Ingolstadt
Plaudern mit einer Sopranistin

Annette Seiltgen traf sich nach ihrem jüngsten Konzert mit Schülern des Reuchlin-Gymnasiums

06.11.2014 | Stand 02.12.2020, 22:01 Uhr

Detaillierte Antworten auf fachkundige Fragen: Die Sopranistin Annette Seiltgen kam nach ihrem Konzert am Mittwoch gestern ins Reuchlin-Gymnasium - Foto: Engel

Ingolstadt (DK) „Meet the Artist“ ist an Ingolstadts Schulen keine unbekannte Veranstaltung mehr. Seit vielen Jahren organisiert der Konzertverein die Treffen, bei denen Künstler, die abends konzertieren, Schulen besuchen und über ihre Tätigkeit sprechen.

Am Donnerstag lief „Meet the Artist“ jedoch einmal ganz anders ab. Am Reuchlin-Gymnasium bereiteten die neunten Klassen in fünf Fächern (Musik, Deutsch, Geschichte, Kunst und Religion) die Weimarer Republik und den Nationalsozialismus bezogen auf die Musik auf. Anschließend besuchten die Schüler am Mittwochabend geschlossen den Liederabend der Sopranistin Annette Seiltgen, die einst selbst am Reuchlin-Gymnasium das Abitur abgelegt hat. Sie sang Lieder von Erich-Wolfgang Korngold (1897-1957), Richard Strauss (1864-1949) und Kurt Weill (1900-1959) unter dem Motto „Alte Heimat – neue Heimat“. Und erst danach besuchte die Sängerin mit ihrem Pianisten Jan Gerdes die Schule, um in der großen Pausenhalle zusammen mit den Schülern Rückschau zu halten und sich den Fragen zu stellen, die während des Konzerts aufgetaucht waren.

Zunächst wurden die Schüler allerdings von Musiklehrer Robert Aichner, der das ganze Projekt initiierte, kräftig gelobt: „Ihr habt gestern einen höchst künstlerischen Abend erlebt, der sehr viel Kondition braucht. Aber ihr habt das alle sehr gut gemacht. Ihr war aufmerksamer als mancher erwachsener Konzertgänger. Eine tolle Leistung. Wenn ihr Lust habt, geht öfter ins Konzert.“

Dazu animierte auch Direktorin Edith Philipp-Rasch, die den Schülern einen Jahresbericht des Reuchlin-Gymnasiums aus dem Jahr 1984 präsentierte, in dem Annette Seiltgen abgebildet ist.

Anschließend erklärte die Sopranistin, wie sie auf das Programm „Alte Heimat – neue Heimat“ gekommen war. „Ich war mit Kurt Weill beschäftigt und das Motto schoss durch meinen Kopf. Außerdem bin ich großer Strauss-Liebhaber. So suchte ich mir ein Kontrastprogramm.“

Auf das Programm, für das zum einen eine gut ausgebildete Opernstimme nötig ist und auf der anderen Seite eine gute Theaterstimme, bereitete sie sich ein halbes Jahr vor. Gerade dieser Kontrast warf die Frage bei den Schülern auf, ob die Übergänge zwischen Operngesang und theatralischer Sprechgesang sehr schwierig sei und ob die Theatereinlagen auf der Bühne geplant oder improvisiert waren. Annette Seiltgen ging auf jede Frage sehr detailliert ein. So wurde an diesem Vormittag viel weniger über politische Geschichte und Musikgeschichte – also über das Programm – gesprochen, sondern viel mehr über den Beruf des Musikers und den Berufsalltag eines Musikers beziehungsweise eines Sängers. Hier beschönigte Annette Seiltgen nichts. Sie hielt den Schülern ganz klar vor Augen, dass das Künstlerdasein ein hartes Brot ist – finanziell wie emotional.

Passend zum herbstlich- feuchten Wetter tauchte die Frage auf, was Seiltgen mache, wenn sie erkältet sei. „Das sind die einsamsten und schwierigsten Momente und Entscheidungen. Singt man oder singt man nicht“, gestand die Sopranistin.