Passauer Bösewicht

19.04.2009 | Stand 03.12.2020, 5:01 Uhr

Mit großem schauspielerischem Talent treibt Sigi Zimmerschied bei den Thalmässinger Kulturtagen seine derben Späße. - Foto: Klier

Thalmässing (HK) Ein Tisch, zwei Stühle, einer mit Handtuch, stehen auf der Bühne. Mehr braucht Sigi Zimmerschied nicht, denn seine Requisiten sind beißender Zynismus, gepaart mit aggressivem Humor und genialen Wortspielereien, wenn auch oft derb und blasphemisch. Doch dafür ist er ja bestens bekannt.

Zwischen Auftritten in Berlin, Wien, Leipzig, Bozen und Stuttgart stellt der 56-jährige Passauer am Samstagabend bei den Thalmässinger Kulturtagen im Landgasthof sein neues Programm vor, eingeladen vom Kulturforum-Team um Roland Wolf, Klaus und Beate Hübner und Lars Baumeister. In "Zeitgeister – eine Montage" blickt Zimmerschied auf 35 Jahre kabarettistische Tätigkeit zurück.

Durch das Publikum geht er zur Bühne und erinnert sich dabei an den Autolackierer Max, der sich 40 Jahre lang immer die gleiche Straßenecke für sein Bedürfnis ausgesucht hat und sich damit ein Denkmal gesetzt hat. "Zersoacht" heißt das auf Niederbayerisch. Dass Satire in Passau nicht möglich ist, dokumentiert er in einem fingierten Zwiegespräch mit einem Redakteur und auch der Herrgott muss für seine Satire herhalten. "Warum bin ich immer so derb", fragt sich Zimmerschied, "warum kann ich keine normale, heitere Kabarettnummer spielen" Das allerdings liegt ihm nicht. Auch die Fernsehredakteure bekommen ihr Fett weg, denn sie sollten eigentlich Gestalter der Kultur sein und nicht darauf achten müssen, dass in den Sendungen die "Lachdichte" stimmt. Makaber fordert er die Todesstrafe für politischen Dilettantismus, Angstfreiheit durch Gehirntod und Giftmischer zur Lösung des Rentnerproblems. Taschendieben rät er, sich bei Finanzminister Steinbrück zu melden.

Schlag auf Schlag

Mit großem schauspielerischen Talent pointiert er die Charaktere, die bei einem Klassentreffen zusammenkommen. Da prallen Elmar, der Arzt, der die früheren Klassenkameraden mit "Salve discipuli" begrüßt, die esoterische Reni vom Bauernhof und die geile Geli im Punkerlook aufeinander. Der gesetzte Herr Prälat versucht, die Szene zu beruhigen, während der Stammtischbruder Franz "alles hinuntersäuft".

Angeblich hat Zimmerschied, der laut Biografie schon einmal 125 Kilogramm gewogen hat, 30 Kilogramm abgenommen und das anfangs mit einem vor den Bauch geschobenen Handtuch kaschiert. Das braucht er jetzt allerdings gegen die Transpiration, denn es geht Schlag auf Schlag und die Wortspielereien verlangen auch vom Zuhörer ein großes Maß an Konzentration, bevor der nächste derbe Spaß einschlägt. Gleichzeitig kritisiert Zimmerschied die jungen, wilden Dramatiker, die in ihren Schauspielen nicht ohne Obszönitäten auszukommen glauben.

In einem rhythmischen Sprechgesang legt er sich mit den "Betondeppen" an, die dumpfe Parolen grölen. Sie lachen nicht, sie weinen nicht, sie begreifen nicht. Am fingierten Stammtisch ist Anton besoffen, kann kaum noch sitzen und stehen und lallt abgedroschene Phrasen.

"Ich bin gewillt, ein Bösewicht zu bleiben!", lautet Zimmerschieds Botschaft, "und auf den Kopf sch..... lass’ ich mich net". Das unterstreicht er, indem er dem Berichterstatter mit feuchter Aussprache auf den Kopf spuckt. ? Manfred Klier