Plädoyer für integrative Gesamtschule

30.10.2009 | Stand 03.12.2020, 4:32 Uhr

Diskutierten über die Chancen einer integrativen Gesamtschule (von links): Hartmut Malecha, Hans-Ulrich Pfaffmann, Maximilian Frisch (Moderation), Veronika Kopf, Christopher Knoll (Vorsitzender Studentischer Konvent), Professor Wolfgang Schönig und Jan Heiermann (Vorsitzender Juso-Hochschulgruppe). - Foto: Weigl

Eichstätt (EK) Ein bunt gemischtes Publikum war der Einladung des Studentischen Konvents und der Juso-Hochschulgruppe der KU zu einer Podiumsdiskussion zur Bildungspolitik gefolgt. Diese geriet zu einem Plädoyer für die integrative Gesamtschule.

Unter dem Titel "Die Gesamtschule neu denken – Möglichkeiten und Perspektiven einer nachhaltigen Schulentwicklung" diskutierten Veronika Kopf vom BLLV Eichstätt, Hartmut Malecha, Schulleiter der Volksschule Feuchtwangen-Land, Hans-Ulrich Pfaffmann, bildungspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, und Wolfgang Schönig, Professor für Schulpädagogik an der KU. Die eingeladenen Gäste der CSU konnten aus terminlichen Gründen nicht an der Veranstaltung teilnehmen.

Den Zuhörern im Hörsaal der Universität bot sich dennoch ein interessanter Gedankenaustausch über die Vorteile der integrativen Gesamtschule, ohne dass dabei jedoch zu sehr auf etwaige negative Aspekte eingegangen wurde.

Das Konzept der integrativen Gesamtschule sieht ein gemeinsames Lernen aller Schüler vor. Die individuelle Förderung je nach Leistungsniveau findet in Förder-, Grund- oder Erweiterungskursen statt. In drei Kurzreferaten stellten die drei männlichen Gäste der Runde anfangs ihre Sichtweisen auf das Thema integrative Gesamtschule vor. Schon hier deutete sich die Übereinstimmung an, die sich durch den gesamten Abend trug.

Professor Wolfgang Schönig sprach vom ständigen "Beweisdruck der Gesamtschule", die man nicht einfach mit den Ganztagesschulen gleichsetzen dürfe. Für ihn stand letztendlich fest, dass das dreistufige Schulsystem mit Hauptschule, Realschule und Gymnasium von zu vielen Unzulänglichkeiten geprägt sei, denen mit einer Gesamtschule besser begegnet werden könne.

Auch SPD-Bildungspolitiker Hans-Ulrich Pfaffmann schlug in dieselbe Kerbe: In Bayern herrschten signifikante Bildungsungerechtigkeit, eine zu starke Selektion von Kindern und wesentliche regionale Strukturunterschiede vor. Nur ein Umdenken in der Bildungspolitik könne hier weiterhelfen – und zwar nicht nur mit dem Namen der Schule sondern von Grund auf.

"Momentan stülpt sich die Schule über die Kinder. Die Schule muss sich aber an die Kinder anpassen", forderte er: individuellere Betreuung, längeres gemeinsames Lernen, eine Pädagogik der Nachhaltigkeit und kein "bulimisches Lernen". Unverständnis äußerte er hier gegenüber der bayerischen Staatsregierung und deren striktem Festhalten am dreistufigen System. Hartmut Malecha, der früher in einem Pilotprojekt an der Gesamtschule in Treuchtlingen unterrichtete, schilderte seine guten Erfahrungen mit dem Konzept. Lediglich bei der Umsetzung seien kleinere konzeptionelle Fehler begangen worden. Aus diesen Fehlern habe man aber mittlerweile gelernt und könne es besser machen, war sich die Runde einig.

In direkter Konkurrenz zum etablierten Schulsystem in Bayern könne sich aber das Potenzial der integrativen Gesamtschule nicht entfalten. Das Gros der Gegner des integrativen Gesamtschulkonzepts wurden in den Lehrerverbänden und bei den Eltern ausgemacht. Hier helfe nur langfristige Aufklärung, betont Schönig. Schule müsse aus mehr als nur Noten bestehen, die Gesellschaft brauche Schüler mit Rückgrat und mit sozialer Verantwortung.

Das Konzept der integrativen Gesamtschule könne langfristig die Erfolgszuversicht der Schüler steigern, führe zu weniger Versagensängsten. Dass eine integrative Gesamtschule dies alles leisten könne, darüber war sich die Runde nach knapp zwei Stunden Diskussion noch genau so einig wie zu Beginn der Veranstaltung.