München
Pionier der Vermessung

Münchner Ausstellung über den Ingolstädter Mathematiker Philipp Apian und seine "Große Karte von Bayern"

27.11.2013 | Stand 02.12.2020, 23:22 Uhr

Sogar einen Erdglobus fertigte der Mathematiker Apian im Auftrag des Herzogs Albrecht V - Foto: Bayerische Staatsbibliothek

München (DK) Die „Große Karte von Bayern“, die der Ingolstädter Mathematiker Philipp Apian vor 450 Jahren fertigstellte, existiert nicht mehr. Das Renommierstück von Herzog Albrecht V., diese mehr als 40 Quadratmeter große, detailgenaue Darstellung Bayerns, wurde von Mäusen zerfressen, die Reste 1782 als wertloser Plunder verbrannt.

Deshalb muss sich die Ausstellung zu Ehren Apians in der Bayerischen Staatsbibliothek mit einer Reproduktion der 24 Bayerischen Landtafeln behelfen, die nun als riesige Fahne im Treppenhaus hängt. Aber dem Genie Apians wird große Ehre erwiesen in Schatzkammer und Fürstensaal, und Ingolstädter Exponate kommen nicht zu kurz in dieser Schau, die vom Landesamt für Vermessung und Geoinformation sowie von der Bayerischen Staatsbibliothek entwickelt wurde.

Die Vermessung, die Apian im jungen Alter von 23 Jahren „schier sechs oder sieben Summer“ lang beschäftigte, umfasste ein Gebiet von 50 000 Quadratkilometern. Dies war nicht das gesamte Bayern – weder die Region am Bodensee noch Unterfranken werden bereist, auch die Oberpfalz wird erst im 18. Jahrhundert ergänzt. Dem Herzog ging es 1554 vor allem um jenes Kernland, in dem es religiös zu brodeln begann. Denn die 1563 fertig gestellte Karte führt einen Machtanspruch vor – und ein Beharren auf dem Katholizismus.

Möglicherweise ahnt dies der Wissenschaftler Apian noch nicht, als er mit drei Pferden und zwei Gehilfen loszieht. Ungezählt sind die roten Punkte mit schwarzem Kreuz, die auf den Konzeptrollen als jene Stellen vermerkt werden, wo er vor Ort war. Sein Kapital aber sind 54 Festpunkte in Bayern, die sein Vater Peter Apian aufgrund von astronomischen Messungen mit exakten Längen- und Breitengraden bestimmt hat. Diese Grundlage sorgte dafür, dass das Kartenbild von Philipp Apian nur ganz geringe Abweichungen aufweist gegenüber modernen topographischen Karten. Ein Fachmann wie Günther Koch, ehemaliger Leiter des Bayerischen Vermessungsamtes, lobt Apian als „Pionier der bayerischen Vermessung und Begründer der bayerischen Kartographie“.

Vermessen wurde damals mit dem Jakobsstab und dem Quadranten – diese Instrumente werden in der Schau gezeigt. Und auch der Schritt des Vermessers, der in einer bestimmten Länge eingeübt wurde, half bei der Abschätzung von Entfernungen. Alles, was im Sommer erforscht wurde, trug Apian in ein Notizbuch ein – es wird zusammen mit aquarellierten Zeichnungen von Ortschaften und Burgen in der Schatzkammer gezeigt und stammt aus dem Nachlass, der in der Bayerischen Staatsbibliothek ruht. Hinzu kommen ausführliche Aufzeichnungen in einem dicken Buch – diese Verschriftlichung von bayerischen Ortsnamen und lateinischen Erläuterungen war wohl die allabendliche Arbeit im Quartier. Erst im Winter wurden dann die Ergebnisse auf lange Papierrollen gezeichnet.

Wichtig waren auf der Karte Bayerns nicht die Straßen, die damals über Stock und Stein führten, sondern die Position von Ortschaften, Bergwerken und Weinanbaugebieten (wie an der Altmühl und bei Regensburg), des Weiteren der Verlauf der Flüsse und ihre Brücken. Gezeichnet im Maßstab 1:45 000 wurde die riesige Karte verkleinert auf Holzstiche im Maßstab 1:144 000, genannt die „24 Bayerischen Landtafeln“. Diese hatten fast 250 Jahre Bestand – selbst Napoleon verwendete sie für seine militärischen Aktionen, gab aber dann eine genauere, modernere Version in Auftrag. Wer heutzutage sein Smartphone benutzt und somit aktuelle Karten ständig in der Tasche trägt, der sollte sich erinnern an den Mathematiker aus Ingolstadt, der sogar einen Erdglobus fertigte. In der Ausstellung werden die Daten dieses Erdballs von 1576 mit einem Durchmesser von 76 Zentimetern auf einen 3D-Globus übertragen, der sich via Touch-Screen bedienen lässt. War es früher ein Privileg von Herzog Albrecht V., diesen Globus zu drehen und zu studieren, kann das heute jeder Ausstellungsbesucher tun.