Ingolstadt
Offensive VdK-Präsidentin: Verena Bentele schenkt der CSU kräftig ein

<

07.07.2018 | Stand 23.09.2023, 3:40 Uhr
Ein Enzian und ein Bussi vom Bürgermeister: Sepp Mißlbeck (r.) und VdK-Kreisvorstzender Achim Werner ließen VdK-Präsidentin Verena Bentele am Samstag im Festzelt am Baggersee hochleben. Die 36-jährige ehemalige Biathletin, vielfache Paralympics-Siegerin und Sozialdemokratin hielt eine offensive Rede mit mehreren Attacken auf die CSU. −Foto: Silvester

Ingolstadt (DK) Der Ehrengast legte gleich offensiv los: Verena Bentele, seit Mai Präsidentin des Sozialverbands VdK mit 1,9 Millionen Mitgliedern, hat am Samstag auf dem Sommerfest des VdK-Kreisverbands Ingolstadt-Eichstätt am Baggersee der CSU kräftig eingeschenkt. Vor allem Markus Söder war das Ziel ihrer Kritik: "Es ist richtig peinlich, was er da treibt!" Benteles Vorwurf: Anstatt ernste Probleme wie die Renten, die Pflegemisere oder die Altersarmut anzupacken, dränge die CSU ständig nur das Thema Asylbewerber auf.

Die 36-jährige Lindauerin weiß, wie man Treffer landet. Verena Bentele war eine sehr erfolgreiche Biathletin und Langläuferin, vierfache Weltmeisterin und zwölf Mal Goldmedaillengewinnerin bei Paralympics. Auch bei ihrer Rede im gut gefüllten Festzelt kennt die neue Präsidentin des VdK Deutschland nur eine Richtung: Angriff. An Selbstbewusstsein mangelt es ihr auch nicht. "Der VdK hat gegenüber den Parteien und vielen Gewerkschaften einen großen Vorteil", sagt sie: "Wir wachsen! Die Leute treten bei uns ein, weil sie wissen, dass wir sie vertreten - laut, deutlich und mit klaren Botschaften. Wir erinnern uns daran, was wir versprochen haben. Wir machen der Politik richtig Druck!"

Vor allem aber der CSU. Der VdK ist ein eigenständiger Verband, keine Parteiorganisation, aber doch deutlich von Sozialdemokraten dominiert. Auch Bentele ist SPD-Mitglied. Ihre Angriffe auf Markus Söder scheinen von Herzen zu kommen: "Es ist richtig peinlich, was er treibt. Söder sagt, die Menschen gehen goldenen Zeiten entgegen. Aber diese goldenen Zeiten erleben längst nicht alle Menschen in Bayern." Und sie rechnet vor: Jede vierte Frau in Bayern sei im Alter von Armut bedroht. Sie bekämen durchschnittlich nur 545 Euro Rente im Monat. "Und das für diese Lebensleistung! Kinder aufziehen, Familienmanagerin sein, Angehörige pflegen." Dieses soziale Ungerechtigkeit werde der VdK "so nicht stehen lassen!", donnert Bentele ins Festzelt. "Bayern muss sozialer werden! Bayern muss gerechter werden!" Ode die Forderung einer Rente mit 69: Mit Deutschlands größtem Sozialverband "niemals!", schickt dessen Präsidentin hinterher. Starker Applaus. Verena Benteles Schlussappell: "Es lohnt sich kritisch zu sein!"

"Zweifelt noch jemand daran, dass wir die richtige Frau zur Präsidentin gewählt haben?", fragt der VdK-Kreisvorsitzende Achim Werner nach Benteles Rede in die Festgemeinde. Wieder Beifall.

Bürgermeister Sepp Mißlbeck überreicht dem Ehrengast einen Enzian (samt zwei Wangenbussis). Auch eine halbe Stunde später ist er noch verzückt. "Mei", erzählt er am Rande. "A so a Frau bräucht ma bei uns im Stadtrat. Dann wär' was los!" Er überlegt kurz. "Oder müsst ma da Angst haben? Na, oder?" Mißlbeck (gewiss kein Sozialdemokrat) bleibt dabei: "A so a Frau, die bräucht ma bei uns.Mei!"

Christian Silvester