Ingolstadt
Ökologische Pflichtaufgabe

Trotz Defiziten bei den Ausgleichsflächen lehnt die Stadtratsmehrheit einen Landschaftspflegeverband ab

29.11.2016 | Stand 02.12.2020, 18:59 Uhr

Einsatz am Mäher: Rudolf Wittmann (2. v. r.) mit seinen Mitstreitern Manfred Walthier (v. l.), Paul Nosse und Lorenz Klügl bei der Pflege einer städtischen Ausgleichsfläche. - Foto: Wittmann

Ingolstadt (DK) Unter Tagesordnungspunkt 22 wird morgen der Stadtrat über die Gründung eines Landschaftspflegeverbandes (LPV) entscheiden. Dass der Antrag von Umweltreferent Rupert Ebner eine Mehrheit findet, ist allerdings unwahrscheinlich. Das ruft die Befürworter der Idee auf den Plan.

Die Rathauskoalition von CSU und FW hat wiederholt, zuletzt im Finanzausschuss, deutlich gemacht, das Ansinnen nicht zu unterstützen. In dem als Verein organisierten Pflegeverband sollen laut Antrag kommunale Gebietskörperschaften, Landwirte und anerkannte Naturschutzverbände gleichberechtigt vertreten sein. Zu den Aufgaben des LPV gehört unter anderem die Organisation der Pflege von Ausgleichsflächen. Die werden angelegt, um nach Bauprojekten den Eingriff in die Natur zu kompensieren. Landwirte und Umweltverbände werden dabei mit den Arbeiten auf den Flächen beauftragt.

Man habe noch zu wenige Informationen, um sich für einen LPV zu entscheiden, hieß es unter anderem von Hans Achhammer, dem Sprecher der CSU im Planungsausschuss. Außerdem fehle eine "Kosten-Nutzen-Rechnung". In einer Presseerklärung stellte die CSU vergangene Woche klar: "Es ist nicht ersichtlich, dass ein LPV nur für Ingolstadt Aufgaben im Bereich des Natur- und Umweltschutzes inhaltlich besser und zudem kostengünstiger erledigen könnte, als dies über das Umweltamt der Fall wäre."

Dem widerspricht unter anderem Rudolf Wittmann, der Vorsitzende der Ingolstädter Kreisgruppe des Landesbundes für Vogelschutz. Der Ortsverein betreut nach eigenen Angaben rund zehn der insgesamt etwa 130 Hektar der städtischen Ausgleichsflächen. Wittmann ist davon überzeugt, dass auf rund zwei Dritteln der ausgewiesenen Biotope in Ingolstadt die schriftlich festgelegten ökologischen Entwicklungsziele nicht erreicht werden. "Dabei ist die Stadt gesetzlich dazu verpflichtet, den Zustand der Flächen zu kontrollieren und sicherzustellen, dass die naturschutzfachlichen Vorgaben erreicht werden", betont er. "Das ist nichts Freiwilliges, die Stadt muss das tun."

Ulrich Linder, der Leiter des Ingolstädter Gartenamtes, das bis vor rund einem Jahr für die Pflege der Flächen verantwortlich war, räumt ein, dass dabei "nicht immer alles optimal" liefe. Für eine ideale ökologische Betreuung fehlten die personellen und finanziellen Ressourcen. Das hat sich offenbar auch nicht geändert, seit die Verantwortung für die Pflege vom Garten- in das Umweltamt gewechselt ist. Hier ist man voll des Lobes für die engagierte Kollegin, die die Landschaftspflege mittlerweile - nach internen personellen Umorganisationen - im Rahmen einer Halbtagsstelle koordiniert, sieht aber auch, dass die Aufgabe in der bestehenden Struktur nicht umfassend zu bewältigen ist. Im Amt waren die Hoffnungen auf einen LPV deswegen groß.

Das Argument mangelnder Information lassen Ebner und Wittmann nicht gelten. Der Umweltreferent habe jede Frage bereitwillig beantwortet, betonte er zuletzt. Wittmann berichtet von einer Fahrt nach Augsburg, zu der das Umweltreferat geladen hatte. Der Landschaftspflegeverband der Fuggerstadt gilt als Idealbeispiel. An der Exkursion im Mai 2015 nahmen nur zwei Stadträte teil, die ohnehin als Befürworter eines LPV in Ingolstadt gelten, so Wittmann. Von FW oder CSU habe sich niemand beteiligt. Der Augsburger Verein wird nicht nur wegen seiner Landschaftspflege, sondern auch für seine öffentlichkeitswirksame Umweltpädagogik gelobt. Auch in diesem Themenfeld könnte ein LPV in Ingolstadt segensreich wirken, so die Befürworter.

In einem dreiseitigen Positionspapier hat Wittmann die Argumente für die Gründung eines Vereins noch einmal zusammengefasst. Auch er rechnet aber mit einer Ablehnung des Antrags. Für den Fall bietet der Naturschützer an, der Stadt bei der Entwicklung von Alternativen zu helfen. Zumindest sei es nötig, im Umweltamt eine "neue Vollzeitstelle zur Kontrolle und für die Betreuung der Ausgleichsflächen einzurichten", betont er. "Jedenfalls werden wir als einflussreicher Naturschutzverband kein ,Weiter so' bei der Betreuung der Ausgleichsflächen billigen."