Kühbach
Oben dabei

Martin Erhard aus Kühbach startet als 22-Jähriger bei der Modellflug-Weltmeisterschaft

08.06.2018 | Stand 24.01.2024, 14:09 Uhr
Das Team Erhard sind (von r.) Vater Albert und Sohn Martin. Mama Monika fliegt zwar nicht, ist aber stets mit von der Partie. Die Garage der Erhards ist voller Modellflieger; wie viele es sind, wissen sie gar nicht so genau. Wichtig seien die "fünf hochwertigen", so Albert Erhard. Derzeit wird besonderes Augenmerk auf die Skyraider A1 (vorne) gelegt, mit der Martin bei der Weltmeisterschaft in der Schweiz starten wird. −Foto: Fotos: Speck

Kühbach (SZ) Detailverliebt und verrückt könnte man nennen, was Familie Erhard sehr intensiv in ihrer Freizeit betreibt: Modellfliegerei.

Mindestens 13 Wochenenden im Jahr sind Vater, Mutter, Sohn in ganz Europa unterwegs, um an Wettbewerben oder Messen teilzunehmen. 2017 haben sie für ihr Hobby 7659 Kilometer mit dem Wohnwagen zurückgelegt. Mit Erfolg: Der Sohn der Familie, der 22-jährige Martin Erhard, geht im Juli in der Schweiz bei den Modellflieger-Weltmeisterschaften an den Start. 

"Dabei sein ist alles", lautet sein Motto für dieses Mal. Mit den Erfahrungen aus seiner ersten Weltmeisterschaft jetzt im Juli möchte er in zwei Jahren bei der nächsten WM, die in Norwegen stattfinden wird, dann doch eher oben dabei sein. Der junge Mann hat echte Ziele. Und ein Faible für Flugzeuge. Mit den verschiedenen Modellen, ihren "echten" Vorbildern und deren Daten, Fähigkeiten, Historie kennt er sich aus. Bestens und bis ins Detail. 

An den Start geht Martin Erhard, der seine Brötchen als Maler und Lackierer verdient, mit seiner Skyraider A1. "Das war ein Jagdbomber der amerikanischen Firma Douglas. Sie war im Vietnam-Krieg im Einsatz, bevor die Jets kamen", sprudelt es aus dem 22-Jährigen heraus. Sein Modell allerdings fliegt unbewaffnet und mit den besten Absichten. 

Mit nicht weniger Details kann sein Vater aufwarten. Der 54-jährige Albert Erhard ist selbst schon seit dem zwölften Lebensjahr vom Modellflieger-Fieber infiziert - und hat seinen Buben angesteckt. Martin war von klein auf dabei, auf dem Übungsplatz und beim Basteln. Seit er neun Jahre alt ist, fliegt er selbst. Mit zwölf Jahren nahm er als damals jüngster Teilnehmer an der deutschen Meisterschaft in Bad Wörishofen teil. Auf der Erfolgswelle ging es weiter. Die zur Qualifikation für die WM nötigen Teilwettbewerbe meisterte Martin Erhard mit guten Platzierungen. Das WM-Ticket und die Nominierung für den Nationalkader hatte er sicher in der Tasche. Ins Nationalteam kommen die besten sechs Piloten des Landes, drei Starter plus drei Reservemänner. 

Der Anfang sei gar nicht so schwer. Man müsse ja nicht gleich mit den teuersten Modellen einsteigen. Für 250 Euro könne man schon einen brauchbaren Flieger für Anfänger erstehen, sagt Albert Erhard. Zum Fliegenlernen gebe es im Verein - der Heimatverein der Erhards ist der Modellflugsportverein Inchenhofen, wo sie regelmäßig trainieren und sich auch sonst engagieren - erstens einen Simulator. Zweitens fliegen die Anfänger auch nicht allein, sondern es sei immer ein Lehrer mit dabei, der mit seinem Sender, der Fernsteuerung, eingreifen könne, erklärt Vater Albert Erhard. Ähnlich wie der Fahrlehrer mit seinen Pedalen im Fahrschulauto. 

Doch davon sind die beiden Männer der Kühbacher Familie inzwischen weit entfernt. Für den 22-jährigen Martin steht schließlich die Weltmeisterschaft vor der Tür. Von 4. bis 14. Juli findet diese in Meiringen in der Schweiz statt. Derzeit ist Martin mit Vorbereitungen beschäftigt. Dazu gehört auch viel Lesen: Regelmäßig treffen im Hause Erhard "Bulletins" ein, die Einzelheiten zum Wettkampf enthalten, übrigens ausschließlich in englischer Sprache. 

Die Modellflug-Weltmeisterschaft läuft ganz ähnlich ab wie zum Beispiel jene in Leichtathletik - mit einem Rahmenprogramm, strengen Regeln und Kontrollen. Zunächst stehen laut Terminplan, den die Erhards schon im Kopf haben, Trainingstage an, dann folgt der "Einmarsch der Nationen". Insgesamt nehmen 67 Piloten aus 16 Nationen teil, dazu noch 20 Hubschrauber-Modellpiloten, die ihre Weltmeisterschaft zeitgleich auf dem Schweizer Militärflughafen austragen. 

Der Wettkampf selbst teilt sich auf in die Baubewertung und die Wertungsflüge. Die beiden Bereiche zählen 25 zu 75 Prozent zueinander, wobei die Bewertung des Flugs mehr Gewicht hat. Genau darin sieht Albert Erhard auch die Chancen seines Sohns: "Er fliegt einfach wahnsinnig gut. " Bei der Baubewertung schauen sich die Punktrichter aus fünf Metern Entfernung das Modell an. Anhand von Bildern und Skizzen vergleichen sie die Ähnlichkeit des Modells mit seinem echten Vorbild. Ziel ist eine möglichst große Übereinstimmung in Form und Farbe, Markierungen und Platzierungen. 

In der Klasse F4C, in der Martin Erhard antritt, ist alles Eigenbau. Den Bau des Flugzeugs muss der Pilot dokumentieren, zum Beispiel anhand von Fotos. Zugelassen sind übrigens nur Modelle, die unter 15 Kilogramm wiegen. Seine Skyraider A1 liegt knapp darunter, schmunzelt Martin Erhard. Was so ein Modellflieger wert ist? "Ja, so 3000 Euro kommen da schon zusammen", meinen Vater und Sohn. 

Beim Wertungsflug gibt es fast wie im Eiskunstlauf Pflicht und Kür. Darunter finden sich bekannte Figurenbezeichnungen, unter denen sich auch der Laie etwas vorstellen kann - "Looping" oder "langsame Rolle" - aber auch spezielle wie "Immelmann" oder "Hut". Zwölf Minuten hat der Teilnehmer Zeit, um Start und Landung sowie acht von zehn Figuren, die er zuvor ausgewählt hat, zu zeigen. Der Pilot solle darauf achten, dass die einzelnen Figuren fließend ineinander übergehen, dass das Flugzeug weder zu hoch noch zu niedrig fliegt und die Wertungsrichter ihre Köpfe nicht zu sehr verdrehen müssen, plaudert der 22-Jährige aus dem Nähkästchen. 

"Weltmeisterlich" - dieses lobende Attribut heimste Martin Erhard schon vor Jahren bei Wettbewerben von Jurymitgliedern ein, erzählen Vater und Sohn nicht ohne Stolz. Jetzt kann er es bald beweisen. . . 

 

Ines Speck