Nur noch vier Wochen

Kommentar

13.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:30 Uhr

Bitte aufhören! Im Kampf für seine autokratische Verfassung lässt der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan die letzten Hemmungen fallen, provoziert mit kühler Kalkulation den Konflikt mit den Niederlanden, nutzt die aufgeheizte Stimmung in dem Land vor der Wahl am morgigen Mittwoch kaltschnäuzig aus.

Die niederländischen Regierungsmitglieder als "Nazi-Überbleibsel" zu beschimpfen, weil sie seinen Ministern Werbeauftritte für seine undemokratische Verfassung untersagen, ist infam, hat das Land doch selbst massiv unter der Gewaltherrschaft der Nationalsozialisten gelitten. Dass sich Kanzlerin Angela Merkel gestern hinter ihren niederländischen Kollegen Mark Rutte stellt, versteht sich von selbst. Das darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass Rutte durch die Verhängung der Einreiseverbote seinen Anteil zur Eskalation beigetragen hat und den Streit mit Ankara nun selbst für den Wahlkampf zu nutzen versucht. Er will als unbeugsamer Regierungschef gegenüber Erdogan punkten, um dem muslimfeindlichen Rechtspopulisten Geert Wilders nicht das Terrain zu überlassen.

Das ist Gift für das friedliche Zusammenleben mit der muslimischen Gemeinde. Die deutsche Kanzlerin handelt souveräner und geschickter, indem sie Erdogans Provozierungen zwar scharf verurteilt, ihm aber keine allzu große Angriffsfläche bietet.

Vier Wochen noch bis zum Referendum - diese gilt es durchzustehen. Jede weitere Eskalation bringt Erdogan Stimmen. Das gemeinsame Ziel der Europäer kann es aber nur sein, die demokratischen Kräfte in der Türkei, die die Verfassungsreform ablehnen, zu stärken.