Pfaffenhofen
Pfaffenhofener schneidet Beuteltier zurecht

Der 27-jährige Lucas Deschle hat als Editor am Film "Die Känguru-Chroniken" mitgearbeitet

10.03.2020 | Stand 02.12.2020, 11:46 Uhr
Marc-Uwe (Dimitrij Schaad) lebt im Film die "Die Känguru-Chroniken" mit einem Känguru in einer WG zusammen. Dass die beiden auf der Kinoleinwand gemeinsam Pfannkuchen machen können, dafür war auch der aus Pfaffenhofen stammende Cutter Lucas Deschle (kleines Bild) verantwortlich. −Foto: X Verleih/Deschle privat

Pfaffenhofen - Wie kommt ein sprechendes Känguru in einen Film?

Wie schafft es das Beuteltier, einen Porsche zu fahren oder sich einen Pfannkuchen zu backen? Lucas Deschle kann das erklären. Der gebürtige Pfaffenhofener hat als Cutter, als "Additional Editor" und erster "VFX-Editor" am Film "Die Känguru-Chroniken" mitgearbeitet, der in den Kinos angelaufen ist.

Der 27-Jährige ist in Pfaffenhofen kein Unbekannter: Er hat das Schyren-Gymnasium besucht, beim MTV in der ersten Mannschaft Handball gespielt, war als Vorstand des Jugendparlaments mit dabei, die Skatehalle zu verwirklichen, vor allem aber hat er sich einen Namen als Rapper gemacht. Mit seiner Gruppe Rapatitis ist er in der Skatehalle, im Jugendzentrum und sogar im Neuburger Jugendgefängnis aufgetreten, "wie damals Johnny Cash", sagt Deschle schmunzelnd.

Vor fünf Jahren wurde ihm für seine Musik Pfaffenhofen zu klein. Es zog ihn nach Berlin, "weil es da viel mehr Gleichgesinnte gibt", sagt Deschle, der an der TH Ingolstadt ein Studium der Erneuerbaren Energien angefangen hatte. An der FU Berlin studierte er geografische Wissenschaft und machte einen Abschluss.

Mit Film und Schneiden hat das alles nichts zu tun, wohl aber mit Toni Froschhammer. Auch der ist in Pfaffenhofen geboren, zog nach Berlin, war Musiker und Musikproduzent mit eigenem Tonstudio, stieg vor 20 Jahren in die Filmbranche ein und machte sich 2007 mit seiner Firma Schnittbar als Filmeditor selbstständig. Mit dem Regisseur Wim Wenders schnitt er einige Filme, "Pina", ein hoch gelobtes Werk über die Ballett-Tänzerin Pina Bausch, wurde für den besten Schnitt mit dem Preis der deutschen Filmkritik ausgezeichnet.

Deschle lief Froschhammer, der eine Generation älter ist, eher zufällig über den Weg. Er kam mit ihm über ein Musikvideo zusammen, das Froschhammer produzierte. "Und dann bin ich zum Toni gekommen", sagt Lucas Deschle, "er hat mir einen Schnittplatz gegeben, bei ihm hab ich gelernt. " Learning by doing - offenbar hat "der Toni" einen guten Riecher für Talente. Denn Deschle hat weder eine Filmhochschule besucht noch Mediendesign studiert. Aber einige Voraussetzungen hat er schon mitgebracht: "Auch als Musiker hat man mit Software zu tun; meine eigenen Songs habe ich selber gemischt. " Die Parallele zwischen Musik und Film, das sei ein "Grundgefühl", wie eine Komposition, bei der alles zusammenpassen muss, erklärt der 27-Jährige. Für die Känguru-Chroniken musste deutlich mehr zusammenpassen als für einen kurzen Song. Hunderte Stunden Material, sagt Deschle, die an 39 Drehtagen entstanden sind, mussten zur einem anderthalbstündigen Film komprimiert werden.

Die besondere Herausforderung: Der Film ist die erste deutsche Produktion mit einem animierten Charakter, in dem Fall das menschelnde Känguru, das den Anschein erweckt, als wackele da tatsächlich ein reales Beuteltier durchs Filmset. Tatsächlich aber ist es ein digitales Computer-Produkt, das später in den Film geschnitten wird. Damit die übrigen Darsteller nicht im luftleeren Raum agieren müssen, springt vorerst ein Animationsdarsteller als Platzhalter für das Känguru ein. Diese Sequenzen anschließend reinzuschneiden, auch das hat Lucas Deschle als "VXF Editor" im Team übernommen.

In dem Beruf ist laut Deschle sehr viel Einfallsreichtum gefragt: "In den 70er Jahren war das reines Handwerk, der Cutter bekam seine Anweisungen vom Regisseur. Heute ist sehr viel Kreativität gefragt, der Editor arbeitet so, wie er es für richtig hält. " Lösungen "aus einer Million Möglichkeiten" würden gemeinsam erarbeitet. "Das macht schon Spaß", sagt er.

Mit dem Känguru verbinden ihn im Übrigen erstaunliche Parallelen: Wie das Beuteltier wohnt er in Kreuzberg in einer WG. Und wie das Tier beklagt er die explodierenden Mietpreise. Das Känguru allerdings, eine Schöpfung des Liedermachers und Kabarettisten Marc-Uwe Kling, dessen Bücher inzwischen bei der Auflage die Millionenmarke geknackt haben, versteht sich als revolutionsversessener Kommunist, der einem Immobilienhai den Kampf angesagt hat.

Manchmal Sehnsucht nach der alten Heimat? "In Berlin läuft es super. Ich bin jetzt das dritte Jahr selbstständig. Das macht schon viel Spaß", sagt Lucas Deschle. Zwei-, dreimal im Jahr kommt er noch nach Pfaffenhofen, auf jeden Fall zum Humulus-Lupulus-Festival in Scheyern und zum Volksfest. "Pfaffenhofen", schwärmt der Wahl-Berliner, "hat sich seit der Landesgartenschau sehr gemacht. Das ist eine moderne, zukunftsorientierte Stadt geworden. "

DK