Eichstätt
Poesie aus der Luft

Die Luftbildarchäologen Rudi Hager und Michael Hoedt präsentieren eine faszinierende Fotoausstellung

08.07.2019 | Stand 23.09.2023, 7:41 Uhr
  −Foto: Kusche/Hager/Hoedt

Eichstätt (EK) Rund 36 Jahre haben sie ihre Heimat und deren lange Geschichte mit Herzblut von oben erkundet, liebevoll werden sie auch die "fliegenden Trüffelschweine" genannt: Fotograf und Heimatforscher Rudi Hager und Pilot Michael Hoedt.

Sie kennen jeden Quadratmeter der Region wie ihre Westentasche. Auf Einladung von Galerist und Buchhändler Christof Cebulla zeigen sie in ihrer Ausstellung "Vom Himmel hoch" eine Auswahl ihrer beeindruckenden Luftbilder.

Wenn Michael Hoedt von seinen Flügen über die Altmühlregion zusammen mit Rudi Hager berichtet, gerät er sofort ins Schwärmen: "Wir waren ein perfektes Team - beide an Fotografie, Heimatforschung und Archäologie interessiert und mit einem Motorsegler preiswert, leise und immer genau im richtigen Tempo für unsere Luftaufnahmen unterwegs über den geschichtsträchtigen Orten der Region", schmunzelte Michael Hoedt bei der Eröffnung der neuen Ausstellung. Begonnen haben die beiden Freunde im Jahr 1983, als Hoedt und Hager sich mit einem Motorsegler vom Fliegerclub Eichstätt zu ihrem ersten Überlandflug auf Jagd nach Bodendenkmälern begaben. Im Laufe der zurückliegenden drei Jahrzehnte entdeckten sie unzählige verborgene Schätze im Naturpark Altmühltal, die nur aus der Luft zu erkennen sind: Grundmauern von römischen Bauernhöfen, militärischen Stützpunkten, Brücken und römischen Bädern sowie vieler weiterer wichtiger historischer Stätten. Sie alle spiegeln die Faszination und Bedeutung der Luftbildarchäologie für die Denkmalforschung wider, die -so wie im Falle von Hoedt und Hager - auch durch das große persönliche Interesse und Engagement von Hobbyforschern ungeheuren Erkenntniszuwachs erhielt.

Von der Steinzeit bis in die Moderne mit einem Schwerpunkt auf die Römerzeit reichen die Funde, die die beiden Hobbyforscher auf inzwischen sage und schreibe 200000 Dias Fotos festgehalten haben. Sie alle zeigen das ganze Spektrum faszinierender Schätze, die sich in unserer Region unter dem Boden finden ließen, trüge man eine Schicht von etwas 50 cm bis einem Meter Erde ab: "Aus der Luft sieht die Welt völlig anders aus", lacht Rudi Hager vielsagend und zeigt auf seine Lieblingsfotos, die archäologisch interessante Spuren präsentieren. Diese Spuren würden als "Störungen" in der Kulturlandschaft sichtbar, erläutert er. Die Forscher unterschieden zwischen oberirdischen Störungen, wie Gräben, Grabhügel, Wällen oder Baureste, und unterirdischen Störungen, wie Bewuchs- und Feuchtigkeitsmerkmale oder Verfärbungen. Oberirdische Störungen und Strukturen, so Hager, könnten in der Regel ganzjährig erkannt und dokumentiert werden. Anders verhalte es sich bei unterirdischen Strukturen: hier müssten viele verschiedene Faktoren wie Bewuchsart, die Art der Bearbeitung des Bodens, das Wetter oder der Sonnenstand zusammenkommen. Gerade über Mauerresten oder auch über in den letzten Jahrhunderten ausgefüllten Gräben entwickelten sich oft Vegetationsanomalien, die dann nur im Luftbild ausgemacht werden können: "Über Mauerresten trocknet der Boden schneller als über ausgefüllte Gräben ab", erklärt Hager.

Mit der Luftbildarchäologie sei in den 1970er Jahren ein völlig neues Medium gefunden worden, um Bodendenkmäler zu dokumentieren, ergänzte auch Pilot Michael Hoedt, der über Kontakte von Kreisheimatpfleger Karl Heinz Rieder Rudi Hager im Motorfliegerclub kennengelernt hat. Viel haben sie gemeinsam erlebt, so die Entdeckung des römischen Hofs, der heutigen museal aufbereiteten "Villa Rustica" in Möckenlohe, auf deren Mauerreste Landwirt Michael Donabauer zwar schon 1963 stieß, deren haarscharfe Grundrisse aber erst 1984 durch die Luftaufnahmen von Hager und Hoedt zum Vorschein kamen - Grundrisse eines römischen Gutshof, der im 1. Jahrhundert nach Christus erbaut worden war.

So zeigt die Fotoausstellung "Vom Himmel hoch" auch die ganze Bandbreite der begeisterten Motorsegler, Fotografen und Heimatforscher: der faszinierende Blick von oben auf den Karlsgraben, auf die malerische Kirche Böhmfelds, den Bechthaler Weiher mit seinen Hügeln rundherum, die einst Kultplätze waren, ein einzigartiges Foto aus Attenfeld, auf dem man aus der Luft die Umrisse eines einstigen kleinen Weihers sowie eine daneben liegende kleine Siedlung ausmachen kann. Doch staunend bleibt der Besucher vor allem vor den wunderbaren "Nebelbildern" Eichstätts stehen: Mystisch anmutend liegt eine dünne Wolkenschicht einmal über der malerisch um den Bergrücken der Willibaldsburg sich windenden Altmühl, ein anderes Mal direkt auf der Eichstätter Altstadt, aus der nur die Türme des Doms und des Rathauses stolz herausragen. Auch das Sankt-Walburg-Kloster haben Hager und Hoedt fotographisch wunderbar eingefangen und seine erhöhte Lage eindrucksvoll herausgestellt. Dies sei nicht nur Heimatforschung und herausragende Fotographie, so beurteilt Galerist Christof Cebulla die Fotographien begeistert: "Das ist zauberhafte Poesie aus der Luft! "

Die Ausstellung in der Galerie der Buchhandlung Christof Cebulla, Ostenstraße 2 ist noch bis zum 18. September zu sehen. Geöffnet ist sie jeweils montags bis freitags von 9 bis 12 und 14 bis 18 Uhr.

Dagmar Kusche