Riedenburg
Pfarrer Rainer Maria Schießler besucht Riedenburger Volkfest

Der Geistliche zelebriert am Sonntag den Festgottesdienst

26.08.2018 | Stand 23.09.2023, 3:54 Uhr
Von Anfang an band Pfarrer Rainer Maria Schießler die Gläubigen mit ein und brachte sie zum Lachen. −Foto: Schmied, Kathrin, Schwabstetten

Riedenburg (DK) Kein Politiker, sondern ein Pfarrer hat sich am Volksfestsonntag in Riedenburg die Ehre gegeben: Rainer Maria Schießler zelebrierte einen Gottesdienst im voll besetzten Festzelt. Dabei kam gerade der Humor nicht zu kurz, der - schenkt man den Worten des Geistlichen Glauben - eng mit gelebtem Christentum verbunden ist.

 "Ich habe keinen Politiker vertrieben", schickt Pfarrer Rainer Maria Schießler von der Bühne herab zu der Schar der Gläubigen und meint damit den heuer ausfallenden politischen Frühschoppen, zu dem CSU-Generalsekretär Markus Blume hätte kommen sollen. Dort, wo man einen Politiker "verschnupfen" kann, wie der Geistliche es formuliert, sei er immer sofort mit dabei. "Ich habe die Einladung, nach Riedenburg zu kommen, wahnsinnig gerne angenommen", stellt er klar. Ihm sei nur wichtig gewesen, dass es zwischen Gottesdienst und politischer Rede eine Pause gibt. Und das habe zeitlich offenbar nicht geklappt, da Blume um 12 Uhr schon den nächsten Termin im Kalender stehen hatte. Schießler hat da gleich einen ganz eigenen Vorschlag für die Riedenburger: "In geraden Jahren kommt einfach ein Pfarrer zum Volksfest und in ungeraden ein Politiker."

Diskussionen scheut ein Rainer Maria Schießler nicht, und direkt ist er auch. Vor allem aber zieht der aus Funk und Fernsehen bekannte Münchner die Riedenburger mit seinem Humor auf seine Seite. Dass man bei einem Gottesdienst sitzen bleiben kann - Vaterunser und Segen einmal ausgenommen -, dürfte für viele ungewohnt gewesen sein. Dass es während der Messe spontanen Applaus und immer wieder herzhaftes Lachen gibt, ist wohl noch viel ungewöhnlicher. Aber gewöhnlich sollte Glauben auch nicht sein, wie Schießler immer wieder mit Beispielen betont. Das fange schon damit an, dass der Gottesdienst am Volksfestsonntag nicht in der Kirche, sondern im Festzelt stattfindet. "Man muss dahin gehen, wo die Menschen sind", sagt er. Wenn die Autobahnen voll und die Kirchen leer sind, was spreche dann dagegen, die Messe auf den Autobahnrasthof zu verlegen? Anstoßen, anders machen, neue Wege gehen: Dass sei die Botschaft, die Jesus zu vermitteln suchte. "Das hat nichts mit starrer Lehre zu tun, die haben die Menschen nach Jesus daraus gemacht." Für Schießler ist die Eucharistie nicht irgendein "Gedöns", die Grundaussage sei vielmehr, dass es den Menschen an nichts fehlt, dass man zusammenkommt, gemeinsam isst, trinkt und feiert. Wer Gott liebt, der genießt, lautet die Devise. Und wo das dann stattfindet, sei am Ende des Tages nicht wichtig.

"Wollt auch ihr gehen?", fragt Jesus seine Jünger im Johannesevangelium. Eine elementare Frage, so der Pfarrer. Die Jünger befinden sich in einer Krise. "Das heißt: Stunde der Entscheidung, die Chance, sich neu zu orientieren und etwas zu verändern", übersetzt Schießler und erklärt, dass diese Frage unglaublich frei macht. "Die Freiheit steht beim Christentum im Vordergrund. Dass ich mich selbst entscheiden kann, ob ich glaube, gibt mir als Christ meine Würde. Wir sind keine Zwangsgemeinschaft." Jesus wollte die Menschen nie zwanghaft an sich binden, habe nie Gehorsam gefordert. "So einen Schmarrn hat er nie geredet", ist sich Rainer Maria Schießler sicher. In Zeiten der Krise, der Not, sei es nicht ums Jammern gegangen, sondern darum, einfach anzufangen. Wie bei der Speisung der 5000 mit fünf Broten und zwei Fischen. Eine Grundschülerin habe in seinem Unterricht erkannt, um was es geht: Bevor das Essen verteilt wurde, hat Jesus darüber gebetet. "Nicht das Brot muss mehr werden, die Herzen müssen sich verändern", habe das Mädchen geschlussfolgert. "Heilig oder hochbegabt? Ihr könnt euch vorstellen, wie mich das umgehauen hat. Da sitzt man jahrelang in der Uni und keiner sagt einem das", sagt Schießler.

Und dann wird es doch politisch: Albanien und Irland haben sich bereit erklärt, die 150 auf der "Diciotti" in Sizilien festgesetzten Flüchtlinge, aufzunehmen. "Das sind zwei EU-Staaten von 27", moniert der Geistliche. Wobei die Briten ja nur noch mit einem Bein dazugehören würden. Das Schlimme am möglichen Brexit sei nicht, dass keine Gelder mehr fließen. "Der eigentliche Skandal, den keiner benennt, ist doch, dass die Briten aus dem Friedensprojekt Europa aussteigen", findet Schießler.

Das Ende der Messe fällt noch einmal sehr launig aus. Auch für die Otterzhofener Bergmusikanten, die die Messe musikalisch begleiteten, gibt es Lob vom Pfarrer. Als er die Bühne verlässt, wird er mit offenen Armen empfangen - und schreibt vor dem Mittagessen noch einige Autogramme.

Kathrin Schmied