Beilngries
Originalgetreu bis ins kleinste Detail

Bernd Obornik aus Beilngries ist leidenschaftlicher Modellbauer 1500 Stunden für einen Hubschrauber

31.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:23 Uhr

Foto: DK

Beilngries (DK) Es können die millimeterkleinen Füßchen einer Fliege sein, die Bernd Obornik zur Weißglut treiben. Dann nämlich, wenn der Perfektionist eines seiner Hubschraubermodelle lackiert, nachdem er akribisch genau den passenden Farbton ausgesucht hat. Vorsichtig trägt er Schicht für Schicht auf, glänzend, fehler- und tropfenfrei. Und dann - setzt sich kurz vor dem endgültigen Trocknen eine Fliege auf den frischen Lack. Klebt fest.

"Natürlich versucht man, seine Arbeit vor solch einem Malheur zu schützen. Aber wenn es passiert, winzige schwarze Tupfer am Lack zurückbleiben, dann gibt es für mich keine andere Lösung: Das kann nicht ausgebessert werden, sondern der komplette Lack wird abgeschliffen und alles beginnt von vorne", erklärt der 50-Jährige. Perfektion bis ins kleinste Detail ist für ihn so wichtig, dass seine Modellbaufreunde von ihm sagen: "Es gibt Modellbau. Und es gibt den Bernd."

Diese Detailversessenheit hat den Beilngrieser in ganz Deutschland, Österreich und der Schweiz in Fachkreisen bekannt gemacht. Seine Modelle sind keine schlichten Nachbauten, es sind bis ins winzigste Detail "Miniaturoriginale", die nicht nur optisch der kleine Zwilling des großen Vorbildes sind, sondern bei denen auch alles exakt identisch funktioniert, von der Schaltung im Cockpit bis zum Radarkopf, von den elektrisch ausfahrbaren Landescheinwerfern bis zu den Funkantennen. Den Bau von Hubschraubermodellen als Hobby des Beilngriesers zu bezeichnen, ist deshalb fast untertrieben. Leidenschaft und Lebensaufgabe, fast Besessenheit, trifft es weitaus besser.

Schon als Siebenjähriger war Bernd Obornik fasziniert von den Segelfliegermodellen, die damals über dem Lämmerberg ohne Motor kreisten. Mit seinem Vater besuchte er regelmäßig an den Wochenenden den Beilngrieser Flugplatz und beschloss: "So etwas will ich auch. Nicht als Segelflugzeug, sondern mit Motor drin." Ein teueres Hobby damals, also hieß es erst einmal nur Zuschauen. Mit 16 begann Obornik eine Ausbildung als Aluminiumformer bei einer Beilngrieser Firma. Er sparte jede Mark und konnte sich schließlich seinen ersten Holzbausatz vom Typ "Cirrus 75" kaufen und bauen, ein Hochleistungsegelflugzeug mit drei Metern Spannweite. "Mein Traum war aber weiter ein Flieger mit Motor. Also habe ich neben der Ausbildung noch in einer Gärtnerei gejobbt und am Wochenende zudem Prospekte verteilt. Bis ich mir den Bausatz "Trainer" von der Firma Carrera kaufen konnte", erinnert sich Obornik. Mitte August hatte er diesen Flieger inklusive Motor fertig gebaut. Startklar - fast. "Nur die Fernsteuerung fehlte noch. Die versprach mir mein Vater als Weihnachtsgeschenk. Ich kann mich heute noch an das unendlich lange Warten von August bis Dezember erinnern." Dann war zwar endlich Weihnachten und die versprochene Fernsteuerung lang unter dem Baum. "Aber es war Winter. Schnee. Also noch drei Monate warten, bis es endlich Frühling wurde."

Die ersten Flugversuche mit dem Motorflieger fanden dann endlich bei Grögling auf einem Feldweg statt. "Martin Schäfer hat mir damals die ersten Unterrichtsstunden gegeben und mir viel beigebracht." Während heute zwei Fernsteuerungen von Schüler und Lehrer mit einem Kabel verbunden werden, stand damals der Lehrer hinter dem Schüler, um im Notfall durch die Armbeugen schnell eingreifen zu können. "Es gab natürlich trotzdem einige Bruchlandungen, bis ich das Steuern und vor allem Landen richtig beherrschte. Und das bedeutete sehr oft: Wieder reparieren, schleifen, ausbessern. Bis zum nächsten Treffen und Versuch."

Im Laufe der Jahre richtete Obornik eine Werkstatt ein, mit großen Werkbänken und unzähligen Kleinteilen, die er für Reparaturarbeiten oder Neuanfertigungen benötigt. Aus dem einstigen Nachwuchsflieger wurde ein Meister, bei dem heute viele Hobbyflieger Rat und Hilfe suchen. Ein eigenes Modellfluggelände bei Paulushofen entstand 1996 unter seiner Regie. Dort wurden sogar sechs Jahre deutsche Meisterschaftswertungsläufe ausgetragen. 17 Jahre lang lockten Ausstellungen in Beilngries und Ingolstadt sowie mehrere Modellhubschraubertreffen Fachleute von weither an. Mittlerweile hat er mit seinem langjährigen Veranstaltungsteam den Verein RC-Helifreunde Beilngries gegründet. Aus dem Vereinsleben hat sich Bernd Obornik allerdings wieder zurückgezogen, um weiter seiner Leidenschaft nachzugehen: Dem Bauen von Hubschraubermodellen.

Drei aufsehenerregende, originalgetreue ADAC-Hubschraubermodelle hat er angefertigt: die legendäre BO 105-CBS und zwei weitere Versionen mit Benzinmotor oder Abgasturbine. Gebaut hat er auch mehrere Jagdflugzeuge. "Nötig sind für solche Modelle die entsprechende Fingerfertigkeit, technisches Verständnis, aber auch das Vorstellungsvermögen mit 3-D-Sehen. Ehe ich mit der Arbeit beginne, habe ich fast jedes Teil im Kopf zusammengesetzt und mir überlegt, wie ich es genau aufbaue, wie ich mir die Teile fertige. Denn komplette Bausätze für solche Unikate gibt es natürlich nicht, das erfordert immer wieder neuen Erfindungsreichtum", erklärt Obornik. Rund 1500 Baustunden arbeitet er an einem originalgetreuen Modell, zwei bis drei Jahre lang. Im Laufe dieser Zeit benötigt er bis zu 1000 Bilder des "großen Bruders", also des Originalhubschraubers, mit vielen Detailaufnahmen, nach denen Stück für Stück das kleine Spiegelbild zusammengesetzt wird. Durch seine ADAC-Hubschraubernachbauten habe er im Laufe der Jahre enge Freundschaft zur ADAC-Luftrettungsstation Ingolstadt aufgebaut, sagt Obornik.

Sein nächstes Objekt wird allerdings kein weiteres ADAC-Modell. "Ich denke, es wird in Richtung Polizei-Hubschrauber gehen. Ein paar Ideen habe ich dazu schon", sagt er. Wichtig sei, dass das Vorbild keine "Eintagsfliege" im Betrieb ist. "Nichts ist schlimmer, als wenn das Original einer Umrüstaktion unterzogen wird, während du es nachbaust", erklärt Obornik, "denn dann gehst du hin, um Kleinigkeiten zu überprüfen und bekommst einen Schock, weil nichts mehr passt". Aber auch dann heißt es nach dem ersten Schreck: Neu überlegen, umplanen, anders bauen, schleifen und lackieren. "Denn schon das Bauen und Tüfteln ist für mich ja schließlich das spannendste und schönste Ziel."