Ingolstadt
Papa Bavaria und die Bierlache

"Wer dablost's" im Ingolstädter Kulturzentrum neun

19.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:40 Uhr

Tuba-Virtuosen unter sich: Rolf Miller und Andreas Hofmeir (von links) musizieren, während Ralf Winkelbeiner, Gunter Schmid und Lisa Politt auf dem Sofa zuhören. Jeder Gast muss versuchen, der Tuba-Antiquität "Rosalinde" ein paar Töne zu entlocken. - Foto: Erl

Ingolstadt (DK) Es ist Starkbierzeit, da will sich auch der Tubaprofessor und Entertainer Andreas Martin Hofmeir beim Saisonstart seiner Kultshow "Wer dablost's" nicht ausnehmen. Dass er dabei barfuß in einer Starkbierlache stehen wird, weiß er in den ersten Minuten der Show nicht. Da steht er noch programmgemäß ganz ohne Schuhe und Strümpfe auf einem Bierfass und gibt als Fastenprediger den anderen Teil des Bavaria-Elternpaares.

"Ich bin's, der Bavarie-Papa. Gell, den hätt's euch ganz anders vorgestellt", sagt er mit grauem Filzhut und ausgeschoppter Bierbauchwampe. Themen für sein Publikum hat er genug. "Schaut's euch euer Bayern doch mal an, nicht weit vom Apfel fällt der Stamm", attestiert er und schießt sich gleich auf die zwei Landesväter ein. "Einer, der aufgebläht und herausgewachsen ist aus dem Staatskleid, und einer, dem's nia passen wird", lautet seine Analyse. Aber von Ingolstadt aus muss er nicht erst auf die Landespolitik schauen, um knackige Themen für seine Spott-Zweizeiler zu finden. Abgasschummeleien, verspekulierte Kirchengelder und Korruptionsermittlungen bieten Stoff genug. "Jetzt hat Ingolstadt wenigstens in Sachen Korruption Regensburg endlich überholt", zieht er die Zweitligakonkurrenz aus dem Fußball heran.

Ein treffsicheres Gespür hat Hofmeir ebenfalls wieder bei der Auswahl seiner Gäste. Ralf Winkelbeiner aus Manching kriegt als Newcomer in Sachen Kabarett eine Chance, diese anspruchsvolle Bühne zu erobern. "Habedere" heißt sein Programm, aus dem er mit geschliffener Satire und sezierendem Blick die egoistischen Strategien aus Wirtschaft und Politik offen legt. Das Publikum wächst mit jedem neuen Beispiel in das Programm hinein und skandiert immer lauter und enthusiastischer den Refrain "Des traust du dir nie" zu den unglaublichen Machenschaften der Bonzen. Winkelbeiner traut sich danach nicht nur, auf der übelriechenden und verbeulten Tuba "Rosalinde" zu pusten. Er muss auch ein etwas schräg klingendes Jennerwein-Wildschützenlied singen, das Hofmeir als wüsten Mord an einem Ehrenmann auf Seehofer und Söder gemünzt hat. Völlig unschuldig ist Winkelbeiner dagegen an der Bierlache vor der Bühne, obgleich er das Starkbierfass mit mehr Schlägen als mancher Oberbürgermeister anzapft. Der Inhalt sollte in der Pause für 20 Euro pro Mass zugunsten des Hospizvereins Ingolstadt verkauft werden. Hofmeir aber unterschätzt die Komplexität der Zapfhahntechnik und so geht einiges vom würzigen Sud verloren.

Den Geschmack am süffigen Starkbier entdeckt bald auch die Hamburger Kabarettistin Lisa Politt im zweiten Teil für sich. Mit ihrem schweigsamen Partner Gunter Schmid führt sie in der Hansestadt die Polittbüro-Bühne. Selbstbewusst und kämpferisch rechnet sie in der ausverkauften Halle Neun nicht nur mit der Politik der ihrer Meinung nach viel zu braven Grünen ab, sondern schreckt mit dem Klassiker "Seemann, lass das Träumen" selbst vor "Rosalinde" nicht zurück. Auch sie muss eine Politiker-Persiflage singen und erhält die Kanzlerin zugeteilt. Für die eigenwillige Interpretation des Nicole-Hits "Flieg nicht zu hoch, mein kleiner Horst" samt Merkel-Raute wird sie mit prasselndem Applaus überschüttet.

Letzter in der Gästeriege ist Rolf Miller als Meister der kabarettistischen Andeutungen und des gezielt eingesetzten "dings". Der Odenwälder ist auf "Rosalinde" vorbereitet und zieht flugs ein Desinfektionstuch aus der Tasche, bevor er der Tuba in die Eingeweide bläst. Seinen ihm zugedachten Politikersong will er nicht singen, und so muss Hofmeir sich selber zum kiffenden Rasta-Söder-Verschnitt schminken lassen. Die Verlockung ist in der aktuellen Politiksituation einfach zu stark, Starkbier, Söder und Seehofer als Politik-Realsatire zu verramschen.

Keine Frage, mit dieser großartigen Show hat Hofmeir sein jubelndes Publikum auch für die nächsten Folgen "Wer dablost's" an sich gefesselt.