgs Bürgermeister Martin Schmid (SPD) stellte daraufhin den eigenen Antrag zurück - und gab sich damit zufrieden, dass er nach einer Abstimmung unter allen 19 Landkreisbürgermeistern und somit erst in der übernächsten Kreistagssitzung abschließend behandelt wird. Denn einige dieser Bürgermeister im Sitzungssaal waren es, die den ganzen Remmidemmi nicht nachvollziehen konnten. Neben Schmid versicherten auch Baar-Ebenhausens Ludwig Wayand, Schweitenkirchens Albert Vogler, Hohenwarts Manfred Russer (alle CSU) und Geisenfelds Christian Staudter (Aktive Unabhängige Liste), dass in ihren Gemeinden und in jenen aller Kollegen, mit denen sie bisher gesprochen hätten, längst kein Glyphosat mehr zum Einsatz komme.

Kerstin Schnapp (Grüne) wies noch darauf hin, dass es doch ungerecht sei, dass die Kommunen zwar selbst auf den Einsatz des Mittels verzichten würden, der Kreisbauhof aber auf den mitten durch diese Gemeinden führenden Kreisstraßen Glyphosat dennoch verwenden würde. Aber da war die Debatte schon derart unübersichtlich, dass sich Landrat Wolf genötigt fühlte, die Einschätzung der Bürgermeister und weitere Informationen abzuwarten, damit der Kreistag frühestens im April oder Mai einen Beschluss fassen kann.

Dass die Stadt Pfaffenhofen mit dem Kreisbauhof bereits eine Sondervereinbarung getroffen hat, wonach dieser auf Kreisstraßen auf Pfaffenhofener Grund kein Glyphosat einsetzen darf, verzwurbelte den Knoten nur noch mehr. Und das alles wegen eines Verbots, das sowieso schon besteht - und wegen 1,5 Litern Round-up, die der Kreisbauhof spätestens jetzt sowieso ganz schnell im Sondermüll entsorgen wird.

ANTRAG DER SPD-FRAKTION

Der Kreisbauhof verzichtet auf den Einsatz von Glyphosat zur Grünanlagenpflege und der Kreisstraßen im Landkreis. Wir gehen davon aus, dass insofern der Kreisbauhof seine Ausnahmeregelung beim Amt für Landwirtschaft für einen Glyphosateinsatz nicht beantragt. Private Dienstleistungsunternehmen, die den Auftrag zur Pflege öffentlicher Flächen erhalten, werden ebenfalls zu einem Pestizidverzicht verpflichtet.

Die Kreisverwaltung prüft bei verpachteten landkreiseigenen Flächen, ob Pestizide eingesetzt werden. Wenn ja, wird künftig bei der Bewirtschaftung der Einsatz von chemisch-synthetischen Pestiziden, glyphosathaltigen Mitteln und Neonicotinoide unterbunden.

Der Landkreis setzt sich ein, dass die Gemeinden auf ihren gemeindeeigenen Flächen ebenfalls auf den Einsatz von Glyphosat verzichten.

Der Landkreis initiiert, wie beispielsweise die Stadt Vohburg, bienen- und insektenfreundliche Blühflächen und Projekte.

Die Bevölkerung wird in geeigneter Weise über die Bedeutung von Biodiversität in der Stadt informiert und es werden gleichzeitig Möglichkeiten zum Schutz von Bestäubern wie Bienen und Wildbienen sowie giftfreie Maßnahmen beim Gärtnern aufgezeigt. | PK