Roth
Pfiffiges Musical entführt in alte Zeiten

Ensemble und Stadtorchester Roth liefern in der Kulturfabrik eine fantastische Leistung ab

09.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:50 Uhr

Dieses Ensemble überzeugt das Publikum in der Rother Kulturfabrik. - Foto: Schmitt

Roth (HK) Das war eine fantastische Leistung des gesamten Ensembles, insbesondere des Rother Stadtorchesters. Mit "Stairways to Heaven" haben Dirigent Walter Greschl und seine Musiker wieder ein Musical auf die Bühne der Kulturfabrik gebracht. Diesmal eine Revue mit Zeitreise in die 1970er- und 1980er-Jahre.

Bei der Premiere am Donnerstag unterstrich das Stadtorchester sein hohes Niveau. Vom ersten Intro bis zur letzten Fanfare war das Spiel des fast 50-köpfigen Blasorchesters Kernstück und Gerüst des originellen Singspiels zugleich. Sänger, Darsteller und Tänzer fiel es nicht schwer, kongenial zu agieren. Entstanden ist das herrliche Panoptikum einer bewegten Epoche, deren Lieder zu zeitlosen Hymnen geworden sind.

Bekannte Pop- und Rocksongs der Spanne von 1974 bis 1989 bildeten den Rahmen einer unterhaltsamen Geschichte, die viele Ereignisse der Zeit von der ersten Fußballweltmeisterschaft in Deutschland bis zur Wiedervereinigung aufleben ließ - verwoben mit persönlichen Schicksalen und den gesellschaftlichen Fragen der Zeit. Aids, Drogen, der erste Apple-Computer, RAF-Terrorismus, Tschernobyl und die Suche nach Selbsterfüllung: Die Treppe zum Himmel ist also keineswegs eine freie Autobahn.

Der Regie von Frank Harzbecker gelang es, die durchaus komplizierte Fahrt durch verschiedene Zeitebenen mit Rückblenden, Themensprüngen und einer dezenten Rahmenhandlung für das Publikum transparent und durchschaubar zu machen. Ein Publikum, von dem viele diese 15 Jahre gewiss selbst erlebt haben.

Das machte es einfacher, der fantasievollen Story zu folgen: Von Steve Jobs Garage, in der der erste Mac entstanden ist, über die Schwulenszene San Franziskos bis zur Marihuanaplantage in der fränkischen Provinz, die Heiner schließlich in Richtung indischen Ashram verlässt. Seine große Liebe Michaela steigt unterdessen zur Brokerin auf. Den Sprung über den großen Teich zur Wallstreet inklusive. Thomas, der homosexuelle Programmierer aus Bergisch-Gladbach, bringt die Mac-Macher auf die Idee, ein Smartphone zu bauen, während er sich in Jamey verliebt. Der Aids-Tod trennt das Paar auf furchtbare Weise. Thomas kehrt zurück, eröffnet einen Computerladen in Berlin und versöhnt sich vor der Mauer am Brandenburger Tor mit seinen Eltern.

Mattes und Sabine sind ebenfalls ein Liebespaar, das es nicht leicht hat. Schließlich stammt er aus der DDR, sie aus dem Westen. Mattes' Vater ist ein Muster-Sozialist: Informeller Stasimitarbeiter, NVA-Offizier, Held der Arbeit. Es dauert lange, bis er den Fall der Mauer akzeptiert. Bis dahin stellt er sich selbst dem Glück seines Sohnes in den Weg. "Hier ist die Grenze", beharrt er, als Matthes und Sabine sich in die Arme fallen wollen. Zu guter Letzt wartet aber auf alle ein Happy End, was auch ein bisschen einem Wunder gleichkommt. Schließlich wacht Schutzengel Summer unter Anleitung des Erzengels Gabriel über das Schicksal der Hauptpersonen.

Lebendig, pfiffig und fröhlich kommen die Tänzer der Schwabacher Tanzschule Bogner daher. Ihnen ist die große Freude anzumerken, mit der sie Spiel und Tanz präsentieren. Die 20-köpfige Gruppe überzeugt von der ersten bis zur letzten Minute. Die Choreographie stammt aus der Hand von Harald Bogner, der den relativ kleinen Raum zu nutzen versteht, ohne dabei auf bloße Effekte zu setzen. Handlung, Musik, Songs und Moves ergänzen sich perfekt zum Spiegelbild jener Zeit.

"True Colors" von Cindy Lauper, "Smoke on the Water" von Deep Purple, "Über Sieben Brücken musst du gehen" von Carat und das WM-Lied "Fußball ist unser Leben" eröffnen ein buntes Popkaleidoskop, das mit "There must be an Angel" von den Eurythmics und "Celebration" von Kool & The Gang um weitere Farben bereichert wurde.

Höhepunkt war aber der Klassiker aus dem US-Musical-Streifen Grease. Peter Thoma als Mattes und eine ganz wunderbare Christina Schmalzl als Sabine zaubern "You're the one that I want" samt origineller Choreographie und authentischer Attitüde in ein DDR-Wohnzimmer mit Wodka und Broiler. Veronika Thoma spielt und singt die adrette Bankkauffrau Michaela: hin- und hergerissen zwischen Feminismus und Karriere auf der einen und ihrer Liebe zu einem Junkie auf der anderen Seite. Andreas Scharrer als Heiner mit Joint und Gitarre liefert zwar kein Plädoyer für die Legalisierung von Cannabis, kommt aber auch als Marihuanadealer nicht völlig unsympathisch daher.

Alles in allem eine ebenso aufsehenerregende wie kurzweilig-unterhaltsame Inszenierung mit engagierten Darstellern und einem Stadtorchester, das die Krone aufsetzt. Dies war nur möglich durch die Unterstützung des Lions-Clubs Roth-Hilpoltstein, der Organisation, Marketing, Bewirtung und Produktionsfinanzierung übernommen hatte. "Der Erlös geht an den Förderverein des Stadtorchesters und an die Rother Tafel", sagte Lions-Club-Chef Werner Rupp.