stadtgeflüster
Patienten im Wartestand

10.07.2018 | Stand 02.12.2020, 16:06 Uhr

(tsk) Kennen Sie das?

Man lädt ein - natürlich legales - Programm aus dem Internet herunter und übersieht dabei ein automatisch gesetztes Häkchen - prompt holt man sich zusätzlich irgendeinen Schmarrn auf den Computer, den man nicht mehr wegbekommt. Sei es eine merkwürdige Yahoo-Leiste im Browserfenster oder ein nicht mehr wegzuklickendes Werbeprogramm, das fortan bei jedem Computerstart geladen wird. Dazu würde man sich mal eine vernünftige EU-Verordnung wünschen. Die neue Datenschutzverordnung dagegen hat gefühlt nur dazu beigetragen, dass man als Internetnutzer noch penetranter dazu aufgefordert wird, dem völligen Missbrauch seiner Daten zuzustimmen - andernfalls kann man den jeweiligen Dienst einfach nicht nutzen.

Jede Neuerung hat eben so ihre Tücken. Deswegen wohl benutzt Manfred Schuhmann, SPD-Stadtrat in der digitalen Zukunftsstadt Ingolstadt, auch heute noch kein Handy - Teufelszeug, diese Technik. Und einige von Schuhmanns Kollegen im Stadtrat zucken schon bei der bloßen Erwähnung des Wortes Livestream zusammen.

Im Klinikum hat man diese Woche auch Lehrgeld bezahlen müssen: Beim Start einer neuen Benutzeroberfläche für das Patientenaufnahme-Terminal lief es, höflich formuliert, nicht ganz so rund. Bisher mussten Neupatienten nur einmal auf den Bildschirm tippen, um eine Wartenummer zu erhalten. Da konnte man nicht viel falsch machen - aber offensichtlich erkannte man noch Optimierungspotenzial in diesem System. Statt mit einem Tippen die Wartenummer zu bekommen, wurden die Neuankömmlinge nun zuerst gefragt, ob sie einen Rollstuhl benötigten. Die Konsequenz war am Montagmorgen zu beobachten: Viele Patienten tippten instinktiv auf Ja - so ein Rollstuhl kann ja für allerhand Sachen ganz nützlich sein -, erhielten dann eine Wartenummer und wunderten sich, dass sie einfach nicht aufgerufen wurden - für die vermeintlichen Rollstuhl-Patienten war die eine behindertengerechte Kabine (mit Schiebetür) reserviert. So saßen mehrere Patienten verwundert im Wartebereich, während die meisten Aufnahme-Kabinen leer waren.

Immerhin fiel den Klinikums-Mitarbeitern bald auf, dass nicht plötzlich weit überdurchschnittlich viele Menschen mit Behinderung aufgenommen werden wollten, sondern dass schlicht das neue System nicht funktioniert. Zwei Damen postierten sich in der Nähe des Aufnahme-Terminals, um die Neuankömmlinge auf den richtigen Pfad, beziehungsweise in die nächste leere Kabine zu führen. In einer ruhigen Minute versuchten sich die Frauen dann selbst an der Anmeldung. "Ja, wie soll man sich denn da nicht vertun? ", sagte die eine zur anderen.

Inzwischen, so erfuhren wir gestern vom Klinikum, wurde die Einstiegsfrage überarbeitet. Die lautet nun: "Sind Sie mit dem Rollstuhl da? ". "Seitdem funktioniert's", sagt die Pressesprecherin Katja Vogel. Offenbar ist die Lösung manchmal ganz einfach.