Eichstätt
Perlende Sinnlichkeit

Margret Köll bezaubert mit ihrem Harfenkonzert beim Musikfest Eichstätt

15.05.2019 | Stand 23.09.2023, 7:00 Uhr

Eichstätt (EK) Sie strahlt - und das nicht nur, wenn sie spielt.

Aber dann spiegelt sich sowohl auf ihrem Gesicht als auch im Klang ihres Instruments dieser innere Glanz, dessen Wirkung sich wohl kaum jemand entziehen kann. Margret Köll versteht es wie keine Zweite, jede noch so feine Nuance aus ihrer "Arpa doppia a tre registri", wie die korrekte philologische Bezeichnung für die italienische Barockharfe lautet, hervorzulocken.

Mit unvergleichlich grazilem Anschlag entfächert sie auf ihr das gesamte Farbenspektrum vom meditativen Funkeln bis hin zum kristallinen Glitzern. Dazu hat sie Originalliteratur sowie Adaptionen und Liedbearbeitungen aus dem 16. und 17. Jahrhundert in den restlos ausverkauften Spiegelsaal der Eichstätter Residenz mitgebracht. Der bietet den prunkvollen Rahmen für einen imaginativen einstündigen "Segelturn" von Italien bis nach England. Ausgehend von Neapel, der "Hochburg der Exzentrik", wie die Tiroler Musikerin sie bezeichnet, hat die singende Sirene Parthenope sie zu diesem Programm inspiriert, nach der die Stadt ursprünglich benannt war.

Und so eröffnet Köll den Vormittag mit einem dortigen Paradestück, der freien "Toccata Seconda" von Giovanni Maria Trabaci. Zart und sinnlich perlend strömen die silbrigen Töne in den Raum, scheinen schwerelos dahinzuschweben. Bei der Wahl und Anordnung der Stücke hat sich die Ausnahme-Harfenistin von den verschiedenen Klangfarben und -formen leiten lassen, davon, was sie zu sagen haben, wie sie choreographisch miteinander harmonieren. Bald gleiten ihre Finger sanft, fast zärtlich über die Saiten, dann wieder becirct sie durch leichtfüßige Virtuosität. Gesangstranskriptionen wie das populäre "Amarilli" von Giulio Caccini - in einer mit emotionsgeladenen Affekten gespickten Version des Briten Peter Philips - oder Girolamo Frescobaldis Aria "Se l'aura spira tutte vezzosa", das Margret Köll wie eine milde Brise zum Wehen bringt, changieren mit reinen Instrumentalwerken: Betörend, wie die international gefeierte Solistin etwa die "Galliard" von John Dowland mit galanter Eleganz durchwebt, wie sie zu Antonio de Cabezóns "Romance" spanisch koloriertes Flair versprüht. An den Phrasenenden lässt sie die melodisch-akkordischen Wendungen subtil verklingen, es ist, als spüre man weiterhin einen flimmernden Nachhall.

Dazwischen spricht sie über den Geist der Zeit, in der die Stücke entstanden sind und die sie so sehr fasziniert. Erzählt amüsante Anekdoten von "Giallonardo", dem einstigen "Harfenpapst" am Hof zu Neapel, wie auch aus dem Leben der Adelsfamilie Barberini: Denn in deren römischem Palast hängt noch immer ein Allegorie-Gemälde mit einer imposanten dreireihigen Harfe, welche man auch in natura im "Museo degli strumenti" in Rom bewundern kann - und nach deren Vorbild Kölls eigenes Instrument, eben ihre Barberini-Harfe, gebaut ist. Freilich ohne die üppig vergoldete Ornamentik, wie sie augenzwinkernd anmerkt. Außerdem hat sie noch ein weiteres Exemplar dabei: etwas kleiner und nicht wie das erste in F-Dur, sondern in C-Dur gestimmt. Spätestens, wenn sie auf diesem Modell Carlo Gesualdos exzentrische "Gagliarda del Principe di Venosa" zu musizieren anhebt, versteht man, warum ihre CD "L'Arpa di Partenope", die ebenso heißt wie das Konzertprogramm, mit dem Diapason d'or ausgezeichnet wurde. In majestätischer Extrovertiertheit greift Margret Köll hier durch die Register. Bevor sie als Krönung eine Toccata von Giovanni Girolamo Kapsperger intoniert: Aus dem pulsierend dahinstürmenden Rausch zaubert sie exaltierte und zugleich zartfühlend austarierte Wellenläufe und Arpeggien ans Licht. Das gebannte Publikum klatscht inbrünstig nach einer Wiederholung - die es prompt bekommt und somit noch länger im frühbarocken Harfengefilde verweilen darf.

Heike Haberl