Hilpoltstein
Plötzlich ohne direkten Draht

Vor einem Jahr: Marlene Mortlers Erfolg bei der Europawahl bedeutet Roths Verlust in Berlin

25.05.2020 | Stand 23.09.2023, 12:07 Uhr
Für 2021 ist Roth an der Reihe: Die CSU-Kreisvorsitzenden Norbert Dünkel (links), und Volker Bauer, gratulieren hier Marlene Mortler - aus dem Nürnberger Land - bei der Nominierung im November 2016 zur fünften Kandidatur für den Bundestag. −Foto: Schmitt, Archiv

Hilpoltstein - Auf den Tag genau vor einem Jahr - am 26. Mai 2019 - ist es passiert.

Die hiesige CSU-Bundestagsabgeordnete Marlene Mortler reüssierte bei der Europawahl. Ab dem Zeitpunkt war klar, dass der Landkreis Roth - und mit ihm das Nürnberger Land - nun niemanden mehr in Berlin haben wird. Denn wenn Mortler nach Europa geht, wird sie ihr Bundestagsmandat abgegeben müssen. Was sie dann am 1. Juli 2019 auch getan hat.

Jeder Wahlkreis hat im Bundestag nach der Wahl immer mindestens einen Abgeordneten - das Direktmandat. Sollte der oder die es nicht mehr ausüben können, wird die Nachfolge nicht über den Wahlkreis, sondern über die Liste geregelt. Für Marlene Mortler rückte Astrid Freudenstein, Regensburgs 2. Bürgermeisterin, über die Liste ins Parlament nach.

Ursprünglich gehörte der Altlandkreis Hilpoltstein allerdings nicht zu Roth, sondern zum Bundestagswahlkreis Weißenburg. Der umfasste einst die kreisfreien Städte Weißenburg und Eichstätt sowie die Landkreise Weißenburg, Gunzenhausen, Hilpoltstein, Dinkelsbühl, Eichstätt und Feuchtwangen. Dies war auch noch im Jahr der Gebietsreform von 1972 so. Der Wahlkreis wurde bei allen Bundestagswahlen zwischen 1949 und 1972 vom langjährigen Bundespostminister und späteren Bundestagspräsidenten Richard Stücklen (CSU) aus Heideck gewonnen.

Erst zur Bundestagswahl 1976 kam es zu einer Neuordnung der Wahlkreise in Mittelfranken. Das Gebiet des aufgelösten Wahlkreises Weißenburg wurde auf die Wahlkreise Roth, Ansbach und Ingolstadt aufgeteilt. Der damals entstandene Wahlkreis Roth (Wahlkreis 246) umfasst seither die Landkreise Roth und Nürnberger Land. Am Wahlsieger änderte das allerdings nicht, einschließlich der Wahl 1987 war dies Richard Stücklen.

1990 gab es gleich zwei Veränderungen, zum einen war nun Hansgeorg Hauser der Direktkandidat der CSU und mit Verena Wohlleben zog über die Liste auch die Kandidatin der SPD für den Wahlkreis 246 in den Bundestag ein. Das Direktmandat holte natürlich CSU-Mann Hauser, der es 1994 und 1998 erfolgreich verteidigte. Ab 2002 machte das dann insgesamt fünfmal Marlene Mortler. Verena Wohlleben blieb bis 2005 im Bundestag, seither hat es aus dem Wahlkreis Roth niemand mehr aus der SPD in den Bundestag geschafft.

Keinen eigenen Abgeordneten in Berlin zu haben, ist nicht optimal, das weiß auch der hiesige Landtagsabgeordnete Volker Bauer. Gleichwohl verweist er darauf, dass man mit Sebastian Brehm, Artur Auernhammer und Michael Frieser drei Betreuungsabgeordnete aus Nachbarkreisen habe, an die man sich wenden könne. Auch habe die CSU eine starke Landesgruppe in Berlin. "Das ist schon eine Einheit. " Trotzdem habe man natürlich auf Fragen schneller eine Antwort und komme früher an Informationen, wenn jemand aus den eigenen Reihen vor Ort sei, so Bauer. "Und es geht ja auch ums Mitgestalten und Optimieren. " Gewissermaßen also schon ein kleines Dilemma? "Ja, aber kein Schaden ohne Nutzen, jetzt haben wir Marlene Mortler in Brüssel. " Aber man wolle auf allen Ebenen von Bezirk bis Europa vertreten sein.

Für die nächste Bundestagswahl im Herbst 2021 darf die Rother CSU wieder den Kandidaten stellen. Das geschieht im Wechsel, Hauser war aus dem Landkreis Roth, Marlene Mortler aus dem Nürnberger Land. Das sei zudem mit den Kollegen im Nürnberger Land bereits geklärt, sagt Bauer. Ein wichtiger Punkt, denn wenn es Kampfabstimmungen wie in Weißenburg und Ansbach gebe, hinterlasse das Spuren. Zumal das Nürnberger Land zahlenmäßig stärker ist.

Für Bauer und die Kreis-CSU geht es nun darum, jemanden zu finden, der "Perspektiven für mindestens drei Perioden hat", zudem politische Erfahrung und "das Menschliche müsse passen". Angeklopft hätten bereits drei Mitglieder aus dem Kreisverband. Wer, das will er nicht verraten, auch nicht, wer sein persönlicher Favorit für den Posten in Berlin wäre. Aber wenigstens so viel: "Ich könnte mit allen Dreien. "

HK

Rainer Messingschlager