Berlin
Offensive gegen Schulz

Die Union reagiert auf das Umfrage-Hoch der Sozialdemokraten und schaltet in den Wahlkampf-Modus

27.02.2017 | Stand 02.12.2020, 18:35 Uhr

Berlin (DK) Die Union schaltet um auf Angriff. Am Wochenende bereits hatte Kanzlerin Angela Merkel den Vorstoß von SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz für Korrekturen an den Arbeitsmarktreformen der Agenda 2010 zurückgewiesen. Morgen beim Politischen Aschermittwoch folgt das große Fernduell. Merkel spricht in Demmin in Mecklenburg-Vorpommern, CSU-Chef Horst Seehofer in Passau, Schulz einige Kilometer weiter im niederbayerischen Vilshofen. Zeit für Klartext.

In der Union wächst die Nervosität angesichts von Umfragen, in denen die SPD vorne liegt. Dazu passt, dass nun ausgerechnet Ex-Generalsekretär Hermann Gröhe, Merkels früherer Wahlkampfmanager, das Wort ergreift und eine Offensive gegen Schulz fordert. "Wir müssen seinen Linkskurs und seine Faktenschwäche offenlegen", so der Gesundheitsminister. "Keine Ahnung ist schließlich noch keine starke Meinung." Wahlkampf sofort, statt Wahlkampf erst ab dem Sommer, so das Signal aus der Union.

CSU-Mann Markus Söder analysiert, alle, die gesagt hätten, der Erfolg von Schulz wäre ein "Strohfeuer", seien ein Stück widerlegt. "Ich glaube, es wird nicht reichen zu sagen, was man in der Vergangenheit gut gemacht hat", macht der bayerische Finanzminister Druck auf Merkel. CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer setzt auf Attacke. "Der Kandidat Schulz redet das Land schlecht, obwohl die SPD mitregiert", so Scheuer gestern im Gespräch mit unserer Berliner Redaktion. "Er verspricht den Leuten das Blaue vom Himmel." Er operiere mit falschen Zahlen und Fakten. "Diese Schulz-Fakes werden wir aufdecken." Die Mehrheit der Deutschen halte den Kandidaten Schulz schon jetzt für unglaubwürdig, so der CSU-Politiker weiter.

Der Parteienforscher Jürgen W. Falter analysiert dagegen, der Union fehle es an einer Erfolg versprechenden Strategie gegen Schulz. Der frühere CDU/CSU-Wahlkampfmanager Michael Spreng hält Merkel für müde: "Wieder antreten und nicht kämpfen - das geht gar nicht", schreibt er in seinem Internet-Blog.

CDU-Vize Thomas Strobl rät, jetzt nicht die Nerven zu verlieren. "Wir als Union nehmen die Bundestagswahl freilich sehr, sehr ernst - aber wir sind in einer sehr guten Ausgangsposition", so Strobl im Gespräch mit unserer Berliner Redaktion. "Gerade in so schwierigen, stürmischen Zeiten ist eine erfahrene, besonnene und kluge Steuerfrau wie die Bundeskanzlerin viel wert." Es seien noch sieben Monate bis zur Bundestagswahl, mit den aktuellen Umfragen gehe die Union ganz ruhig um. Die SPD habe im Moment so was wie einen Schulz-Hype. "Schulz ist für die Menschen ein Überraschungsei - keiner weiß, für was er eigentlich steht", so Strobl.

Und Schulz? Reist von Termin zu Termin, wird von seinen Anhängern bejubelt. In Kürze will er nachlegen und seine Vorschläge zur Verlängerung des Arbeitslosengeldes I konkretisieren. Bislang ist der Kandidat noch schwer zu fassen für die Wahlkampf-Strategen der Union. Direkte Angriffe würden sich verbieten, das führe nur zu Solidarisierungseffekten, gibt Falter zu bedenken. Doch habe Merkel längst mit der argumentativen Auseinandersetzung begonnen. Auch wenn die Kanzlerin und Schulz sich einen fairen Wahlkampf versprochen haben: Das Koalitionsklima wird rauer.