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Neoprenanzüge, Dehydrierung, Bienenschwarm: Die DK-Aushilfe arbeitet bei der Wasserwacht

21.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:37 Uhr

−Foto: Hammer, Cornelia, Ingolstadt

Ingolstadt (DK) „Den Drei-zu-eins-Seilzug dann dort am Baum festmachen“, ruft der Lehrgruppenausbilder im Bereich Wasserretter, Alexander Wecker, den sechs Mitgliedern der Wacht zu.

Die DK-Aushilfe, die an diesem Tag beim Jugendferienprogramm der Wasserwacht mitarbeitet, weiß mit dieser Anweisung nichts anzufangen. Fachchinesisch, das Fließwasserretter verstehen. Der Neuling besitzt lediglich ein Seepferdchenabzeichen und einen Tauchschein – ausgelassen hat sie die Pfadfinderzeit mit Knotentechnik und Überlebenstraining. Sieben Mitglieder haben sich mit zahlreichen Jugendlichen der Wasserwacht am nördlichen Donauufer unterhalb der Staustufe ausgebreitet. Mehrere Fahrräder und unzählige Handtücher liegen quer verstreut am Ufer, zwei Boote ankern im Wasser. Die Wacht hat, wie es sich im Laufe des Tages herausstellen wird, Großes vor: ein Seil quer über die Donau spannen. Daran können sich die Kinder ans andere Ufer treiben lassen.

 

Anna Kiermeier, seit einem Jahr Kreisjugendleiterin, hat die Mädchen und Buben stets im Blick. Die Herausforderungen an diesem heißen Tag: die Haut der Kinder vor Sonnenbrand schützen, einen Bienenschwarm direkt am Ufer nicht verärgern und aufpassen, dass jeder ausreichend Wasser trinkt. Somit sind auch die Aufgaben der Aushilfe klar. Dass der Aufbau zu einer Geduldsprobe für die Kleinen und zum Kraftakt für die Großen wird, zeigt sich in den folgenden Stunden.

Zunächst fahren zwei Fließwasserretter mit dem Boot auf die andere Uferseite der Strömung entgegen. Der surrende Motor, der bis zum Ufer dröhnt, und die Schwerfälligkeit des Bootes lassen erahnen, wie stark die Strömung unterhalb der Staustufen sein muss. Nachdem Wecker das signalgelbe Seil an einem Baum befestigt hat, wird wieder zur gegenüberliegenden Uferseite gefahren. Die DK-Aushilfe schaut von Land aus zu, denn wer keine entsprechende Ausbildung hat, unterschätzt womöglich das Gewässer.

Wecker gibt vom Boot aus ein Signal, und ein Fließwasserretter hechtet in die Donau. Er versucht, das Boot per Hilfsleine an Land zu ziehen – an dessen Heck hängt das 200 Meter lange, signalgelbe Seil. Relativ schnell verfärbt sich die Gesichtsfarbe des Retters in ein glühendes Rot. Kurzum: Binnen Sekunden wird klar, dass es ohne Handschuhe für einen Einzelnen unmöglich ist. Es muss eine andere Strategie her! Und das schnell, denn die Kinder am Ufer werden schon ungeduldig. Die ersten Mädchen und Buben, die die Jugendleiterin und die Aushilfe in die engen Neoprenanzüge gequetscht haben – die müssen so eng sein – pellen sich aus den unbequemen gummiartigen Anzügen wieder heraus. Bei 30 Grad ist der Badeanzug schlichtweg bequemer.

Vereinzelt müssen die Chefin der Jugendwasserwacht und der Neuling manche leicht krebsfarbenen Kinder daran erinnern, sich nicht direkt von der Sonne brutzeln zu lassen. Vorbildlich schmieren sich die Jugendlichen gegenseitig oder mithilfe von Kiermeier oder der DK-Aushilfe ihre Rücken und Schultern ein. Immer wieder müssen die beiden Frauen aufpassen, dass die Kinder den ungebetenen surrenden und stacheligen Gästen nicht zu nahe kommen – wie erwähnt, muss sich die Jugendwasserwacht das Donauufer mit einem Bienenschwarm teilen. Das Warten vertreiben sich die Kleinen mit Planschen in der Donau oder Fragestunden: Warum holen die so das Seil ein? Was ist ein Fließwasserretter? Was macht eine Kreisjugendleiterin? Wie lange dauert es noch? Kiermeier beantwortet geduldig die Fragen – die Aushilfe ist froh, dass sie außen vor ist.

Immer wieder gleitet der Blick hin zur Donau, wo gerade fünf Mitglieder der Wasserwacht mithilfe von ankernden Booten versuchen, das signalgelbe Seil einzuholen. „200 Meter Seil heißt ein Kilometer ziehen“, bemerkt Wecker. Dabei wirke die Strömung wie eine Tonne Zuglast. Die zwei Frauen und drei Männer geben alles, allerdings verlässt auch sie irgendwann die Kraft. Die Aushilfe ist froh, dass sie als Zaungast die gefährlich aussehende Aktion von Land aus beobachten kann.

Nach einer Stunde erfolglosen Ziehens kommt schließlich der Retter in der Not: Mit einer Hilfsleine soll der am Ufer parkende Transporter das Seil an Land ziehen. Aber auch das Fahrzeug tut sich hörbar schwer. „Mit eineinhalb Stunden Verspätung ist die Seilbahn jetzt fertig“, verkündet Kiermeier schließlich. Körperlich fertig sind auch die tapferen Wasserwachtmitglieder. Für Kiermeier und die Aushilfe heißt es jetzt wieder: schnell die Mädchen und Buben in die nassen Neoprenanzüge quetschen – als wäre das im trockenen Zustand nicht schon schwer genug gewesen. Und so kommen auch die Kreisjugendleiterin und der Neuling mächtig ins Schwitzen.

Die strahlenden Kinder, die nach der abenteuerlichen Überfahrt an der Seilbahn freudig herumhüpfen, entschädigen allerdings für die Strapazen. Für die DK-Aushilfe geht die Arbeit nach einigen Stunden am nördlichen Donauufer dann auch zu Ende. Verschwitzt, verschmutzt und mit Sonnenbrand im Gesicht und Nacken, wird zurück ins Büro gefahren. Aber: Respekt für die Fließwasserretter, die sich freiwillig in die Fluten der Donau stürzen, um Leben zu retten oder die Jugendlichen zu bespaßen.