Ingolstadt
Offen für alles

17.06.2014 | Stand 02.12.2020, 22:34 Uhr

Ein blaues Gehäuse-Modell aus dem 3D-Drucker: Die Pyra wird ein deutlich größeres Display bekommen, als die Vorgängerin Pandora, die Michael Mrozek in der rechten Hand hält. Auf der Messe Gamescom will Mrozek im August den ersten Prototypen präsentieren - Foto: Oppenheimer

Ingolstadt (DK) Der Gameboy für die echten Computerfreaks heißt Pandora und kommt aus Ingolstadt. Produziert wird die Handheld-Spielekonsole vom Ingolstädter Michael Mrozek. Inzwischen ist das Nachfolgemodell fast fertig. Auf der Messe Gamescom will der 36-Jährige im August die „Pyra“ vorstellen.

Michael Mrozek mag Tiere, deshalb werden Besucher auch gleich am Eingang von Hund Snoopy empfangen und abgeschlabbert. Noch größer scheint die Liebe des 36-Jährigen wohl nur noch zu Computern – vor allem dann, wenn sie irgendetwas mit Spielen zu tun haben. Deshalb leitet Mrozek nicht nur eine TV-Firma, sondern besitzt auch noch einen Online-Shop für alles, was mit Retro-Gaming zu tun hat – und dann ist da noch eine Sache: Seine Spielekonsole. 2010 kam die Pandora auf den Markt, ein Handheld mit Linux-Betriebssystem, der sich in erster Linie für sogenannte Emulatoren-Games eignet, also Spiele, die früher auf Systemen wie Atari, C64, Gameboy oder der ersten Playstation-Generation liefen.

Als man 2008 das Projekt startete, waren noch zwei weitere Kollegen im Boot – doch bei der Pandora-Entwicklung lief einiges schief: Ein US-amerikanischer Hersteller produzierte fehlerhafte Teile, dazu kam, dass man die Konsole im Vorverkauf zu billig angeboten hatte, woraufhin das ganze Projekt wegen finanzieller Probleme zu scheitern drohte. Das wollte Mrozek aber nicht auf sich sitzen lassen – er machte schließlich alleine weiter, suchte sich eine Produktionsfirma in Oberhaching und bekam mit harter Arbeit das Pandora-Projekt wieder in den Griff. Immerhin: 7500 Stück wurden inzwischen weltweit verkauft, gerade rollen die letzten 300 Stück vom Band.

Und weil Mrozek ein echter Spielefanatiker ist, tüftelt er bereits seit letztem Sommer an einem Nachfolgemodell. Das heißt, nicht nur er: Mittlerweile hat der Ingolstädter eine starke Internetgemeinde auf seiner Website versammelt, die dort nicht nur die Entwicklung verfolgen kann, sondern teilweise selbst mitwirkt. So wurde über den Namen der neuen Konsole auch im Netz abgestimmt: Die Wahl fiel auf „Pyra“, in der griechischen Mythologie die Tochter der Pandora – wenn auch in anderer Schreibweise.

Aus den vielen Schwierigkeiten bei der Pandora-Entwicklung habe er viel gelernt, sagt Mrozek. Diesmal soll alles glatt laufen. Vor allem soll diesmal alles viel schneller gehen, damit die Technik nicht schon beim Erscheinen veraltet ist. Wobei Mrozek einer ist, der auch nicht jeden Trend mitgehen will: An der Größe ändert sich so gut wie nichts. Warum etwa Smartphones immer flacher werden, kann er nicht nachvollziehen – für ihn zählt vor allem, dass ein leistungsfähiger Akku reinpasst.

„Die eierlegende Wollmilchsau“, nennt Mrozek sein Gerät gerne. Denn die Pyra ist wie schon das Vorgängermodell nicht nur eine Spielekonsole, sondern vielmehr ein kleiner PC. So verfügt das Gerät über drei USB-Anschlüsse, einen SATA-Port (für Festplatten) und einen HDMI-Anschluss für den Fernseher. Zwei SD-Karten-Slots ermöglichen eine Speicherkapazität von bis zu 512 Gigabyte. Zusätzlich zum Touch-Bildschirm besitzt die Pyra eine „echte“ Tastatur. Wlan ist selbstverständlich auch mit an Bord, es wird sogar eine Variante mit mobiler Datenfunkverbindung geben.

Vor allem an Rechenleistung legt die Pyra zu, sie ist etwa zehnmal so schnell wie die Pandora. Dafür sorgt ein Cortex-A15-Prozessor. Damit ist das Gerät etwa so schnell wie aktuelle Smartphones. Aber wieso soll man dann überhaupt auf der Pyra daddeln? „Super Mario per Touchscreen spielen? Das geht einfach nicht“, sagt Mrozek. Die Pyra verfügt über spezielle Steuer-Sticks, mit denen sich Pixel-Klempner und andere Spielefiguren präzise über den Bildschirm jagen lassen.

Mittels einer modularen Bauweise sollen sich bei der Pyra dann auch nachträglich Komponenten leicht austauschen lassen – etwa der Prozessor. Mrozek geht es nicht darum, dass die Leute möglichst schnell wieder ein neues Gerät kaufen. Seine Konsole soll vor allem eines sein: Offen für alles. „Man muss sich nirgends registrieren, man kann einfach Sachen runterladen, draufkopieren und loslegen“, sagt Mrozek. Uferlos sei der Registrierungszwang vieler Unternehmen inzwischen. „Bei der Pyra sollen die Nutzer rumbasteln können, so viel sie wollen.“

Als kleine Firma ist es gar nicht so einfach, an die benötigten Komponenten zu kommen, denn die großen Hersteller verlangen auch große Aufträge. Bei Displays etwa fangen viele unter Stückzahlen von 100 000 erst gar nicht an. Also ist viel Recherche notwendig. Doch auch hier greift die Internetgemeinde Mrozek unter die Arme. Die komplette Entwicklung geschieht öffentlich.

Im August will Mrozek mit einem ersten Prototypen auf die Messe Gamescom in Köln gehen. Dort soll das Fachpublikum nicht nur einen ersten Blick darauf werfen, sondern bereits daddeln können. Wenn alles gutgeht, soll die Produktion noch Ende des Jahres starten. Kosten soll das Gerät dann um die 500 Euro.