Schrobenhausen
Ohne Wohnung im Wahlkreis kandidieren - geht das?

Über die Probleme, die sich manchmal auftun, wenn man eine Liste für die Kommunalwahl zusammenstellt

27.09.2019 | Stand 02.12.2020, 12:57 Uhr

Schrobenhausen (SZ) Gesetzestexte sind ja nicht immer leicht verdauliche Kost.

Dieser Paragraf des Wahlrechts ist allerdings recht eindeutig, oder? Und bitteschön: "Für das Amt eines Gemeinderatsmitglieds . . . ist jede Person wählbar, die am Wahltag . . . seit mindestens drei Monaten im Wahlkreis eine Wohnung hat, die nicht ihre Hauptwohnung sein muss, oder ohne eine Wohnung zu haben sich im Wahlkreis gewöhnlich aufhält. "

Alles klar? Das heißt: Wer einen Erst- oder Zweitwohnsitz in einer Gemeinde oder Stadt hat, darf dort kandidieren. In einer Kommentierung gibt es noch die Einschränkung, dass man seinen Lebensmittelpunkt in der Kommune haben muss.

Und es gibt dieses Sätzlein: ". . . oder ohne eine Wohnung zu haben sich im Wahlkreis gewöhnlich aufhält". Das bedeutet, dass jemand, der beispielsweise in Ingolstadt wohnt und in Schrobenhausen arbeitet, danach vielleicht noch in Schrobenhausen zum Essen ins Restaurant oder ins Kino oder auf ein Konzert geht, der womöglich noch den einen oder anderen vhs-Kurs besucht, auch in Schrobenhausen Stadtrat werden kann . . . , oder?

Von wegen. Sollte gerade jemand versuchen, auf der Grundlage dieses Halbsatzes im Paragrafen 21 des Gemeinde- und Landkreiswahlgesetzes (GLKrWG, was es nicht alles gibt! ) in Schrobenhausen Stadtrat zu werden, obwohl m/w/d gar nicht in Schrobenhausen wohnt, wird das nicht klappen.

Ein Gachenbacher, ein Aresinger, ein Scheyrer - das sind natürlich ganz beliebige Beispiele - als Kandidat auf einer Schrobenhausener Liste, weil m/w/d ohne eine Wohnung zu haben sich im Wahlkreis gewöhnlich aufhält? Geht das?

Eine Nachfrage im Bayerischen Innenministerium ergab Folgendes: "Sich ohne Wohnung gewöhnlich aufhalten" - das bedeutet keinesfalls, dass man überall Gemeinde- oder Stadt- oder auch Kreisrat werden kann. Weil man den ganzen Satz im Zusammenhang sehen muss.

Also: Wer einen Hauptwohnsitz in seiner Gemeinde hat, darf sowieso kandidieren. Wer einen Nebenwohnsitz hat, darf dann kandidieren, wenn er seinen Lebensmittelpunkt am Nebenwohnsitz hat. Der Lebensmittelpunkt ist juristisch da, wo sich die Person durch soziale Bindungen, also beispielsweise Ehe oder Familie, aufhält.

Was aber hat es dann mit diesem Passus auf sich, dass es genügt, sich in einer Gemeinde "ohne Wohnung gewöhnlich" aufzuhalten? Hand aufs Herz: Wären Sie draufgekommen? Die Lösung: Sie müssen obdachlos sein, um "ohne eine Wohnung" im Wahlkreis als Gemeinderat kandidieren zu können.

Wir lernen: Aresinger und Gachenbacher und Scheyrer (um bei unseren beliebigen Beispielen zu bleiben) dürfen ohne Wohnung nicht in Schrobenhausen Stadtrat werden, Obdachlose in Schrobenhausen hingegen schon.

Denn: Der Begriff des "gewöhnlichen Aufenthalts" ist an das Landeswahlrecht angelehnt und bezieht sich nur auf diejenigen, die in Deutschland mit keiner Wohnung gemeldet sind, nämlich Obdachlose und nicht etwa auf Personen, die sich etwa beruflich in einer Gemeinde tatsächlich zeitlich überwiegend aufhalten, jedoch in einer anderen Gemeinde eine Wohnung haben.

Der Gesetzgeber hat damit die Möglichkeit geschaffen, sich auch dann politisch für die Gemeinschaft zu engagieren, wenn "jemand auf unbestimmte Zeit als gewollten Mittelpunkt seines Lebens, seiner persönlichen Existenz" beispielsweise eine Brücke wählt.

Manchmal sind Gesetzesformulierungen eben tückisch. Sollte bei der Kommunalwahl 2020 dennoch ein Auswärtiger auf einer Wahlliste auftauchen, dann ist davon auszugehen, dass derjenige auch einen Wohnsitz in der Kommune hat, in der er sich einbringen will. So will es das Gesetz.