Ingolstadt
Objekt der Begierde

Mit Rammbock, Hammer oder durch die Decke Ingolstädter - Juwelier immer wieder Ziel von Einbrechern

06.10.2017 | Stand 02.12.2020, 17:23 Uhr

Mit einem Rammbock an einem Auto hatten sich Unbekannte im Sommer 2005 Zutritt zu dem Ingolstädter Juwelier verschafft. Drei Jahre zuvor hatte anderen Tätern ein Hammer gereicht. Jetzt kamen sie durch den Boden.

Ingolstadt (DK) In Rififi-Manier haben Unbekannte vorigen Sonntag bei einem Ingolstädter Juwelier eingebrochen. Sie hatten sich wie in dem Krimi-Klassiker Zugang durch die Decke verschafft. Spektakuläre Diebestouren gab es in dem Geschäft immer wieder - in einem Fall gar mithilfe eines Rammbocks.

Eines ist klar: Wer immer die Täter sind, sie wussten genau, was sie taten. "So etwas macht niemand einfach auf gut Glück", sagt Martin Hackner, seit 2008 der Eigentümer des exklusiven Geschäfts. Aber wann und von wem die Räume ausspioniert wurden, vermag er nicht zu sagen. Im August 2014 war er schon einmal Opfer eines Einbruchs gewesen. Ein damals 25 Jahre alter Brite hatte mit einem Trennschleifer die mit Panzerglas gesicherte Schaufensterscheibe geöffnet und drei Uhren im Gesamtwert von rund 20 000 Euro gestohlen. Die Ingolstädter Polizei fasste den Mann auf der Flucht, er war zu drei Jahren und neun Monaten Freiheitsentzug verurteilt worden.

Im aktuellen Fall laufen die Ermittlungen der Kripo Ingolstadt weiter auf Hochtouren. "Eines muss man gleich vorwegsagen: Das Geschäft ist hervorragend gesichert, da lässt sich dem Eigentümer nichts vorwerfen", sagt Kripochef Alfred Grob. Auch er ist überzeugt, dass die Einbrecher die Örtlichkeit genau kannten. Die Unbekannten wussten offenbar, dass alle Fenster durch Spezialglas und Alarmschleifen gesichert sind. Auch die Eingangstür ist schier unüberwindbar. Sie führt zunächst in eine Sicherheitsschleuse, von wo es nicht ohne Weiteres in den Laden geht.

Die Täter hatten deshalb einen anderen Weg gewählt: durch den Boden eines darüberliegenden Büros im städtischen Umweltamt. In vermutlich schweißtreibender Arbeit bohrten sie genau über einer Vitrine ein Loch nach unten in die Decke des Juweliergeschäfts. Das genaue Vorgehen soll an dieser Stelle unerwähnt bleiben, um die Ermittlungsarbeit der Polizei nicht zu stören. Nur so viel: Die Einbrecher zogen mit drei Uhren der Marke Breitling und zwei weiteren des Herstellers Glashütte Original im Gesamtwert von mehr als 40 000 Euro ab. Ursprünglich war von sechs erbeuteten Uhren die Rede gewesen, es sind jedoch nur fünf.

Die Tatzeit lässt sich einigermaßen genau rekonstruieren, weil am Sonntag gegen 6.14 Uhr ein Fehlerstromschutzschalter im Gebäude "geflogen" war - vermutlich hatten die Einbrecher bei ihrem Tun eine Leitung beschädigt. "Wie lange sie zuvor schon zugange waren, lässt sich schwer einschätzen", meint Kripo-Chef Grob. "Wir können aber aufgrund der Spuren sagen, dass es mindestens zwei Täter waren. Sie sind handwerklich geschickt und hatten Werkzeuge wie Sägen und Bohrer dabei, vermutlich in einer Tasche. "Unsere Hoffnung ist, dass sie damit beim Verlassen des Gebäudes in der Stunde nach 6.15 Uhr irgendwo rund um den Ingolstädter Rathausplatz aufgefallen sind. Zeugen sollten sich rasch bei uns melden", bittet Grob.

Die dreiste Vorgehensweise der Einbrecher scheint bayernweit einzigartig zu sein. "In Bayreuth hat es zwar am 14. August einen ähnlichen Einbruch gegeben, aber die Täter sind gefasst, können es also nicht gewesen sein", sagt Alfred Grob. "Und in Augsburg gab es drei Fälle, der letzte am 29. April, die gewisse Parallelen aufweisen. Das klären wir noch ab."

Der Juwelierladen Dührkoop als erste Adresse für exklusive Uhren und hochwertigen Schmuck in der Stadt war schon zu Zeiten des Vorbesitzers wiederholt zum Ziel von Dieben und Einbrechern geworden. So hatten zwei mit Pistolen bewaffnete Räuber im April 2002 den damaligen Inhaber und seine Frau bedroht und Vitrinen mit einem Fäustling zertrümmert. Sie entkamen mit neun Rolex-Uhren für etwa 80 000 Euro, den Hammer ließen sie zurück. Ein Kopfhaar an einer auf der Flucht weggeworfenen Maske führte im Jahr danach zur Klärung des Falls, nachdem die Polizei einen der Täter, einen 22-jährigen Polen, nach einem ähnlichen Überfall in Stuttgart festgenommen hatte. Ein DNA-Abgleich ließ keinen Zweifel an seiner Schuld. Vor Gericht erhielt er die Quittung: satte siebeneinhalb Jahre Freiheitsentzug.

Noch spektakulärer ging freilich ein Überfall im Juni 2005 ab. Unbekannte hatten an einem gestohlenen Geländewagen einen stählernen Rammbock montiert und mit Vollgas die Ladenfront des Juweliers ins Visier genommen. Blitzschnell räumten sie anschließend in dem Geschäft ab und nahmen rund 150 Armbanduhren im Wert von gut 400 000 Euro mit, wie es damals hieß. Als die Polizei drei Minuten später eintraf, waren sie schon über alle Berge.