Geisenfeld
"Ohne Geschosswohnungsbau geht es nicht"

Bürgermeister Christian Staudter über die Gründe für den extrem angespannten Wohnungsmarkt und Verbesserungsansätze

20.10.2017 | Stand 02.12.2020, 17:20 Uhr
Im Geisenfelder Baugebiet an der Hopfenstraße zeugt die hohe Kran-Dichte von der regen Bautätigkeit −Foto: Gerhard Kohlhuber

Geisenfeld (GZ) In kaum einer anderen Landkreisgemeinde ist derzeit der Wohnungsmarkt so angespannt wie in Geisenfeld.

Über die Gründe hat unsere Zeitung mit Bürgermeister Christian Staudter gesprochen - und über die Bemühungen, die Situation zu verbessern, etwa durch den Einstieg in den öffentlich geförderten Wohnungsbau und den Geschosswohnungsbau in neuen Baugebieten.

 

 

Herr Staudter, auch in Geisenfeld tun sich gerade Klein- und Mittelverdiener immer schwerer, bezahlbaren Wohnraum zu finden. Mieten und Grundstückspreise sind hier sogar noch stärker gestiegen als anderswo im Landkreis. Worin sehen Sie die Hauptgründe?

Christian Staudter: Wir liegen in einer der wirtschaftlichen Boom-Regionen Deutschlands mit entsprechend großem Zuzug, auch von Besserverdienenden. Als Sonderfaktor kommt noch die extrem hohe Nachfrage im unteren Preissegment dazu, weil ja auch die in den Logistikzentren tätigen Arbeiter aus Osteuropa irgendwo wohnen müssen.

 

Leute, die dann auf engstem Raum zusammengepfercht werden und denen dann 300 Euro für ein halbes Zimmer abgeknöpft werden.

Staudter: Ja, solche Fälle habe wir im Raum Geisenfeld leider zuhauf. Dagegen etwas zu unternehmen, ist jedoch nicht einfach. Auf jeden Fall werden wir die Einhaltung der Brandschutzauflagen verstärkt überprüfen.

 

Die osteuropäischen Arbeiter sind die einen, die den heimischen sozial Schlechtergestellten auf dem Wohnungsmarkt Konkurrenz machen. Haben Sie Angst, dass da in größerer Zahl auch noch anerkannte Asylbewerber dazukommen - sogenannte Fehlbeleger, die ja eigentlich aus ihren bisherigen Unterkünften raus sollen und für die dann die jeweilige Kommune verantwortlich wäre?

Staudter: Wir werden mit Nachdruck darauf bestehen, dass diese Fehlbeleger weiterhin in ihren bisherigen Unterkünften toleriert werden. Es kann und darf nicht sein, dass Gemeinden, die bereit sind, viele Asylbewerber und Flüchtlinge aufzunehmen, dann durch die Verantwortlichkeit für anerkannte Asylbewerber zusätzlich belastet werden.

 

Es wird in bestimmten Kreisen immer wieder gemunkelt, dass die verstärkten Anstrengungen im Bereich sozialer Wohnungsbau in erster Linie dazu dienen sollen, für Flüchtlinge neuen Wohnraum zu schaffen.

Staudter: Das stimmt so nicht. Natürlich müssen wir uns um alle hier lebenden Menschen kümmern, aber in erster Linie ist es schon unsere Verpflichtung, dafür Sorge zu tragen, dass wir vernünftigen Wohnraum für unsere eigene Bevölkerung haben - und deshalb unsere verstärkten Anstrengungen in diesem Bereich.

 

Sie meinen damit den öffentlich geförderten Wohnungsbau im Bereich der aufgelassenen Hofá ?stelle an der Ecke Münchener Straße/Jahnstraße. Was ist hier der Stand der Dinge?

Staudter: Es wird wohl bei rund zehn Wohnungen verschiedener Größe bleiben, also für Familien genauso wie für Singles und Alleinerziehende. Neu ergeben hat es sich in den vergangenen Wochen, dass nicht die Stadtentwicklungsgesellschaft der Träger sein wird, sondern die Stadt selbst. Damit kommen wir in ein lukrativeres Förderprogramm. Mit dem Thema wird sich der Stadtrat in seiner Sitzung am nächsten Donnerstag zu befassen haben.

 

Das kann aber wohl nur der Anfang sein, oder?

Staudter: Genau. Es müssen weitere geeignete Grundstücke gefunden werden, vorzugsweise in zentrumsnaher Lage. Denn wer wenig verdient, kann sich oft auch kein Auto leisten. Unser Problem dabei wurde schon mehrfach beschrieben: Kommt so ein Grundstück auf den Markt und wollen wir hier günstigen Wohnraum anbieten, dann können wir nicht jeden Preis mitgehen. Mit dem Ergebnis, dass wir immer wieder von privaten Bauträgern ausgestochen werden.

 

Erschwinglich wird Wohnraum auch durch kleinere Wohneinheiten. Wie Sie in den Bürgerversammlungen im Frühjahr erläutert haben, bahnt sich auch hier ein Wandel in der städtischen Baulandpolitik an.

Staudter: Richtig. Um Wohnraum erschwinglich zu machen und auch um den Flächenverbrauch einzudämmen, müssen wir uns verstärkt dem Geschosswohnungsbau zuwenden. Neue Baugebiete mit ausschließlich Einzel- und Doppelhausbebauung erscheinen vor diesem Hintergrund nicht mehr zeitgemäß.

 

Das erste Wohngebiet, in dem auch ein Teilbereich für Geschosswohnungsbau ausgewiesen werden soll, ist offenbar ein Areal nordwestlich des Pfaffenbergweges? Sind diese Pläne noch aktuell?

Staudter: Das sind sie, und auch mit diesem Thema wird sich der Stadtrat am nächsten Donnerstag zu befassen haben. Der Umgriff dieses neuen Baugebiets kann, so wie es aussieht, noch etwas größer werden als es bei der ersten Vorstellung der Pläne im Juni aussah.

 

Wird auch bei dieser Ausweisung wieder das Einheimischenmodell zum Tragen kommen, bei dem die Grundeigentümer 40 Prozent ihrer Fläche zu 30 Prozent des Preises der Richtwertliste an die Stadt abtreten müssen?

Staudter: Aber natürlich! Dieser eingeschlagene Weg hat sich voll bewährt, da gibt es schon alleine aus Gründen der Gleichbehandlung kein zurück. Gerade beim Baugebiet an der Hopfenstraße war der Unterschied zwischen unseren und den marktüblichen Grundstückspreisen beträchtlich. Damit war die Stadt sogar preisdämpfend. Der Punktekatalog, der bei der Vergabe zum Tragen kommt, wird zurzeit überarbeitet und um einige Kriterien ergänzt, um die Vergabe noch gerechter zu machen.

 

Wer nicht zum Zug kommt, oder wer sich generell kein Grundstück leisten kann, für den gibt es ja die Idee der Tiny Houses - mobile, komplett autarke Kleinwohnungen. Sie haben angekündigt, diesbezüglich an einer Studie teilnehmen zu wollen - aber nur, wenn andere Gemeinden mitmachen. Haben sich denn welche gemeldet?

Staudter: Ja, Bürgermeister Manfred Russer aus Hohenwart hat Interesse bekundet. Und zwei Privatleute haben angerufen und wissen lassen, dass sie dafür ein Grundstück zur Verfügung stellen würden. Ich bin nach wie vor der Meinung, wir sollten im Rahmen des Leader-Prozesses an diesem Thema dranbleiben.

 

Das Gespräch führte

Gerhard Kohlhuber.