Jetzendorf
Outdoor-Mode als Lebensgefühl

Sportschuh-Hersteller Lowa hat ein starkes Jahr hinter sich – doch Werner Riethmann drückt auf die Euphorie-Bremse

05.07.2012 | Stand 03.12.2020, 1:19 Uhr

Jetzendorf (ost) Mit 240 Mitarbeitern bleibt der Sportschuh-Hersteller Lowa in Jetzendorf wichtigster Arbeitgeber der Gemeinde im äußersten Landkreissüden. Das gilt sowohl für die Frauen und Männer, die hier ihr Brot verdienen, als auch für die Gemeindekasse im Hinblick auf die hohen Gewerbesteuereinnahmen.

Geschäftsführer Werner Riethmann (Foto) blickte bei einer Pressekonferenz auf ein sehr erfolgreiches Jahr 2011 zurück. „Ein Ausnahmejahr“, sagte Riethmann. „Der Superwinter hat sich auf die Resultate niedergeschlagen.“ So konnte Lowa den Umsatz wieder einmal steigern: 143 Millionen Euro erwirtschaftete die Markenfamilie insgesamt. 2,13 Millionen Paar Schuhe wurden weltweit abgesetzt, davon 47 Prozent in Deutschland. Lowa sei heute eines der wenigen Unternehmen in der Outdoor-Industrie, das fast zu 100 Prozent in Europa produziere, sagte Riethmann. „Darauf sind wir in der Zentrale stolz.“ Lowa ist Marktführer bei Berg- und Trekkingschuhen in Deutschland, der Schweiz, in Österreich und den Benelux-Ländern. Riethmann kam 1992 ans Ruder und übernahm ein Jahr später das Jetzendorfer Unternehmen von der italienischen Firmengruppe Tecnica. Seither geht es steil bergauf. Heute gehören auch die Firmen Think Pink, Dolomite, Nitro, Nordica, Rollerblade und Blizzard zur Firmengruppe.

Das Mutterhaus in Italien fertigt Skischuhe. In Jetzendorf wird permanent eigenständig weiterentwickelt und produziert, was den Berg- und Trekkingschuhbereich angeht.

Trotz des Rekordergebnisses warnt Riethmann vor Euphorie. „Alle Handelsstufen, ob Hersteller, Importeure, Einkaufsgenossenschaften oder die Händler, kämpfen mit zu hohen Warenbeständen und es wird mindestens bis Ende dieses Jahres dauern, bis sich die Lagerbestände auf normalem Niveau eingependelt haben“. Entsprechende Abschläge weist demzufolge der Ordereingang auf: 1,43 Millionen Paar Schuhe wurden von den Händlern bestellt – ein Jahr zuvor waren es noch 1,83 Millionen Paar. „Das heißt für alle betroffenen Hersteller, dass eine Anpassung der Kapazitäten an den veränderten Bedarf vorzunehmen ist“, ergänzt der Jetzendorfer und fügt den Hinweis an, dass nicht das Wetter allein ausschlaggebend für die Verkaufszahlen sei.

Auch in der erfolgsverwöhnten Outdoorbranche seien zweistellige Zuwachsraten über Jahre hinweg einfach unrealistisch, fügte er an. „Auch wenn Outdoor zum Lebensgefühl und zur Mode geworden ist, heißt das noch lange nicht, dass der Konsument jedes Jahr neue Outdoorprodukte benötigt“. Riethmann ist auch davon überzeugt, dass die Eurokrise in ihrem Verlauf zur Verunsicherung der Konsumenten beiträgt. „20 Millionen Arbeitslose in Europa fehlen nicht nur als Konsumenten. Sie stellen auch sozialen Zündstoff dar und verunsichern die Bevölkerungsschichten, denen es selbst noch gut geht“, vermutet Riethmann. Die Hauptmärkte befinden sich nach wie vor in Europa. Deutschland führt hier die Verkaufsstatistik an – gefolgt von der Schweiz, Niederlande und Österreich.

Das Geschäft in den USA wächst kontinuierlich. Selbst China trägt mit 3,4 Prozent zum hohen Umsatz bei. Der Exportanteil präsentiere sich stabil. Daher geht Riethmann davon aus, dass der Qualitätshersteller auch für das laufende Jahr nicht um eine gute Geschäftsentwicklung bangen muss. „Allen Widerständen zum Trotz ist der Megatrend hin zur Natur nach wie vor gesellschaftlich relevant“, führt Riethmann aus. Immer mehr Menschen würden Erholung und Entspannung in der Natur und auf den Bergen suchen – und dazu bräuchten sie eine zuverlässige Ausrüstung, betont Riethmann, der im kommenden Jahr mit seiner Belegschaft das 90-jährige Bestehen der Firma feiert.