Nur ein Feigenblatt

Kommentar

24.11.2016 | Stand 02.12.2020, 19:00 Uhr

Mit klarer Mehrheit haben die Abgeordneten des EU-Parlaments wie erwartet dafür gestimmt, die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei auf Eis zu legen. Das erinnert etwas an die Armenien-Resolution des Bundestags: Die Demokratie hat ihre Pflicht und Schuldigkeit getan, hat die europäischen Werte hochgehalten und dem Autokraten in Ankara, Präsident Recep Tayyip Erdogan, mit einem nicht bindenden Beschluss gezeigt, was eine Harke ist.

Bloß: Den beeindruckt das herzlich wenig. Er fühlt sich im Gegenteil sogar animiert, noch heftiger gegen Europa zu wettern, zu Hause seine Anhänger hinter sich zu versammeln und mit noch härterer Hand gegen die Opposition vorzugehen.

Schon vor der Abstimmung hat er klargemacht, sie habe für die Türkei keinen Wert. Dass das Votum überhaupt angesetzt werde, sei Ausdruck dafür, dass die EU Terrororganisationen in Schutz nehme. Belegt er mit solchen verbalen Amokläufen nicht, dass es richtig, ja notwendig ist, die Beitrittsverhandlungen zu stoppen? Die bittere Wahrheit ist: Es handelt sich um kaum mehr als ein Feigenblatt. Faktisch sind die Gespräche ohnehin unterbrochen.